Zwitscherrelevanz und die Sehnsucht nach dem Nest
Anfang des Jahres habe ich mich mit Nico über die Frage unterhalten, wie viele aktive Twitternutzer es derzeit eigentlich in Deutschland gibt. Damals waren es wohl ungefähr um die 30.000. Vielleicht auch zwei- dreitausend mehr oder weniger – jedenfalls aber viel zu wenige, um für Ihn und sein Geschäft bereits relevant zu sein. Heute lese ich bei den Web Evangelisten die folgende Überschrift:
“Im April 2009 haben ca. 62.000 Accounts auf deutsch getwittert.“
Na, das sind ja schon mal spürbar mehr, zumal es eine Rückkehrerquote von 78% geben soll und etliche Deutsche auf englisch twittern. Aber – steigt dadurch die Relevanz?
Kommt natürlich auf die Sichtweise an. Die Relevanz für Firmen und Institutionen, und damit der Druck, sich auch auf twitter zu bewegen, steigt sicherlich. Meine persönliche Sichtweise ist aber etwas anders.
Ich bin mit zzap und twitter ja schon einige Zeit beim Microblogging dabei. Die Anzahl meiner Follower steigt zwar langsam, aber die Anzahl der Follower, die für mich relevant sind, stagniert seit Monaten. Die Relevanz steigt also nicht – eher im Gegenteil: Ich bin zunehmend genervt, daß mir irgendwelche Institutionen oder zweifelhafte Charaktere an den virtuellen Hacken kleben. Meist ist es mir zwar relativ Wurst und ich ignoriere die Hansels, manchmal blocke ich auch einfach Leute, auf die ich keine Lust habe, aber ich merke, wie mich das zunehmend nervt.
Vielleicht bin ja einfach ein alter Sack, der in ‘nem CDU Ortsverein auf dem platten Land gut aufgehoben wäre um dort Bierselig über dieses böse Internet zu schwadronieren.
Vielleicht kann ich mich aber einfach noch zu gut an solche Sachen, wie Mailboxen erinnern – damals, bevor das Internet für alle zugänglich war. Man war in einer Mailbox Mitglied und es gab eine überschaubare Anzahl Mitglieder, von denen sich viele auch im echten Leben kannten. Da wusste man noch ungefähr, wer mitliest, wenn man etwas von sich preisgab.
Bitte nicht missverstehen: Ich schwafele nicht mit verträumten Blick von den “guten alten Zeiten”, aber mir kommt in letzter Zeit immer häufiger der Gedanke, daß ich in diesem völlig offenen Internet auch eine kleine, ruhige Ecke für mich und meine Freunde haben möchte, wo nicht einfach jeder ungeprüft Zutritt erhält. Etwas, daß ich selber unter Kontrolle habe und nicht Google, Facebook oder gar Holtzbrinck.
Technisch ist das ja gar nicht sonderlich schwierig, aber ich sehe keine wirklich geeignete Software für geschlossene, oder halboffene Communities. Sonst gibt es doch für jeden Kram (Blogs, Foren, Groupware,…) 100 verschiede Lösungen. Daher liegt die Frage nahe, ob es noch andere gibt, die einen Bedarf für so etwas sehen würden.