Das scheint ja sowieso gerade die offizielle Linie der Politik in allen westlichen Ländern zu sein – in den anderen sowieso. Aber gestern habe ich einen interessanten Artikel mit dem Titel “Daten brauchen keinen Schutz. Die können auf sich selbst aufpassen.” auf dem Schnipselfriedhof gefunden. Mich haben gleich die ersten -recht provokanten- Zeilen angesprochen:
“Eigentlich bin ich ja für Datenschutz und so. Aber manchmal denke ich auch: Scheiß drauf. Da kann man auch gleich gegen die Kontinentaldrift demonstrieren.“
Was folgt, sind Gedanken zu der Frage, ob nicht vielleicht radikale Offenheit ohnehin besser ist, als der ohnehin vergebliche Versuch, seine Privatsphäre zu schützen. Insofern finde ich auch die Diskussion über Privatsphäre und Web 2.0 ziemlich daneben – und zwar neben dem eigentlichen Problem. In einem Video (muss nochmal raussuchen wo genau) vom elektrischen Reporter hatte vor einigen Monaten einer der Interviewten auf diese Frage sinngemäß geantwortet: “Vergiss Privatsphäre. Das ist vorbei. Deine wirklich wichtigen Daten haben sowieso schon all die bösen Jungs, die sie besser nicht hätten: Regierung, Finanzamt, Versicherungen, Banken…”
Man muss dem nicht unbedingt zustimmen, aber es handelt sich definitiv um interessante Gedankengänge.
Leseempfehlung!
Passend zum vorherigen Artikel möchte ich hier ein kurzes Stück aus einem Science Fiction Roman zitieren, den ich gerade gelesen habe:
“Verschlüsselung ist reine Glaubenssache. […] Du musst den Kryptologen glauben. Das geht nicht anders, wenn jemand die Algorithmen für Dich schreibt. Es ist ein Handel mit der Priesterschaft. Die neue Kirche heißt Geheimhaltung. Sicher ist das nicht.”
Justina Robson, ‘Transformation’, 1999.
Gerade letzte Woche hatte ich einen kurzen, interessanten Austausch über die Möglichkeiten, Nachrichten sicher austauschen zu können. Ich bin dabei ebenfalls recht schnell zu o.g. Ergebnis gekommen. Ich weiß genug über die Thematik um mir über die unendliche Dimension meines Unwissens bewußt zu sein.
Klar – jede Verschlüsselung kann geknackt werden. Manche allerdings nur mit extrem viel Aufwand. Das war schon immer so und wird nach aktuellem Kenntnisstand auch so bleiben. Bayern möchte gerne bei Skype mitlauschen. Wenn man dieser Meldung auf Spreeblick glauben kann, wird das sogar schon kommerziell angeboten. Nun weiß ich nicht, mit welchen Verfahren Skype verschlüsselt und es interessierte mich bisher auch nicht. Eine Sache machte mich dann aber doch etwas stutzig:
In dem diesem Artikel zugrunde liegenden Dokument, das angeblich vom bayerischen Justizministerium stammt, steht der Posten “SSL Dekodierung”, der für einen durchaus bezahlbaren Preis angeboten wird. Falls das stimmen sollte und kein Fake ist (was durchaus möglich wäre), wäre das ein komplettes Desaster.
Ich bin bisher davon ausgegangen, daß die Schwachpunkte bei Computersicherheit vor allem in der Abschottung der Rechner und Router gegen Viren, Trojaner, Keylogger, und ähnlichem Unrat liegen – also bei den End- und Knotenpunkten, aber weniger in den verschlüsselten Daten selber.
Falls es wirklich ein recht günstiges Angebot für zeitnahe Entschlüsselung von SSL geben sollte, haben unter Garantie die richtig bösen Jungs Zugriff darauf. Das bedeutet, daß man jegliche sichere Datenübertragung per Browser (und noch so einiges andere) vergessen kann.
Nachtrag:
Halbe Entwarnung. Dieser Artikel bei Heise lässt vermuten, daß die Abhörsoftware für Skype auf dem Rechner des zu observierenden Person installiert werden muss – also die Verschlüsselung vermutlich einfach umgeht, statt sie zu knacken. Einfach ein Trojaner, der Audiodaten mitschneidet.
“Die EU möchte Flugpassagierdaten für Terrorakte nutzen“
** verwirrt **
Wieso? Müssen die das jetzt schon selber machen?
