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Mobile Nutzung: Der unberechenbare Kunde

Mobile Spielzeuge boomen seit Jahren. Insbesondere das Handy hat mittlerweile (statistisch gesehen) jeder Deutsche in der Tasche. In weniger als 15 Jahren von der Markteinführung bis zur 100% Marktdurchdringung. Das ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte von der selbst Optimisten Anfang der 90er Jahre nicht zu träumen wagten. Die Industrie hat mit dem Kunden dennoch ihre liebe Not. Dinge und Dienste erleben entweder einen unglaublichen Boom oder funktionieren gar nicht.

Die Vorhersage scheint dabe enorm schwierig zu sein. Die unglaubliche Erfolgsgeschichte der SMS hat niemand vorausgesagt. Sie ist quasi “aus Versehen” passiert. Geplante Services wie MMS, WAP, UMTS oder Handyspiele nimmt der Kunde hingegen sehr zögerlich oder gar nicht an.

Woran kann das liegen?

Über 10 Jahre Tätigkeit im Onlinebereich haben auch bei mir einiges an Skepsis bei neuen Angeboten wachsen lassen. Dem liegen durchaus auch eigene Erfahrungen zugrunde.

Mein Ausflug in den Bereich der mobilen Spiele brachte nicht den erhofften Markterfolg. Obwohl ich den führenden europäischen Dienstleister für Mobile Content an meiner Seite hatte, war es nicht möglich, die für das Erreichen des Break-Even notwendige Anzahl von 10.000 Downloads zu erzielen. Es blieb bei enttäuschenden 3.500 Downloads in ganz Europa.

Nun kann dieser einzelne Mißerfolg natürlich mannigfache Ursachen haben: Ein uninteressantes Spiel, ungenügende Handwareunterstützung, keine ausreichende Werbung oder 1000 andere Ursachen. Bei der Lektüre von Fachpublikationen wie z.B. Gamasutra wurde jedoch schnell deutlich, daß sich die komplette Branche verrechnet hatte. Zwar stiegen die Anzahl der verkauften Handyspiele, aber nicht so stark wie erhofft. Die Produktionskosten stiegen wesentlich schneller.

Zudem bevorzugte der Kunde andere Produkte, als es die Branche vorausgesagt hatte. Große Namen von Konsolen- und PC-Spielen auf Handies zu bringen scheint weniger erfolgsversprechend. Gut verkaufte Produkte waren einfache Knobel- und Geschicklichkeitsspiele. Diese Fehleinschätzung hat nach meiner Meinung die selben Ursache, wie der Misserfolg von WAP und ich prophezeie für Mobile-TV ebenfalls einen Flop.

Die Wünche des Kunden nicht zu kennen ist dabei weniger schlimm – er kennt sie ja zunächst selber nicht. Als ich Anfang der 80er Jahre sehr viel Zeit mit Heimcomputern verbracht habe, erntete ich dafür nur Kopfschütteln. “Soviel Zeit mit diesen blöden Kisten zu verbingen – das ist doch sinnlos”. Dasselbe passierte, als ich mir 1993 ein Mobiltelefon zulegte (“Blödes Yuppie-Getue”), mit dem Computer Online ging und eine zentrale Wissensdatenbank für Stadt- und Regionalplaner vorschlug (“Wozu soll das denn gut sein?”). Heutzutage nutzt fast jeder Computer, Internet und Mobiltelefon.

Der Grund für den Mißerfolg vieler mobiler Angebote liegt nicht darin, die Wünsche des Kunden nicht zu kennen, sondern vielmehr darin, die Natur des Mediums nicht vollständig zu verstehen. Die o.g. Misserfolge beruhen alle auf derselben Fehleinschätzung, daß erfolgreiche Angebote einfach auf das Handy übertragbar sind. Dabei wird völlig übersehen, daß mobile Medien völlig anders genutzt werden, als stationäre.

Nicht nur das Medium selbst unterscheidet sich durch Größe von Bildschirm und Tastatur, sondern vor allem auch Ort, Zeit und Zweck der Nutzung. Diese zuletzt genannten Parameter scheinen den entscheidenden Grund für Erfolg oder Mißerfolg mobiler Angebote darzustellen.

Diese Aspekte mobilen Lebens werde ich in folgenden Artikeln näher beleuchten.