tiny little gizmos

Offline – der neue Trend?

Die Überschrift ist eigentlich etwas zynisch gemeint – aber nur ein bisschen.

Ich bin seit fast 20 Jahren Onliner. Damals, im letzten Jahrtausend bin ich noch mit DOS PC und 19.200er “High Speed” Modem durch die Mailboxen gehirscht und habe E-Mails per FidoNet verschickt (wir waren jung und hatten ja nichts anderes…) Einerseits extrem cool, dass so ein gigantisches Netzwerk fast nur von Hobbyisten betrieben wurde. Aber eigentlich waren alle scharf auf das Profi-Zeug, das Unis und Konzerne nutzten.

Vor 15 Jahren war es für mich eine Herausforderung, als Privatperson überhaupt an einen bezahlbaren Internetanschluss zu kommen.

Vor 10 Jahren war es eine Herausforderung einen schnellen Internetanschluss zu bekommen ohne Katastrophen beim Anschluss zu erleben

Vor 5 Jahren war es eine Herausforderung, einen schnellen, bezahlbaren mobilen Netzzugang zu bekommen.

Heutzutage scheint es zunehmend schwieriger, an einen verlässlichen Internetanschluss zu kommen. Ein paar Beispiele:

Zuhause
Telekom DSL 6000. Eigentlich der VW Golf unter den Anschlüssen – langweilig, aber zuverlässig. Nein, nicht wirklich. Dass die Telekom YouTube so weit runterbremst, dass man es kaum noch nutzen kann ist ja bereits bekannt. Leider sind wir zusätzlich von extrem häufigen Netzaussetzern betroffen. Das kann eine kurzer Disconnect sein, oder auch schon mal wie heute zu einem Tag Quasi Komplettausfall führen. Das ist schon blöd, wenn man nur ein wenig privat rumsurft, aber wenn man über RSA / VPN Tunnel auf mehreren Servern arbeitet geht es gar nicht. Jeder Disconnect lässt alle offenen Verbindungen zusammenbrechen und man benötigt dann 5-10 Minuten, um alles wieder neu aufzubauen und sich einzuloggen. Ernsthaft und konzentriert arbeiten kann man so eigentlich nicht.

Unterwegs
Ich nutze seit mehreren Monaten regelmässig einen UMTS-Stick von Vodafone. Die haben ja angeblich das beste Netz. Wenn man erst mal eine Verbindung hat, kann ich mich (abgesehen von Preis und Datenvolumen) auch nicht beklagen. Allerdings kann es extrem enervierend sein, überhaupt einen Connect hinzubekommen. Teilweise habe ich mehr als 20 Minuten gebraucht und musste dazu die Software oder sogar den ganzen Rechner mehrer Male neu starten.

Andere Stimmen
Von Freunden und Kollegen höre ich ähnliches. Regelmässige Ausfälle bei Kabel Deutschland, Versatel und so weiter. Das geht sozusagen einmal quer durch den Providergarten.

Man kann jetzt natürlich trefflich über die Ursachen spekulieren: Extremer Kostendruck, Fachkräftemangel im Infrastrukturbereich, immer komplexere Netztopologien, Hackerangriffe, Eingriffe der Zugangsprovider in den Netzwerkverkehr (DNS-verbiegen, Zwangsproxys,…), staatliche Eingriffe durch Regulierung oder Abhörmassnahmen, Vorratsdatenspeicherung und so – was weiss denn ich? Wahrscheinlich ist es von allem etwas.

Die Frage ist, was man selber nun machen kann. Mindestens sollte man die Abhängigkeit von einer einwandfrei funktionierenden Netzanbindung reduzieren. Solch ein Mist, wie Cloud-Services und verkrüppelte Endgeräte, wie das iPad ist daher eigentlich schon mal völlig Tabu. Als Firma sollte man ernsthaft überlegen, zentrale Dienste wieder inhouse zu holen.

Privat wäre vielleicht auch ein Blick zurück angebracht, zum Beispiel zu Fido. Das war damals nach heutigen Massstäben ja nur Hybrid-Online. Mails und Foreneinträge hat man offline gelesen und geschrieben und ist nur online gegangen um seinen Kram zu verschicken und nach Neuem zu gucken. Das sparte Telefongebühren und – wichtiger – half die Ports der Mailboxen freizuhalten.

Das klingt für junge Ohren wahrscheinlich unerträglich (Opa twittert vom Krieg).

Andererseits – wozu benötigen wir denn tatsächlich die ständige Verbindung? Geht das nicht auch alles asynchron?

Die ganze Social Media Funktionalität von Facebook gabe es ja damals im Prinzip ja auch schon. News lesen? Man kann Channels abonnieren und zwei- drei mal pro Tag pollen. Für Mails war das ja ohnehin jahrelang Standard. Banking ist auch denkbar ohne eine stehende Verbindung. Chatten, Skypen und Actionspiele sind dann nicht drin. Was habe ich vergessen?

Irgendwie ein interessanter Gedanke – mal wieder völlig gegen den Mainstream, aber das kennt man ja von mir.