tiny little gizmos

Das Volk ist aber auch doof…

Politikverdruss – Demokratie nach Kassenlage” titelt der Spiegel. Darin wird dem Volke mal wieder attestiert, daß es zu dumm für die Demokratie ist. Je schlechter es den Leuten geht, desto weniger sind sie demokratisch gesinnt.

Mit Verlaub: Das ist einfach nur flache Scheisse!

Das passt zu dem ganzen Mist, den die Spiegel-Redaktion in den letzten Jahren so absondert. Früher war der Spiegel mal ein seriöses Magazin. Mittlerweile verkommt diese Marke zur Bild für Realschulabgäbger. Ich frage mich: gibt es eigentlich noch irgendwo Journalisten? Ich meine: richtige Journalisten? Leute die Recherchieren, hinterfragen, den Dingen auf den Grund gehen?

Warum pöbele ich jetzt eigentlich so rum?

Weil dieser Artikel nahtlos in eine schier unendliche Reihe passt, die versucht, durch geradezu grotek dumme Gleichsetzungen Stimmung zu machen. Und zwar Stimmung gegen alle Leute, denen die bestehenden Verhältnisse nicht passen.

Die Iren spuren nicht bei der Abstimmung über den EU-Grundlagenvertrag? Also sind die Iren antieuropäisch / dumm / undankbar oder wer weiss was noch. Auf keinen Fall liegt das Problem in dem Vertragswerk oder in der Art, wie in Brüssel Politik gemacht wird.

Den Wendeverlierern gefällt dieser Staat nicht? Dann sind sie eben antidemokratisch / dumm / undankbar. Auf keinen Fall liegt es der Art, wie in Deutschland Politik und Wirtschaft gemacht werden.

Wenn jemandem die momentanen Machtverhältnisse in Deutschland nicht gefallen, ist er ja nicht automatisch gegen die Demokratie. Mögliche Gründe, weshalb man die momentane Situation nicht gut findet, könnten sein:

  • Man findet Demokratie ist was für Weicheier. Nur die Harten kommen in den Garten.
  • Man ist überzeugter Nazi / Kommunist / Islamist / oder sonstwie gehirnbehindert.
  • Einfache Desorientierung: “Früher wusste man wenigstens, welcher Partei man in den Arsch kriechen muss” (frei aus dem Gedächtnis zitiert)
  • Man ist der Auffassung, daß die Bundesrepublik Deutschland ungefähr genauso demokratisch ist, wie die DDR sozialistisch war.
  • Man hält sehr viel von Demokratie, findet sie hier aber nicht, vor lauter Bürokratie, Geklüngel und Bevormundung.
  • Man hat die Idee verstanden, daß Demokratie etwas mit Delegation von unten nach oben zu tun hat.
  • Man ist der Meinung, daß eine Demokratie auch etwas mit Chancengleichheit zu tun haben sollte.
  • Man bemerkt, wie sich die Konzerne immer mehr Allgemeingut unter den Nagel reissen (Wasser, öffentliche Infrastruktur, geistige Almende, und, und, und…).
  • Man bemerkt, wie bei den nichtigsten Anlässen Hartz-4-Empfängern das Geld gestrichen wird, wärend von den ganzen Bossen, die in den letzten Jahren Milliardenschäden angerichtet haben wieviele ins Gefängnis gewandert sind? Richtig: Keiner!
  • Man bemerkt, wie seit 20 Jahren systematische Volksverblödung betrieben wird, indem die Bildung kaputtgespart wird.
  • Man bemerkt, wie mit aller Macht versucht wird, die letzten Teile eines demokratischen Gemeinwesens auszuhebeln: per EU Direktive, per WIPO, per Weltbank, per ökonomischem Druck, per elektronischer Wahlmaschinen, durch Totalüberwachung, per “Kampf gegen den Terror”,… (die Liste ist laaaaang!)

Gerade weil ich mich durch und durch als Demokrat verstehe, finde ich, daß man die bestehenden Machtverhältnisse wieder etwas geraderücken sollte. Die sind nämlich in den letzten 25 Jahren erheblich in Schieflage geraten, wie ich finde. Ich spreche nicht von Revolution oder Sozialismus oder so ‘nem Zeug. Aber ich bin leider ZynikerRealist. Vielleicht muss man einfach nur noch mal richtig Gas geben. Das Spiel mitmachen und die Kiste mit Vollgas gegen die Wand fahren. Ist man dann Demokrat, so wie sich der Spiegel das vorstellt? Ich weiß es nicht.