tiny little gizmos

Ich habe nichts zu verbergen

Wenn man versucht, normale Menschen auf das Probleme der extem zunehmenden Überwachung hinzuweisen kommt meistens ein Schulterzucken und der Spruch “Mir doch egal, ich habe sowieso nichts zu verbergen”. Dieser Spruch zeugt nur von völligem Unwissen. Ich antworte dann gerne: “Du wirst als allerletzter erfahren, ob Du etwas zu verbergen hattest.” Ich versuche mal, meine Gedanken etwas zu sortieren:

Was will der Staat?

Hier ist mal ein winziger Ausschnitt von Maßnahmen, die bereits eingeführt wurden, bzw. demnächst eingeführt werden:

– Entfall des Bankgeheimnisses
– Infolge dessen ein enormes Anwachsen von Kontoabfragen zu allen möglichen Zwecken
– De-facto Entfall des Fernmeldegeheimnisses
– Ausufernde Telefonüberwachung
– Vollständiger Zugriff auf alle Verbindungsdaten in der Telekommunikation
– Automatische Kennzeichenüberwachung undter dem Vorwand der LKW-Maut.
– Flugastdatenüberwachung
– Vorratsdatenspeicherung

Man kann also mal eben zusammenfassen, daß der Staat wissen will, mit wem wir wie häufig in Kontakt treten, wann wir wo sind, mit welchem Verkehrsmittel wir wann wohin fahren, wieviel Geld wir haben, bekommen und ausgeben und vor allem wodurch und wofür. Es fehlt eigentlich nur noch das Verbot, die Wohnungstür abzuschließen, damit die Beamten “mal eben nach dem Rechten sehen” können.

Also auf gut Deutsch: Der Staat will absolut alles über uns wissen. Und zwar von jedem und nicht nur von den bösen Jungs. Das ist schon mal schlimm genug, weil es ihn gelinde gesagt einen Scheissdreck angeht, außer bei der Verfolgung von Straftätern. Da aber die wenigsten Bürger Straftäter sind, liegt kein akzeptabler Grund für die Totalüberwachung vor.

Warum will der Staat das eigentlich alles wissen?

Gute Frage. Eigentlich die zentrale Frage. Aber ich überspringe die jetzt einfach mal, damit dieses Pamphlet nicht zu lang wird.

Worin liegt die Gefahr?

Mit all diesen Maßnahmen und noch unzähligen weiteren, liegen nun Unmengen an Daten über die Bürger vor. Damit wächst die Gefährdung der Bürger durch Missbrauch dieser Daten extrem an. Am allerschlimmsten ist, daß man von diesen Missbrauch zunächst nichts mitbekommt und sich anschließend so gut wie nicht wehren kann.

Man kann auch seine Daten nicht mehr zurückziehen oder sperren lassen. Eine der zentralen Lehren des digitalen Zeitalters ist, daß man keine Kontrolle mehr über Daten hat, wenn sie erst einmal “in freier Wildbahn” sind.

Und daß die Daten nicht sicher sind, davon kann man mal getrost ausgehen. Dafür sorgen Behördenpannen, Spionage, Kriminelle Hacker auf jeden Fall aber der rege und völlig unkontrollierte Datenaustausch mit anderen Staaten, wie z.B. bei der Weitergabe von Fluggastdaten oder Finanzdaten bei SWIFT. Und wenn ich schon den eigenen Behörden nicht vorbehaltlos traue – Drittstaaten traue ich ganz bestimmt nicht.

Es wäre spanend zu wissen, welche vermeintlichen Erkenntnisse z.B. amerikanische Sicherheitsbehörden über mich haben. Ganz sicher haben sie meine Bankverbindung, meine Fingerabdrücke und ein Foto von mir, sie wissen wann ich in den letzten Jahren von wo nach wo geflogen bin. Sie wissen wahrscheinlich, wo ich übernachtet und was ich gegessen habe, kennen die Daten über mein Mobiltelefon und über meine Vorlieben im Internet (wenigstens während der zwei Wochen im April 2007). Sie werden wissen können, wen ich wann und wo in Kalifornien getroffen habe und daß ich mich auf einer Konferenz aufgehalten habe und vermutlich ein bischen Ahnung von Technik habe.

Das sind ganz normale Daten, die während meiner Reise angefallen sind. Gut, ich gehe sogar einen Schritt weiter und sage, das sind Informationen, die man während meiner Reise gewinnen konnte (Daten sind nicht gleich Informationen). Jetzt mische man das ganze mit meiner Abneigung gegen die amerikanische Außenpolitik und bekommt…

Ja was bekommt man dann? Welche Erkenntnis bringt das? Bin ich gefährlich? Bin ich ein Nachrücker in der Terroristendatei? Da sind immerhin schon 1 Mio. Einträge drin. Ich selber betrachte mich eher als harmloses Schaf, daß unentwegt meckert, aber letztlich ja doch nichts tut. Aber sehen das Geheimdienste ebenso? Vielleicht bin ich ja ein Schläfer? Aber dafür bin ich wiederum nicht unauffällig genug, weil ich die Klappe nicht halten kann. Bin ich weniger verdächtig, weil ich ein weißer Mann in mittleren Jahren bin und Golf spiele? (naja…)

Wie ist denn nun mein Terrorscoring?

Es wird mir niemand sagen. Und falls doch, hätte ich ein wirklich ernsthaftes Problem.