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Webmontag Berlin #69: E-Learning

Der 69. Webmontag fand am 12.11.2012 wieder in den Räumen der Mobilsuite in der Pappelallee statt. Das Thema des Abends war E-Learning. Auch diesmal war der Anteil der neuen Besucher erstaunlich hoch; ebenso wie der Frauenanteil.

Los – lern!

Den ersten Vortrag mit dem Title “The future of textbooks” hielt Stefan Bayer von Sofatutor – einer Plattform, die im weiteren Sinne auf Nachhilfeunterricht mit Videos, Tests und Chats für Schüler anbietet.
Interessant fand ich unter anderem, dass sich die Angebote auf one-to-one Kommunikation konzentrieren, während sich der Lerncommunities oder Gamification Ansätze nicht bewährt hätten. Die Schüler kommen mit einer gezielten Nachfrage, wie “Ich will die nächste Matheklausur bestehen” und konzentrieren sich daher auf direkte Kommunikation mit dem Lehrer.

Interessant war auch, dass sich Sofatutor zwar auf den unregulierten “afternoon market” konzentriert, weil im “morning market” Freigaben von den Kultusministerien der Länder erforderlich sind, sich die Angebote aber trotzdem eng an die jeweiligen Lehrpläne anlehnen (müssen).

Für die weitere Zukunft ist laut Bayer geplant, das Angebot sukzessive auf den Hochschulbereich auszudehnen.

Spielend lernen

Den zweiten Vortrag hielt Christian Knop von Outermedia. Sein Vortrag handelte von den Herausforderungen bei der Erstellung von Lernspielen. Sowohl die zu vermittelnden Lerninhalte, als auch die Art der Präsentation müssen auf die jeweilige Ziegruppe und ihre Motivation zugeschnitten werden; es war von Charakterdesign und “Flow” die Rede.

Knops Credo lautet “Learning should be fun”. Da möchte ich zwar nicht widersprechen – ob aber Spiele dafür der richtige Ansatz sind, erscheint mir eher zweifelhaft. Ich selbst habe mich im zarten Alter von 12 Jahren durch extrem trockene Computer Fachliteratur durchgebissen – freiwillig und hartnäckig. Es hat mir deshalb Spass gemacht, weil sofort versucht habe, das Gelernte umzusetzen. Das Wichtigste war aber, dass ich interessiert war und den ganzen scheinbar trockenen Kram wirklich lernen wollte.

Im Gegensatz dazu habe ich viele Dinge, die ich lernen sollte, nie vollständig verstanden – weil es mir einfach vollkommen gleichgültig war. Eine spielerische Darbietung hätte da vermutlich auch nicht viel geholfen. Aber bei anderen Menschen mag das ja durchaus anders sein.

Exzellenz für Millionen

Den letzten Vortrag des Abends hielt Hannes Klöpper von iversity. Er stellte die Frage nach der Universität des 21. Jahrhunderts und erzählte viel über die Erfolge der offenen E-Learning Angebote der amerikanischen Ivy League Universitäten wie Stanford und dem MIT, die zu einer Demokratisierung hochwertiger Lehre führen könne. Das sei notwendig, weil sich anders die explosionsartig ansteigende Nachfrage nicht befriedigen liesse.

Im Nachgang zu dem Vortrag kam es zu einigen berechtigten, kritischen Nachfragen.

Wenn diese hochwertigen Kurse umsonst angeboten werden und von jedermann belegt werden können – was bedeutet das für die Zukunft kleinerer Universitäten, wie z.B. Ilmenau oder Kansas State?

Letzlich geht es hier ja um eine Rationalisierung der Hochschulausbildung. Ein sehr berechtigter Einwand war, dass sich so zwar prinzipiell die Qualität der Lehre steigern liesse, es aber wahrscheinlicher ist, dass diese Effizienzsteigerung eher dazu missbraucht würde, weitere massive Einsparungen an den Universitäten durchzuführen.

Einig war sich das Publikum, dass zu einem wissenschaftlichen Studium nicht nur die Aneignung von Faktenwissen, sondern auch der Diskurs mit möglichst guten geistigen Sparringspartnern gehört. Das könne mit diesen Angeboten nicht abgedeckt werden.

Alles in allem war auch dieser Webmontag wieder recht anregend.