29C3 – Lötkolben, Nerf Guns, Quattrocopter und Politik
So könnte man die ersten Eindruck des 29C3 – des 29. Jahreskongresses des Chaos Computer Clubs – zusammenfassen. Der Kongress findet in diesem Jahr nicht mehr in Berlin statt, sondern ist nach Hamburg umgezogen. Das CCH bietet sehr viel mehr Platz, als das BCC am Alexanderplatz, was deutlich zu spüren ist. Es ist zwar voll, aber nicht derartig überfüllt, wie sonst in Berlin – und das, obwohl nun 6000 statt 4000 Besucher anwesend sind.
Leider heißt das noch nicht automatisch, dass genau der Vortrag, den man selber gerne besuchen würde, nicht überfüllt ist, wie ich heute bereits zwei mal feststellen musste. Manche Dinge bleiben eben. Zum Beispiel auch der jährlich Vortrag über das gerade aktuelle „Sicherheitswahnsinnsgesetz“.
Wie üblich berichteten Konstanze Kurz und Frank Rieger vor sehr großem Publikum von ihren Abenteuern in Karlsruhe vor dem Verfassungsgericht. Der diesjährige Vortrag hatte das Thema „Die Antiterrordatei“ und hinterließ insbesondere vor dem Hintergrund der extremen Verfehlungen der Verfassungsschutzbehörden im Fall der NSU Morde einen sehr strengen Nachgeschmack.
Die wesentlichen Kritikpunkte an dem Gesetz:
- Aushebelung des Trennungsgebotes zwischen Polizei und Geheimdienst sowohl auf organisatorischer, als auch auf technischer Ebene.
- Das Gesetz soll quasi als Blaupause für andere „Problempersonen Dateigesetze“ dienen.
- Ein Antiterrorgesetz das auf eine Definition des Begriffs „Terror“ verzichtet ist ohnehin handwerklich sehr bedenklich.
- Erfassung nicht nur von Verdächtigen, sondern auch von Kontaktpersonen – also Unschuldigen
- Behörden werden verpflichtet, jede möglicherweise wichtige Information zu hinterlegen, aber…
- Es gibt keinerlei Möglichkeiten, Einträge überprüfen und korrigieren oder löschen zu lassen, wenn sie falsch sind.
- Es haben nicht nur -zig Behörden in Deutschland Zugriff auf diese Daten – sondern auch ausländische Geheimdienste.
- Die zentrale Speicherung der Daten bietet einen „Single point of failure“ und einen der interessantesten Angriffpunkte für böse Menschen. Sei es um Daten abzugreifen oder zu verändern.
- Es gibt eine „verdeckte Speicherung“. D.h. Polizeibehörden dürfen zwar bestimmte Daten nicht einsehen, aber die Geheimdienste sehen, dass die Polizei versucht hat, die Daten abzurufen.
Genau letzteres beweist, dass das vorgebrachte Argument „Die NSU Affäre wäre mit der Antiterrordatei nicht passiert“ geradezu infam ist – weil es ja genau die Geheimdienste waren, die eine polizeiliche Aufklärung gezielt behindert haben.
Der CCC hat ja bereits recht recht viel Erfahrung mit Anhörungen des Bundesverfassungsgerichts zu IT und „Sicherheits“gesetzen. Kurz fand es bemerkenswert dass diesmal alle namhaften Vertreter der Sicherheitsbehörden und sogar der Bundesinnenminister anwesend waren. Das Gesetz scheint den Herrn also sehr am Herzen zu liegen.
Bin gespannt, was ich im Laufe der Konferenz noch so zu hören bekomme. Hier sind jedenfalls erstmal ein paar visuelle Eindrücke: