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eBook Reader – meine persönliche Abwägung

Als ich vor zweieinhalb Jahren in San Francisco das erste Mal einen eBook Reader in der Hand hatte, fragte ich mich ob so ein Gerät Sinn macht oder nicht. Vorher war ich mir sicher daß es totaler Quatsch ist, aber als ich das gestochen scharfe E-Ink Display sah, war ich mir nicht mehr ganz so sicher. Jetzt, wo diese Geräte auch in Deutschland in größerer Anzahl erhältlich sind bin ich noch immer etwas unentschlossen.

Einerseits bin ich noch natürlich wie immer an neuen Gadgets und Publikationsformen interessiert – andererseits bin ich auch ein Fan von echten Büchern und habe mittlerweile mehr als genug elektronisches Spielzeug zu Hause rumfliegen. Wie dem auch sei: Die Antwort auf die o.g. Frage ist vermutlich ein entschlossenes “Ja, aber…”.

Ich versuche mal die Vor- und Nachteile so wie ich sie sehe aufzuzählen und abzuwägen. Für diejenigen, die noch nie solch ein Lesegerät in der Hand hatten, fange ich mal mit den Vorteilen an.

Vorteile gegenüber Büchern

  • Größe und Gewicht. Die Anzeigen sind bei fast allen Readern ungefär A5 (6″) groß. Die Geräte sind ziemlich dünn und wiegen meist zwischen 200 und 300g. Sobald man mehr als ein Buch dabei hat, ist der Reader unschlagbar. Auf einen Reader passen meist mehrere hundert Bücher. Man hat also quasi ein komplettes Bücherregal in der Hand. Für Menschen, die viel unterwegs sind, ist das ein starkes Argument.
  • Bequemlichkeit. Man muss nicht in einen Buchladen gehen und ggf. eine Bestellung aufgeben, sondern kann sich das Buch sofort herunterladen. Klingt trivial, ist aber nicht zu unterschätzen, wie ich an meinem Kaufverhalten in iTunes bemerke.
  • Suche und Notizfunktion. In eBooks kann man suchen, mehrere Lesezeichen setzen und die Reader erlauben Notizen an Textstellen zu heften – ganz ohne Eselsohren und Post-Its.

Vorteile gegenüber Computer, PDA und Smartphone

  • E-Ink Display. Verglichen mit dem Lesen am Computerbildschirm strengt das Lesen von einem eBook Reader kaum an. Das liegt an der gestochen scharfen Auflösung und daran, daß das Display passiv (also nicht beleuchtet) ist. Die Darstellung ist Schwarz auf Hellgrau und vergleichbar mit einem Druck auf Recyclingpapier. Hochwertiger, als normaler Zeitungsdruck, aber es kommt nicht ganz an guten Buchdruck heran. Qualität und Format sind m.E. vergleichbar mit einem Taschenbuch. Aber Vorsicht: Reader mit Touch-Display sind erheblich schlechter in der Darstellungsqualität.
  • Minimaler Stromverbrauch. Ebookreader verbrauchen offline nur beim Umblättern Strom. Eine Akkuladung kann so problemlos mehrere Wochen halten.

Nachteile

  • Datenschutz. Wenn eBooks nur über per DRM verrammelte Onlineshops verfügbar sind – also so, wie sich die Verleger das wünschen – ist es schlecht um den Datenschutz bestellt. So ist theoretisch nicht nur herauszubekommen, welche Bücher ich gekauft habe, sondern auch welchen Titel und welche Seite ich wann, wie lange und an welchem Ort (falls es ein Gerät mit eigebautem Funkmodem ist, wie der Amazon Kindle) lese. Ich bin ja schon recht offenherzig mit meinen Daten, aber irgendwann reicht es auch mal! Einen Überblick über den aktuellen Stand der Dinge gibt es bei der Electronic Frontier Foundation: “An E-Book Buyer’s Guide to Privacy
  • Archivierbarkeit. Ein Buch kann ich nach 20 Jahren aus dem Regal ziehen und sofort darin lesen. Ich gehe nicht davon aus, daß ich das mit einem eBook auch kann. Einerseit werden die Datenträger andere sein, zudem ändern sich Dateiformate ständig und wenn das eBook auch noch per DRM geschützt ist, kann ich es nicht einfach auf neue Geräte herüberziehen. Ich muss sogar damit rechnen, daß mir der Zugriff untersagt wird, weil der Lizenzserver mittlerweile abgeschaltet wurde. So etwas ist schon mehrfach bei Musikanbietern geschehen.
  • Kompatiblität. So erfolgreich der Amazon Kindle in den USA auch sein mag – Amazon nutzt ein eigenes Datenformat, daß nur der Kindle versteht. Im Gegenzug kann ich keine Bücher Im epub Format auf das Gerät bringen. Wenn ich einen Reader habe, möchte ich aber Bücher jedes Verlages darauf lesen können. Ich will keine künstlichen Mauern, mangelhafte Konverterprogramme oder ähnliches. Alles muss überall funktionieren.
  • Noch ein Gerät mehr.
  • Preis. Wenn ich schon zwischen €200,- und €300,- für einen Reader bezahle, müssen die eBooks deutlich billiger sein, als Bücher aus Papier. Weshalb auch nicht? Die Produktions und Distributionskosten betragen ja nur einen Bruchteil. In den USA sind eBooks für Amazons Kindle tatsächlich erheblich billiger. So rechnet sich das Gerät für Vielleser. In Deutschland hat man die Buchpreisbindung auf eBooks ausgedehnt und somit den Markt kaputtgemacht, bevor er sich entwickeln kann.

Jetzt habe ich einige schöne Vorteile aber auch sehr gewichtige Argumente gegen eBooks. Was mache ich nun damit?
Grundsätzlich habe ich schon Interesse daran, mir einen Reader mit e-Ink Display zuzulegen. Hochwertige Bücher, die mir wichtig sind, würde ich vermutlich auch weiterhin auf Papier kaufen. “Gebrauchsliteratur” oder Fachbücher kann ich mir aber gut in elektronischer Form vorstellen. Alles steht und fällt aber letzten Endes mit dem Angebot an eBooks. Dabei sind mir folgende Dinge wichtig:

  • Angebotsbreite. Idealerweise sollte jedes Buch auch als eBook erhältlich sein und nicht nur eine kleine Auswahl.
  • Preis. Ebooks müssen deutlich billiger als Papierbücher sein, damit sich der Gerätepreis rechnet.
  • Einheitliches Dateiformat. Alle Herausgeber sollten dasselbe Dateiformat verwenden, das von allen Geräten unterstützt wird. Mit dem offenen ePub ist hier sicher schon mal ein guter Anfang gemacht.
  • Kompatible Bücherläden. Niemand wird alles anbieten. Deshalb ist es wichtig, daß ich mit einem Gerät bei allen Händlern einkaufen kann.
  • Verzicht auf DRM. Ich will Bücher verschenken, auf andere Geräte transferieren, archivieren und nach 20 Jahren noch lesen könnnen. Das geht nur ohne Kopierschutz. Für mich DAS Killerargument.

Ob die Buchverleger aus dem Desaster der Musikindustrie gelernt haben? Bis jetzt habe ich da starke Zweifel. Schaun’ wir mal…