tiny little gizmos

Jolla Ahoi!

Der Paketdienst hat mir gestern ein heiß ersehntes Päckchen aus Vantaa/ Finnland gebracht. Ein neues Smartphone. Aber nicht irgendein 08/15 iPhone-/ Android-/ Windows-Teil, sondern ein Jolla.

Das schmucke Päckchen aus Finnland

Das schmucke Päckchen aus Finnland

Wer oder was zum Geier ist Jolla?

Jolla ist ein neuer – wie ich finde sehr spannender – Handyhersteller aus Finnland mit Sitz in Helsinki. Das Team rekrutiert sich überwiegend aus ehemaligen Nokia Mitarbeitern, die nach dem Niedergang und Ausverkauf an Microsoft freigestellt wurden. Und anstatt arbeitlos und depressiv zu werden, haben sie sich auf das besonnen, was sie gut können – Handys entwickeln.

Auf der Basis von Linux/ MeeGo hat Jolla das Betriebssystem Sailfish OS entwickelt (für die etwas verwirrende Geschichte verweise ich auf den Wikipedia Artikel) und seit Dezember ist nun das erste Handy der Finnen erhältlich. Man kann es in Deutschland aber nur über die Website von Jolla ordern.

Auf dem 30C3 Kongress in Hamburg hatte ich das Modell bereits in den Händen und führte mit einem der Entwickler eine längere Diskussion. Insbesondere der Ansatz eines offenen Betriebssystems überzeugte mich und so habe ich die €400,- investiert. Bloß weil man an der Software nach Herzenslust rumändern kann, bedeutet aber nicht dass hier ein unfertiges Hackerspielzeug vorliegt, wie wir gleich sehen werden.

Der erste Eindruck

Das schicke Päckchen erfreut und zeigt bereits, dass hier mit Liebe zum Detail gearbeitet wurde. Viel auszupacken gibt es indes nicht: Handy, separater Akku (vorbildlich!), Ladegerät mit USB Kabel und eine Mini Anleitung – das wars.
Mehr braucht man aber auch nicht. Kopfhörer sollte man sich ohnehin besser separat zulegen.

Inhalt des Päckchens

Inhalt des Päckchens

Hardware

Die Verabeitung ist tadellos. Touchscreen, Alu-Chassis und Kunststoff-Rückseite sind extrem passgenau. Nichts wackelt oder knirscht. Sehr vorbildlich ist, dass man sehr einfach an der wechselbaren Akku, die Micro-Sim und die Micro-SD Karte herankommt. Genau so muss es sein.
Das Jolla ist trotz seines 4,5″ Displays kaum größer, als das HTC One S mit 4,3″ Display – allerdings eckiger und nicht so ein Handschmeichler. Das Display ist hell und die Auflösung ist mit 960×540 Pixeln absolut ausreichend. Ich konnte nirgendwo Pixeltreppen erkennen.

Jolla vs. HTC One S

Jolla vs. HTC One S

Kamera

Die Kamera hat 8MP Auflösung und zumindest die Bilder, die ich heute auf Stralau in der Wintersonne gemacht habe, sind recht gut: Farbecht und mit guter Dynamik: Sonne auf Schnee überstrahlt nicht und Schatten saufen nicht in Schwarz ab. Wie es bei weniger Licht oder mit Blitz aussieht, weiss ich noch nicht.

Sonnige Winterlandschaft

Sonnige Winterlandschaft

Harte Kontraste zwischen Schatten und Spiegelung

Harte Kontraste zwischen Schatten und Spiegelung

Bedienung

Die Bedienung ist natürlich anders, als bei iPhone, Android oder Windows Phone. Es wird alles mit Wischgesten in alle vier Richtungen gesteuert, wobei es wichtig ist, wo man ansetzt: Auf dem Display (innen) steuert man innerhalb der aktuellen App, wenn man am Rand ansetzt (aussen) steuert man ausserhalb der App. Nach der Inbetriebnahme des Gerätes gibt es dazu eine kleines Tutorial. Die drei Minuten sollte man investieren um nicht im Anschluss verwirrt zu sein. Spätestens nach einer Stunde hat man das System kapiert und kann flüssig arbeiten.

Software

Heutzutag ungewohnt ist, dass das Smartphone softwaremässig nahezu nackt ausgeliefert wird. Nur die Kernfunktionen sind vorhanden: Telefon, SMS, Kamera, Galerie, Webbrowser, Kontakte, Einstellungen und der Jolla Store. Über den letzteren können die wichtigsten Funktionen nachgerüstet werden. Ich habe mir zunächst das Betriebssystem Update installiert und danach Kalender, E-Mail, Wecker, Taschenrechner und Karten (Nokia Here) nachinstalliert.

Ich finde diesen schlanken Ansatz sehr gut, weil man so keinen unnötigen Mist mitschleppt. Ich denke mit Grausen an den ganzen Sch… auf dem HTC. Permanent poppt irgendwas auf und nötigt den Nutzer:

“Nein, ich will NICHT den Twitter Client nutzen, Nein ich will NICHT die scheiss Facebook App nutzen, nein, ich will NICHT Google Now nutzen, nein ich will NICHT Google Plus nutzen – ach so, dann geht auch sonst nix mehr? Herrgott, wenn es denn sein muss…”.

Gängelei ohne Ende auf Android. Ab-so-lut zum Kot….
Hier wesentlich besser gelöst. Ich kann nur sagen: DANKE JOLLA!

Alles wichtige habe ich jetzt also an Bord. Manchmal fehlen mir aber doch noch ein paar Features. Z.B. möchte ich in der Galerie mehrere Bilder markieren um sie in einem Rutsch per Bluetooth zu senden. CardDAV und CalDAV möchte ich haben, damit ich meine Kontaktdaten und den Kalender endlich von Google wegekomme, aber ich denke, dass das alles demnächst kommen wird. Das iPhone konnte ja am Anfang ausser Internet auch nahezu nichts richtig – von der grottigen ersten Andriod Version ganz zu schweigen…

An das erste Andriod Gerät (HTC G1) erinnert mich aber das grösste Manko – der unglaubliche Stromverbrauch. Vollgeladen hielt das Jolla kaum mehr als einen halben Tag durch. Das Problem ist aber bekannt (liegt am NFC Sensor, der permanennt Strom zieht) und soll mit dem nächsten Software Update behoben werden.

Der Eindruck nach einem Tag ist recht gut. In ein paar Tagen werde ich mal Bilanz ziehen.