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Parallelgesellschaften

Bin gerade über einen interessanten Beitrag von Klaus Schweinsberg gestolpert. Er fagt:
Sind Top-Manager asozial?“. Sein Fazit lautet übrigens:

Wer unter seinen Bekannten keine sogenannten normalen Menschen mehr findet, sondern nur noch unter Vorständen verkehrt, führt kein Sozialleben, sondern ist – im strengen Wortsinne – eigentlich asozial.

Bemerkenswert wenn solch ein Statement immerhin vom Herausgeber des Unternehmermagazins impulse kommt.

Ein Problem nicht nur in Deutschland, sondern in allen westlichen Ländern – ist der Zerfall des gesellschaftlichen Grundkonsens. Die Zersplitterung in immer mehr unterschiedliche Interessenlager mit sehr ausgprägten eigenen Wertvorstellungen könnte man positiv mit Pluralismus beschreiben. Wenn es aber keinen Grundkonsens mehr gibt, auf den sich alle relevanten Teile der Gesellschaft einigen können, steht damit alles auf dem Spiel.

Das Problem besteht dabei in der zunehmenden Abschottung gegenüber “den Anderen”. Es ist immer über die Parallelgesellschaft von Türken in Deutschland die Rede, die nicht integrationswillig seien. Sicherlich ist das ein Problem, aber das trifft genauso auf deutsche Parallelgesellschaften zu. Zum Beispiel in Gegenden, in dem Rechtsradikalismus Mainstream ist. Einen leicht surrealistischen Touch haben auch die Anhäufungen junger, kreativer, hipper Medienarbeiter in Prenzlauer Berg/ Friedrichshain/ Mitte, oder eben die Führungsclique in der Wirtschaft.

Es ist ja gerade ein Buch von dieser jungen Dame erschienen (verd… hätte ich gleich notieren sollen), die dieser selbsernannten “Elite” nachgepürt ist und auf solche unglaublichen Sachen, wie Marketingunterricht im Privatkindergarten (!) stieß. Sie hat in einem Interview ihr Buch so auf den Punkt gebracht:

Elite wird durch systematisches Ausblenden der normalen Gesellschaft erschaffen.

Es gab einmal eine Zeit, in der etliche Manager bei Daimler-Benz (so hießen die damals) ihre Karriere in der Produktion angefangen hatten. Die wussten wenigstens noch, um welches Produkt es sich handelt. Als dann die MBA’s kamen und die Produktentwicklung vom Marketing gemacht wurde, begann es bei Mercedes drunter und drüber zu gehen.

Kurz nach dem Abi hatte ich auch so eine hochnäsige Phase, in der ich alles besser wusste. Dann habe ich 6 Monate in einer Fabrik geschuftet, während ich auf meinen Studienplatz gewartet habe. Das hat mich damals ganz schnell auf den Boden zurückgeholt.

Ich denke, daß der weitere Verfall unserer Gesellschaft nur aufzuhalten ist, indem die Durchmischung gefördert wird. Bessere Förderung der benachteiligten Schichten, aber auch die Erdung hochfliegender Möchtegern-Eliten durch mindestens halbjährige Pflichtpraktika in unpopulären Berufen. Ein Manager, der sich noch daran erinnern kann, wie es ist in der Altenpflege oder der Produktion zu schuften wird sich wohl eher nicht arrogant als “Leistungsträger” bezeichnen. Leistungsträger sind nämlich alle, die hart arbeiten. Egal ob Manager, Krankenschwester oder LKW-Fahrer.