tiny little gizmos

Shutdown Szenario

Heute beim Mittagessen mit einem Kollegen kam das Gespräch – wie originell – schnell auf das Thema Arbeit. Aber nicht auf die täglich Arbeit, Freude und Leid im Umgang mit Kunden und Technik, sondern eine eher perspektivische Sicht. Wir hatten beide konkrete Auslöser für das Hinterfragen des Status Quo.

Mein Auslöser zur Reflexion über Gegenwart und Zukunft der Arbeit war für mich der Besuch einer sehr imposanten Industrieruine in Essen (Kokerei und Zeche Zollverein) in der letzten Woche. Inmitten dieser riesigen Anlagen hatte ich regelrecht körperlich gepürt, daß dort richtige Werte geschaffen wurden – mit richtiger Arbeit. Allerdings war mir auch klar, daß diese Epoche vorbei ist und damit erhebliche Umweltbelastungen der Vergangenheit angehören.

Ich gehe nicht nur einer ungleich filligraneren Arbeit nach, sondern schaffe überhaupt nichts Gegenständliches. Ich schaffe Software. Natürlich gibt es Auftraggeber, die Geld dafür bezahlen, aber das was ich tue bringt die Welt kein Stück weiter. Diese Arbeit ist im tieferen Sinne völlig nutzlos. Sie schafft keine realen Werte. Ich tröste mich damit, daß ich immerhin auch niemandem damit schade. Im Vergleich zur Montanindustrie ist meine Arbeit – trotz permanentem Stromverbrauch und Toxinen bei der Hardwareherstellung – wenigstens relativ umweltfreundlich.

Mein Kollege musste hingegen neulich einige Tage sein Haus reparieren – und zwar richtig!. Ein Teil eines Holzbalkens in einem alten Fachwerkhaus auszuwechseln ist nicht gerade trivial. Er meinte, daß bei dieser Art körperlicher Arbeit den Kopf ganz klar wird. Man ist fokussiert im Hier und Jetzt, tut etwas Konkretes und sieht hinterher, was man geschafft hat.

Das war unser Ausgangspunkt. Interessant ist, daß wir beide davon ausgingen, daß unsere jetzige Arbeit (Internet, Software, Kommunikation, blah,…) in zwei bis drei Jahrzenten unwichtig sein wird, weil die Gesellschaft vor sehr konkreten, drängenden Herausforderungen in der echten, körperlichen Welt stehen wird.

Niemand wird sich allzusehr um Webseiten (oder was es dann für’n Schnickes gibt) kümmern, wenn sein Hauptproblem ist, wie er seine Wohnung warm bekommt. Mehr noch – wenn aufgrund der kommenden Ressourcenknappheit unsere heutige Wirtschaftordnung radikal über den Haufen geworfen sein wird, es nicht mehr selbstverständlich sein wird alles jederzeit und überall bekommen zu können – wenn kurz gesagt die Globalisierung eine 180-Grad-Wende gemacht haben wird, werden wieder richtige Werte zählen. Welche Aufgabe werde ich dann in dieser Welt erfüllen können? Was kann mein Beitrag sein?

Mein Eindruck ist übrigens, daß sich zur Zeit immer mehr Menschen solche Fragen stellen. Insbesondere Menschen, die viel mit Computer, Datenverarbeitung und solchen Dingen zu tun haben. Sie spüren riesige Umwälzungen kommen. Ich erwarte sie nicht jetzt oder in 5 Jahren, aber in 20 oder 30 Jahren.

Mein heutiges Leben wurde von guten Science Fiction Autoren vor 20, 30 und 40 Jahren ziemlich gut vorhergesagt. Auch die nächsten 5 bis 10 Jahre werden mich vermutlich genausowenig überraschen, wie die Entwicklung der letzten 20. So lange reichen die Visionen noch. Aber wo sind die Buchautoren die die neuen Science Fiction für danach schreiben?