Kultur, Wissenschaft und Moral
Gestern Nachmittag war bei mir Kultur angesagt. Chrstine Düwel hatte zum offenen Atelier eingeladen und ich bin (neben einigen anderen) dort erschienen und habe ein wenig geplauscht und ihre neuen Werke bewundert. Und zwar so sehr, daß ich eines davon gleich gekauft habe.
Abends ging es dann ins Kino Babylon Mitte, wo der Film “Plug & Pray” lief. Er ist etwas schwer zu beschreiben. Einerseits ist es ein Dokumentarfilm, der eine Momentaufnahme über den Stand in der Robotik beschreibt. Eigentlich ist es aber viel eher ein Film, der einen Einblick in das Denken derjenigen bietet, die die Entwicklung vorantreiben. Und dieser Teil ist wirklich etwas gruselig. Ich hatte den Eindruck, dass die Protagonisten selber etwas Roboterhaftes an sich hatten. Selbstreflexion: Fehlanzeige.
Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass den kühlen und verstörenden Portraits der aktuell tätigen Forschern, z.B. von Ray Kurzweil der zutiefst nachdenkliche und mahnende Joseph Weizenbaum entgegengestzt wird. Die Aufnahmen entstanden in Weizenbaums letzten Lebensjahr und zeigen dem unvorbereiteten Betrachter einen sympathischen alten Mann, den man sich auch als seinen eigenen Opa vorstellen kann, wie er mit der Bedienung seines Laptops hadert.
Dieser Eindruck führt natürlich vollkommen in die Irre, denn Weizenbaum war einer der bedeutenden Männer in der Computerentwicklung seit 1948. Er hatte stets an vorderster Front der Informatik mitentwickelt und wandelte sich später zum “Ketzer und Dissidenten der Informatik”. Ein Querdenker, der mit leiser Stimme und berechtigten Einwänden die Positionen allzu entusiastischer Forscher und Entwickler auseinandernehmen konnte, wie ich einmal selbst live erleben durfte.