Nachtrag: Habe mich verhört. Es heißt natürlich “Terrorabwehr“, nicht “Terrorakte“. Ich weiß auch nicht, wie ich auf sowas komme…
Günther Verheugen sagte in der Welt am Sonntag, es habe “keinen Sinn, dass der Staat Subventionen zahlt, um Unternehmen anzulocken”.
Das ist ja nun wirklich keine neue Erkenntnis. Und wann hören die Politiker endlich mit dem Schwachsinn auf, “bedürftigen” Konzernen unsere hart verdienten Steuergelder hinterherzuschmeissen?
Edutainment, richtig gut gemacht. Ich habe gerade bei Sandra einen exzellenten kleinen Film gesehen, der sehr gut erklärt, wie unser westlicher Lebensstil funktioniert und warum er letztlich zum Scheitern verurteilt ist:
The Story of Stuff
Sicher, aufgeklärten Zeitgenossen wird hier nichts Neues erzählt, aber in den USA ist der Konsumwahn ja noch wesentlich intensiver als in Europa, obwohl man auch hier manchmal schreiend davonlaufen möchte. Der kleine Film ist Sesamstrasse für Erwachsene. Genau auf den Punkt.
Passt übrigens auch gerade hervorragend zu der verlogenen Debatte über die Schließung von Nokia in Bochum.
Und es erinnert mich daran, was mir Milan damals gesagt hat, als wir 15 oder 16 waren und über Sinn Unsinn verschiedener Formen politischen Widerstands diskutierten: “Alles Blödsinn. Damit erreichstst Du gar nichts. Es gibt nur eine Art Widerstand, die dem Staat wirklich wehtut: Extreme Konsumverweigerung. Damit stelltst Du das ganze System in Frage.”
Das stellt sich mir die Frage: Ist Konsumverweigerung Terrorismus?
Heute mal ein paar Gedanken zum Business. Der Grund, weshalb viele Internetfirmen so utopisch hoch bewertet sind, ist in der Theorie der Netzwerkeffekte zu finden. Eines der bekanntesten ist Metcalfe’s Law. Es besagt, daß der Nutzen eines Kommunikationsnetzes im Quadrat mit der Anzahl der Teilnehmer wächst.
Als Beispiel dient regelmäßig das Telefonnetz. Wenn nur 3 Leute ein Telefon haben, nutzt das dem Einzelnen fast nichts. Mit jedem neuen potentiellen Gesprächspartner wird das Netz hingegen wichtiger. Mit Hilfe dieses Gesetzes lassen sich so schöne exponentielle Kurven aufmalen, die sich in Businessplänen immer so toll machen. (“Heute und in zwei Jahren verdienen wir leider noch nichts, aber in 5 Jahren werden wir die Welt beherrschen”)
Andreas Göldi hat in seinem Blog “Beobachtungen zur Medienkonvergenz” einen sehr schönen Artikel geschrieben, der verdeutlicht, warum diese Theorie in der Praxis leider(?) nicht so recht funktioniert: Netzwerkeffekte und der Unfug, den man damit anstellen kann.
Mit gesundem Menschenverstand kommt man auch relativ schnell auf den Haken an der Sache: Zwar stimmt die Theorie bei wenigen Teilnehmern, sie wird aber überlagert von der Theorie des abnehmenden Grenznutzens. Der Grenznutzen beantwortet die Frage, wie viel zusätzlichen Nutzen eine weitere Einheit eines Gutes (in diesem Fall potentielle Kommunikationspartner) stiften würde.
Ein Beispiel: Einem Menschen, der auf dem Land wohnt, bringt es einen erheblichen Nutzengewinn, wenn er sich ein Auto anschafft. Wenn er aber schon fünf auf dem Hof stehen hat, bringt der sechste Wagen keinen zusätzlichen Nutzen mehr.
Wenn wir das auf die angesagten “social networks” wie Facebook übertragen, bedeutet das ungefähr: Mir ist es völlig schnuppe, ob Millionen amerikanischer Teenager oder junger Erwachsener bei Facebook sind. Und wenn nochmal 20 Millionen in Europa dazukommen ebenso. Das bringt mir keine Vorteile. Mir ist es wesentlich wichtiger, z.B. im Netzwerk der ehemaligen I-D Media Mitarbeiter zu sein, obwohl das weniger als 200 Nutzer sind. Da kann man nicht “knuffeln” und “poken” – es ist schlicht und einfach eine vergleichsweis uncoole Mailingliste.
