Journalisten, Blogger, Markt, Meinung – eine kurze Einführung
Für mich selbst ist der Disput “Journalisten vs. Blogger” seit langem gegessen. Für Menschen, die sich mit dem Thema vielleicht noch nicht so intensiv auseinandergesetzt haben, hier eine kleine Einführung:
Der elektrische Reporter glänzt mal wieder mit einer gelungenen Ausgabe zum Thema “Zukunft des Journalismus”. In Kurzform und verständlich werden die Veränderungen im Bereich Journalismus sowohl auf der Seite der Nachrichtenproduktion, als auch auf der Rezeptionsseite erläutert. So wird deutlich, weshalb daraus ein völlig neues wirtschaftliches Umfeld und eine erhebliche Veränderung der Beeinflussung der öffentlichen Meinung resultieren.
Es ist erstaunlich, daß diese einfachen Erkenntnisse noch immer nicht bis zu allen Medienschaffenden durchgedrungen sind, wie das lautstarke aber sinnentleerte Lamentieren über “die Enteignungen der Zeitungen durch Google” durch einige Vertreter der alten Medienhäuser in den letzten Wochen und Monaten zeigen. Das Problem sind die Kollateralschäden im deutschen Rechtssystem, die durch die extreme Lobbyarbeit solcher “Interessenvertreter” bis dahin verursacht werden. Dadurch geht wertvolle Zeit für einen sinnvollen Umbau der Medienlandschaft verloren und ich befürchte, daß die meisten bisherigen Mitspieler mittelfristig verschwinden – selbstverschuldet.
Wer sich mit den Ursachen und Wirkungszusammenhängen der veränderten Medienlandschaft nicht ernsthaft auseinandersetzt, wird untergehen. Übrig bleiben dann eine handvoll Megaplayer, die die Strippen ziehen. Google ist nämlich nicht so groß geworden, weil sie böse sind, sondern weil sie brilliant verstanden haben, worauf es im Netz ankommt. Sie sorgen dafür, daß sinnvolle Dinge entwickelt werden und stellen diese gratis zur Verfügung. Die Menschen geben Google deshalb in großem Umfang ihre Daten, weil sie im Gegenzug nützliche Dienste bekommen. Unternehmen geben Google deshalb gerne ihre Daten, weil sie im Gegenzug Aufmerksamkeit und potentielle Kunden bekommen.
Ich habe irgendwann in den 90er Jahren die ersten Artikel zur heranziehenden Aufmerksamkeitsökonomie (z.B. hier: “Die Aufmerksamkeitsökonomie und das Netz“) gelesen und gedacht “was ist denn das für ein abgedrehtes Zeug?”. Mittlerweile ist mir das alles sonnenklar geworden.
Ein Markt ensteht immer dort, wo eine hohe Nachfrage auf knappe Ressourcen trifft.
Früher war die Nachfrage nach Information hoch und deren Beschaffung und Verteilung aufwändig. Also waren Menschen bereit, für Information zu bezahlen. Heute gibt es pro Sekunde mehr Informationen, als man in seinem ganzen Leben aufnehmen könnte. Das knappe Gut ist jetzt nicht mehr die Information, sondern die Aufmerksamkeit der Menschen. Nach bisherigem Modell müsste also eigentlich jeder Geld bekommen, wenn er bereit ist, eine Zeitung zu lesen. So wird es natürlich nicht kommen. Aber diejenigen, die ihre Aufmerksamkeit den Medien geben, werden im Normalfall nicht bereit sein, zusätzlich zu ihrer knappen Zeit auch noch echtes Geld zu geben. Im Gegenteil – sie werden einen spürbaren Gegenwert einfordern.
Medien, die bisher Informationen an Konsumenten verkauft haben, müssen also verstehen, daß sie jetzt mit der Aufmerksamkeit der Leser/Zuhörer/Zuschauer handeln. Der Marktmechanismus hat sich also im Prinzip “nur” um 180 Grad gedreht.