tiny little gizmos

So funktioniert Gesetzgebung

Unsere selbstlosen, weisen und stets dem Gemeinwohl verpflichteten Volksvertreter haben zum Schutz der Bürger zwei tolle Neuerungen parat:

Toll, oder? Endlich wird der wilde Westen die Bundesrepublik Deutschland sicher!

Leider nicht. Es handelt sich hier um zwei hervorragende Beispiele dafür, wie Gesetze genau das Gegenteil dessen bewirken werden was vorgeblich das Ziel sein soll. Wieso sehe ich Berufsparanoiker jetzt schon wieder schwarz? Schauen wir uns kurz an, worum es vermutlich wirklich geht.

Hackerparagraph
Es soll unter Strafe gestellt werden, Hackerwerkzeuge zu programmieren, zu besitzen, sich zu beschaffen und zu verbreiten. Klingt zuerst mal toll. Endlich wird was gegen die bösen Hacker getan. Leider verursacht eine solche Regelung unter dem Strich erhebliche Rechtsunsicherheit für Computernutzer – und das sind wir letzten Endes ja fast alle. Zunächst einmal:
WAS IST EIN HACKERWERKZEUG? Programme, die zum Einbruch in fremde Computer genutzt werden können. Aha, leider hilft das nicht weiter. Fallen darunter schon einfache Werkzeuge wie ‘ping’ oder ‘traceroute’, die jeder Netzwerkadministrator braucht? Selbst wenn es sich um explizite Einbruchswerkzeuge handelt: Diese sind unbedingt notwendig um zu testen, ob die eigenen Systeme und Netzwerke genügend gegen Einbruchsversuche gesichert sind. damit ergibt sich für Netzwerkadministratoren folgendes Dilemma:

Es dürfen keine “Hackerwerkzeuge” genutzt werden, gleichzeitig müssen die Systeme sicher sein, weil sonst eine Gefährdungshaftung greift, falls die eigenen Rechner gekapert werden.

Egal was man macht oder unterlässt – man ist immer der Dumme und steht mit einem Bein im Knast. Das läßt für mich nur den Schluss zu, daß der Gesetzgeber entweder schreiend inkompetent ist oder explizit die Herstellung von Rechtsunsicherheit bezweckt. Man stelle sich vor, daß man verhaftet werden kann, weil man sich im Baumarkt eine Axt gekauft hat – schließlich könnte man ja damit jemanden töten.

Nein Leute, Einbruch in fremde Computersysteme, Ausspähen von Daten und ähnliches sind bereits verboten. Es zählt nicht das Werkzeug, sondern die Tat. Es gibt keinen Grund für zusätzliche Regelungen, die unnötigen Interpretationsspielraum (= Rechtsunsicherheit) schaffen.

Grundgesetzänderung
Das Grundgesetz ist primär dafür da, die Menschen vor Eingriffen des Staates in die Menschen- und Bürgerrechte zu schützen – unbesehen von irgendwelcher momentan aktueller Technik. Die Grundrechte umfassen dabei solche edlen Werte wie Informations-, Meinungs-, Versammlungs-, die Vereinigungsfreiheit, das Postgeheimnis und die Unverletzlichkeit der Wohnung; mithin also alles Bereiche die in den verschiedenen Gesetzgebungsverfahren der letzten Jahren systematisch beschnitten worden sind. Es gibt schlichtweg keinen Grund, warum jetzt das Internet explizit erwähnt werden soll.

Grundrechte sind Grundrechte. Ob im Internet oder im ‘echten Leben’. Alle relevanten Rechte sind bereits definiert.

Der Verdacht liegt nahe, daß hier explizit ein Recht definiert werden soll, damit man es einfacher per Gesetz einschränken kann (Stichwort: Onlinedurchsuchung).

Der Sinn liegt also nicht darin, ein Grundrecht zu gewähren, sondern ganz im Gegenteil darin, es soweit wie möglich einzuschränken!

Ehrlich gesagt habe ich langsam keine Lust mehr jeden Tag mehrere neue Artikel über politische Angriffe auf die Menschen und Bürgerrechte schreiben zu müssen. Das kostet wahsinnig viel Zeit. Aber es ist unglaublich, wieviele Vorschläge und Gesetzesinitiativen in dieser Richtung jeden Tag gemacht werden.
Das ganze nimmt mittlerweile Ausmaße eines “weichen Staatsstreiches” an.

Ich – paranoid? Kann sein. Aber lieber einmal zuviel, als einmal zu wenig den Mund aufmachen. Irgendwann geht es vielleicht nicht mehr!