Netzwerkeffekte – Realitycheck
Heute mal ein paar Gedanken zum Business. Der Grund, weshalb viele Internetfirmen so utopisch hoch bewertet sind, ist in der Theorie der Netzwerkeffekte zu finden. Eines der bekanntesten ist Metcalfe’s Law. Es besagt, daß der Nutzen eines Kommunikationsnetzes im Quadrat mit der Anzahl der Teilnehmer wächst.
Als Beispiel dient regelmäßig das Telefonnetz. Wenn nur 3 Leute ein Telefon haben, nutzt das dem Einzelnen fast nichts. Mit jedem neuen potentiellen Gesprächspartner wird das Netz hingegen wichtiger. Mit Hilfe dieses Gesetzes lassen sich so schöne exponentielle Kurven aufmalen, die sich in Businessplänen immer so toll machen. (“Heute und in zwei Jahren verdienen wir leider noch nichts, aber in 5 Jahren werden wir die Welt beherrschen”)
Andreas Göldi hat in seinem Blog “Beobachtungen zur Medienkonvergenz” einen sehr schönen Artikel geschrieben, der verdeutlicht, warum diese Theorie in der Praxis leider(?) nicht so recht funktioniert: Netzwerkeffekte und der Unfug, den man damit anstellen kann.
Mit gesundem Menschenverstand kommt man auch relativ schnell auf den Haken an der Sache: Zwar stimmt die Theorie bei wenigen Teilnehmern, sie wird aber überlagert von der Theorie des abnehmenden Grenznutzens. Der Grenznutzen beantwortet die Frage, wie viel zusätzlichen Nutzen eine weitere Einheit eines Gutes (in diesem Fall potentielle Kommunikationspartner) stiften würde.
Ein Beispiel: Einem Menschen, der auf dem Land wohnt, bringt es einen erheblichen Nutzengewinn, wenn er sich ein Auto anschafft. Wenn er aber schon fünf auf dem Hof stehen hat, bringt der sechste Wagen keinen zusätzlichen Nutzen mehr.
Wenn wir das auf die angesagten “social networks” wie Facebook übertragen, bedeutet das ungefähr: Mir ist es völlig schnuppe, ob Millionen amerikanischer Teenager oder junger Erwachsener bei Facebook sind. Und wenn nochmal 20 Millionen in Europa dazukommen ebenso. Das bringt mir keine Vorteile. Mir ist es wesentlich wichtiger, z.B. im Netzwerk der ehemaligen I-D Media Mitarbeiter zu sein, obwohl das weniger als 200 Nutzer sind. Da kann man nicht “knuffeln” und “poken” – es ist schlicht und einfach eine vergleichsweis uncoole Mailingliste.
Was lehrt uns das?
Ich glaube nicht an Monstergroße “social networks”. Zumal ja nicht Facebook das Netzwerk ist, wie es scheinbar viele annehmen, sondern die Beziehungen der Teilnehmer untereinander. Ich glaube stattdessen daran, daß ein Mensch in viele kleine soziale Netzwerke eingebunden ist, die sich zum Teil überschneiden. Und nur ein geringer Anteil der Interaktion spielt sich in elektronischen Netzwerken ab. Und ich glaube daran, daß das im Grundsatz auch so bleibt. Darum finde ich den Ansatz, so etwas wie twitter zu dezentralisieren vielversprechend. Ein extrem einfaches Tool für überall, das nur meine 5 Freunde und 30 Bekannten etwas angeht. Das einzige, was fehlt, ist die “convenience”, der big player. Da könnte man mal drüber nachdenken.