Voll / Leer – Eine Ortsbegehung
Berlin nervt. Zu voll, zu viel Verkehr, zu viele Menschen. Immer. Überall.
Am Donnerstag hatte ich das komplette Kontrastprogramm. Ich bin aus Gründen nach Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs gefahren um mir die Stadt einmal genauer anzusehen. Die 17.000 Einwohner Stadt liegt an der Elbe ungefähr in der Mitte zwischen Berlin und Hamburg an der Bahnstrecke. Man braucht mit dem Zug in beide Städte jeweils ungefähr eine Stunde. Mit dem Auto deutlich länger, weil man noch ein ganzes Stück über die Landstrasse fahren muss.
Wittenberge liegt in der Prignitz – mit nur 36 Einwohnern pro km2 eine der am dünnsten besiedelten Gegenden in Deutschland. Etwas Flussabwärts auf der anderen Seite der Elbe liegt das ebenfalls sehr dünn besiedelte Wendland in Niedersachsen.
Die Gegend lebt hauptsächlich von Landwirtschaft und (vor Corona) etwas vom sanften Tourismus. Radwandern entlang der Elbe, kleine Städte ansehen – so etwas in dieser Richtung. Touristen sind zur Zeit natürlich nicht zu finden und die paar Läden, die die Stadt hat, waren geschlossen. Daher blieb vor allem ein Eindruck:
Leere.
Da ich gerade aus dem hypernervigen Berlin kam, war das gefühlt wie eine Vollbremsung aus 180 km/h.
Sehr wenige Menschen.
Wenig Verkehr.
Ruhe.
Unheimlich viel Ruhe.
Früher hatte die Stadt einen aberwitzig großen Bahnhof, ein Eisenbahnreparaturwerk einen Hafen mit Lagerhäusern und Ölmühle und eine große Nähmaschinenfabrik (Singer, später Veritas). Davon sind nur noch der Bahnhof und das Instandhaltungswerk der Bahn in Betrieb. Die Ölmühle ist wohl zu einem Veranstaltungsort mit Hotel umgebaut (und zur Zeit logischerweise geschlossen). Es gibt von der Wirtschaftförderung recht rührige Bemühungen zur Ansiedlung neuer Betriebe und Branchen.
Dennoch ist die Stadt und die Region sehr strukturschwach. Entsprechend ist das Stadtbild. Es gibt viele sehr schön restaurierte alte Gebäude, aber Wittenberge ist noch nicht vollständig saniert. Es gab noch immer etliche baufällige Gebäude und sehr viele Baulücken im zentralen Bereich und unheimlich viel gewerblichen Leerstand.
Man merkt, dass die Stadt Potential hat und bemüht ist, möglichst viel aus fast nichts zu machen. Jeder Euro ist hier sehr hart erarbeitet. Es bleibt schwierig.
Hier noch ein paar Eindrücke: