tiny little gizmos

26C3 Keynote

Der erste Tag des 26. Chaos Communication Congress hat begonnen. Die Tickets waren bereits am frühen Morgen ausverkauft, des BCC platzt aus allen Nähten, das WLAN funktioniert nur teilweise, obwohl alle 5m ein Access Point hängt. Für Besucher, die nicht mehr eingelassen werden konnten, wird an Orte, wie die C-Base ein Videostreaming angeboten. So weit, so schlecht. Nun zum Positiven:

Frank Rieger erläutert in der Keynote das diesjährige Motto “Here be Dragons”. Es bezieht sich auf die Erforschung des Unbekannten. In früheren Zeiten waren auf alten Seekarten unbekannte Gebiete mit Drachen gekennzeichnet; hier lauerten unbekannte Gefahren, aber es lockte auch das Neue und die Aussicht auf Ruhm und Reichtum. Nerds und Hacker sind mit ihren kleinen Booten dem Mainstream immer etwas voraus und wagen sich aus steter Neugier auf neue Terretorien.

Im Gegensatz dazu sieht er die Politiker, die hilflos sieht, wie die Grundlagen der westlichen Gesellschaft und Wirtschaft schwächer werden. Sie sind mut- und ideenlos und suchen ihr Heil darin den scheinbar so erfolgreichen chinesischen Weg aus wirtschaftlicher Properität und politischer Unterdrückung nachzuahmen.

Rieger mutmaßt, daß die Besucher in dem Saal vermutlich mehr Science Fiction gelesen haben als die gesamte Poltische Klasse. Deshalb, und weil sie seit Jahren den Cyberspace bewohnen und bauen, sind ihnen die Herausforderungen und Mechanismen der modernen Welt weitaus besser vertraut. Niemand hier ist überrascht, über die gegenwärtigen umwälzenden Veränderungen, weil die möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen bereits vor Jahrzehnten durchdacht und beschrieben wurden.

Die Freiräume, die Nerds sich im Cyberspace gebaut hatten, werden jetzt bewusst zerstört, weil mit den Massen der Normalos, die sich nun nicht für Wissenstransfer, sondern für Bild.de interessieren die Begehrlichkeiten der Führenden nach Kontrolle und Zensur geweckt wurden. Er sagte:

“Das einzige, was noch zwischen uns und dem Überwachungsstatt steht, ist die technische Inkompetenz der Überwacher und das Bundesverfassungsgericht”.

Gleichzeitig wies er darauf hin, daß die vom BVerfG gesetzten Grenzen in der Praxis von der Exekutive oftmals nicht verstanden und akzeptiert werden.

Er gab einen Rundblick über die Gegenwärtigen und zukünftigen Bedrohungen für Freiheit und Demokratie, die auch teilweise aus überraschenden Ecken kommen werden, wie der Gegensatz zwischen Umwweltschutz und Datenschutz, durch den Einsatz moderner Technologien, wie intelligenten Stromzählern oder der Berechnung der individuellen CO2-Emissionen aus Kreditkartendaten.

Rieger rief dazu auf, daß die Fachleute nicht mehr nur einen beständigen Abwehrkampf gegen die beständigen Angriffe auf Demokratie und Freiheit leisten müssen, sondern offensiv Forderungen stellen und propagieren müssten.

Das Recht auf ungehinderte und private Kommunikation ist unabdingbar für eine offene, demokratische Gesellschaft.

Missachtung von Datenschutz darf kein Kavaliersdelikt mehr bleiben. Egal ob Staat, Firmen oder sonstige Organisationen: Wer persönliche Daten speichert und verarbeitet muss Rechenschaftspflichtig werden. Bei Verstössen müssen die Zuständigen persönlich haftbar gemacht werden können.

Weitere Themen waren der Ruf nach einem modernen Urherberrecht und entsprechenden Vergütungsmethoden, da weder die gegenwärtig aufgestellten Forderungen der Contentindustrie noch die bei einigen vorherrschende “Ich will alles umsonst haben” Haltung gesellschaftlich akzeptabel sei.

Für die politsch weniger interessierten Besucher hatte er noch den Aufruf parat

“Wenn Ihr keine Bock auf Politik habt, macht wenigstens die Software besser”.

Insgesamt war die Keynote eine sehr gelungene Einstimmung auf die Themen des Kongresses.