tiny little gizmos

Was ist das Neue an Medienformaten im Internet?

Wenn wieder mal alte Männer, die geistig im 20 Jahrhundert hängengeblieben sind in überholten Gremien darüber streiten, ob das Internet eher Zeitung oder Fernsehen ist, kann man ihnen anhand dieses tollen Beispiels mal zeigen, warum es weder das Eine noch das Andere ist, sondern etwas viel viel besseres.

Neulich stellte Johnny in dem Artikel “Taktgefühl” auf Spreeblick mal wieder ein paar Musikvideos vor, die er interessant fand und fragte, was für einen wahnsinnigen Takt eigentlich Dave Brubeck in dem Stück “Blue Rondo a la Turk” spielt. Es groovt ziemlich heftig, aber man kommt schnell ins Stolpern, wenn man sich dazu bewegen will. Zunächst mal finde ich es ja ganz spannend, wenn ich so auf das eine oder andere schöne Stück aufmerksam gemacht werde (ich kannte es schon, habe es aber ewig nicht mehr gehört). Nun fand sich in den Kommentaren der teils fachkundigen Leser recht schnell die Antwort: Es ist ein 9/8 Takt.

Da diese Antwort aber irgendwie noch recht abstrakt ist, hat sich Manuel Wolff hingesetzt und den Takt “mal eben” in einem fast zenhminütigem Video erklärt und vorgespielt. Das Ganze ist auf seinem Blog im Artikel ” ui. erklärt Spreeblick den Rhythmus – Videoblog” zu bewundern. Echt klasse gemacht!

Und weil es so klasse gemacht ist, weist Johnny in dem Artikel “Manuel Wolff erklärt uns den 9/8-Takt und mehr” nicht nur auf das tolle Video hin, sondern bindet es auch gleich noch direkt ein und bedankt sich recht herzlich.

Was lehrt uns das?

Ich finde diese Interaktion deshalb so bemerkenswert, weil daran deutlich wird, daß im Internetzeitalter ein komplett anderes Verständnis im Umgang mit Medien notwendig ist.

  • Zunächst kann jeder einfach veröffentlichen, was er mag. Zum Beispiel über Musik schreiben, malen, fotografieren, animieren, einen Ton- oder Videoartikel erstellen – ohne Programmdirektor, Budget, Sendelizenz oder Millionen teures Equipment. Alleine das ist einfach umwerfend.
  • Die Trennung von Sender und Empfänger ist aufgehoben – jeder kann beides sein. Man liest etwas und kann darauf reagieren – sei es als Kommentar oder in einer eigenen Veröffentlichung. Grandios!
  • Anstatt zu zitieren und es dem Leser zu überlassen, ob er die Quelle aufsucht (was man ja wenn man ehrlich ist, in der Regel nicht macht) bindet man heute einfach den Content direkt ein – wie zum Beispiel die Videos. Das widerum ist etwas, was nach dem überkommenen Urheberrecht eigenlich nicht zulässig ist. Ergo brauchen wir mindestens ein neues Zitatrecht. Wahrscheinlich aber sogar ein völlig anderes Urheberrecht.

Wie würde sowas in ein Programmschema eines Fernsehsenders passen? Wie gehen Redakteure oder Intendanten mit dem Rückkanal (also ihren Lesern und Zuschauern) um? Pass nicht, geht nicht, ist nicht vorgesehen.