Was lehrt uns das?
Ich glaube nicht an Monstergroße “social networks”. Zumal ja nicht Facebook das Netzwerk ist, wie es scheinbar viele annehmen, sondern die Beziehungen der Teilnehmer untereinander. Ich glaube stattdessen daran, daß ein Mensch in viele kleine soziale Netzwerke eingebunden ist, die sich zum Teil überschneiden. Und nur ein geringer Anteil der Interaktion spielt sich in elektronischen Netzwerken ab. Und ich glaube daran, daß das im Grundsatz auch so bleibt. Darum finde ich den Ansatz, so etwas wie twitter zu dezentralisieren vielversprechend. Ein extrem einfaches Tool für überall, das nur meine 5 Freunde und 30 Bekannten etwas angeht. Das einzige, was fehlt, ist die “convenience”, der big player. Da könnte man mal drüber nachdenken.
Eigentum bedeutet Verfügungsgewalt über etwas. Bei physischen Gütern leuchtet dieses Prinzip ein. Mein Auto möchte ich selber fahren, ich will keine fremden Leute in meiner Wohnung haben und meine Unterwäsche teile ich auch nicht mit andern.
Das Prinzip des Eigentums stellt sicher, daß ich über die von mir erarbeiteten Güter verfügen kann.
Anders ist das mit Ideen. Wenn ich eine Idee habe und jemand anderes nutzt diese, dann steht sie mir trotzdem weiterhin zur Verfügung. Es wird mir also nichts “weggenommen”. Dazu kommen zwei intressante Beobachtungen: Wenn zwei Leute dieselbe Idee umsetzen, kommen dennoch meist unterschiedliche Dinge dabei heraus. Zudem sind Ideen fast niemals einzigartig. Das wissen übrigens auch die Leute, die große Mengen Geld in Ideen investieren: Venture Capitalists.
Andreas Göldi schreibt in dem Posting “Ein paar Dinge, die man über Venture Capital wissen sollte“, daß VC niemals ein NDA (Non Disclosure Agreement) unterzeichnen.
“Auch wenn Jungunternehmer es oft nicht glauben wollen: Ideen sind praktisch nie einzigartig. Oft treten ähnliche Ideen in einem bestimmten Zeitraum gehäuft auf, weil viele schlaue Leute ähnliche Gedankengänge hatten.“
Wenn sie also ein NDA unterzeichnen würden, könnten sie nicht in ein Investment einsteigen, wenn sie etwas ähnliches zuvor bereits abgelehnt haben. Sie werden sich aber nicht derartig in ihrer Arbeit behindern lassen.
Der Sinn des sogenannten “geistigen Eigentums” besteht darin, andere zu behindern. Sein Zweck ist also Markbehinderung und Monopolbildung.
Nur daß keine Missverständnisse aufkommen: Direkte Plagiate halte ich auch für verwerflich.
Ich kann es kaum fassen, daß Menschen, die sich selbst als “Qualitätsjournalisten” sehen, in vollen Ernst im Jahre des Herrn 2008 immer noch eine so überflüssige wie dumme Diskussion über “wir tollen etablierten Journalisten vs. die niveaulosen Blogger” leisten. Noch besser kann man sich selber kaum als inkompetent im Bereich Medien disqualifizieren. Darüber sollte man einfach nur den Mantel des Schweigens ausbreiten.
Die Podiumsdiskussion des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) lieferte jedoch dem geschätzten Herrn Niggemeier den Anlaß zu einem gelungenen Artikel mit dem Titel “Von den Regeln in die Traufe” aus dem ich eine kurze, aber prägnante Aussage zitieren möchte:
“Denn der Deutsche Presserat ist kein Gremium, das für die Einhaltung journalistischer Mindeststandards sorgt. Der Deutsche Presserat ist ein Gremium, das dazu dient, den Eindruck zu erwecken, es gäbe ein Gremium, das für die Einhaltung journalistischer Mindeststandards sorgt.”
(Ich bewerte die Medienaufsicht für die Rundefunkanstalten im Übrigen ähnlich – aber das nur mal so nebenbei.)
Es folgt ein durchaus lesenswerter Artikel über Qualität und Kompetenz. Die journalistische Sorgfalt, die man von etablierten Medien erwarten sollte, ist offensichtlich alles andere als selbstverständlich. Das wird allerdings keinen Bürger, der einmal offenen Auges das Zeitschriftenangebot in Deutschland überflogen hat oder der schon einmal Radio oder Fernsehen genutzt hat, überraschen.
Insofern ist es absolut begrüssenswert, daß es jetzt für jeden Bürger eine einfache Möglichkeit gibt, seine subjektive Sicht der Dinge zu publizieren. Viel mehr machen die “alten Medien” ja leider auch meist nicht. Vielleicht interessiert sich jemand dafür, was man schreibt, vielleicht auch nicht. Für den Einen sind wirtschaftliche Themen wichtig, für andere vielleicht Artikel über Katzen. Ob ein Artikel relevant ist, hängt schließlich in erster Linie von den Präferenzen des Betrachters ab. Manche Themen sind besser von “professionellen” Journalisten zu übermitteln, insbesondere wenn die Recherche mit hohem Aufwand verbunden ist. Bei anderen ist die Lektüre von fachspezifischen Blogs sinnvoller, weil die Amateure nicht den finanziellen und redaktionellen Beschränkungen der hauptberuflichen Journalisten unterliegen.
Ich nennen das Internet schon seit über 10 Jahren manchmal scherzhaft “Die allwissende Müllhalde”. Mindestens 90% der Inhalte sind Schrott. Aber seien wir ehrlich: 90% von allem ist Schrott. So ist das Leben.
Was will ich eigentlich sagen?
Journalisten, Blogger, Landsleute: Macht einfach Eure Arbeit gut, lasst den Schrott links liegen und entspannt Euch mal ein bischen. Echt!
Mit den üblichen 15 Monaten Verspätung scheint nun auch in Deutschland die Diskussion um die Netzneutralität loszugehen. Ich frage mich (wie schon häufiger), was in den Köpfen der Verantwortlichen im Bitkom so vor sich geht. Gestern war u.a. bei Heise zu lesen:
“Bitkom hält Trennung von Netz und Diensten für Investitionsbremse“.
Seltsam, ich halte offene Netze für eine Grundvoraussetzung für funktionierende Märkte. Wenn aber die Netzbetreiber alle Fäden in der Hand behalten wollen und dann auch noch die auf den Netzen basierenden Dienste selber anbieten wollen, ist systematische Marktbehinderung vorprogrammiert. In leichteren Fällen führt das ‘nur’ zur Gängelung und Abschöpfung von Kunden, in schwereren Fällen dazu, daß sich Märkte gar nicht erst entwickeln können. Schauen wir doch einmal eine winzige Auswahl von Netzen und ihren (Miss)Erfolge an:
Verkehr
Das offene Netz hat gesiegt: 85% Individualverkehr auf der Strasse gegen 15% Öffentlicher Personenverkehr.
Strommarkt
Marktversagen durch Oglipol von 4 Konzernen, denen Kraftwerke und das Netz gehört. Zugang von neuen Anbietern findet nur im gesetzlich erzwungenen Umfang statt (Erneuerbare Energien Gesetz) und wird torpediert wo es nur geht. Verbraucher zahlen viel, Modernisierung und Investitionen sind minimiert.
Telekommunikation
Das offene Internet hat in Rekordtempo alle geschlossenen Netze (BTX, AOL, Compuserve,…) hinweggefegt. Die Finanzierung des Netzausbaus war offensichlich auch kein Problem. Im Gegensatz dazu entwickelt sich die mobile Datenkommunikation in den (halb geschlossenen) Mobilfunknetzen nicht so, wie von den Betreibern gewünscht. Weshalb wohl?
Nun stellt sich die Frage, wie der Bitkom wohl zu solch einer zweifelhaften Aussage kommt. Einleuchtende Erklärungen wären nach meiner Meinung z.B.:
- “Die haben doch eh alle keinen Schimmer”, oder
- der neue Praktikant hat die Presseerklärung geschrieben, oder
- der Chef hat zwar auch keine Ahnung aber findet Kontrolle und Begriffe wie “horizontale Synergieeffekte” irgendwie dufte, oder
- einer der wichtigsten Geldgeber des Bitkom möchte seinen Forderungen durch die scheinbar neutrale Sichtweise eines Branchenverbandes mehr politisches Gewicht verleihen.
Der letzte Punkt ist natürlich der Unwahrscheinlichste. Welches seriöse Unternehmen würde so etwas denn machen? Zudem – was verstehe ich kleines Licht schon davon…
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