Gestern abend habe ich “Inglorious Basterds” gesehen. Großes Kino! Zunächst mal ganz wörtlich, weil ich es in dem tollen Kino International gesehen habe. Zum Einen weil dort die Originalfassung gezeigt wurde und zum Anderen, weil ich dieses Kino wirklich toll finde.
Der wirklich recht große Saal war tasächlich sehr gut gefüllt. Und das Publikum applaudierte zum Schluß nach dem großen Gemetzel.
Bis dahin erlebt man 160 Minuten richtig guter Unterhaltung. Natürlich hat ein Film von Tarantino so seine brutalen Szenen – erst recht wenn der Film im Krieg spielt. Todesursachen sind u.a erschiessen, erstechen, erwürgen, erschlagen und verbrennen. Aber das ist eigentlich nur Nebensache. Die richtig fiesen Stellen sind die ruhigen und stillen. Wie bedrohlich kann es wirken, wenn Christoph Waltz freundlich um ein Glas Milch bittet. Dessen Darstellung ist sowieso absolut herausragend. Überhaupt wirkt das Geschehen ofmals eher wie ein Kammerspiel. Was wirklich zählt sind die Dialoge. Und genau deshalb sollte man sich diesen Film unbedingt unsynchronisiert ansehen. Weite Stellen sind in Deutsch (aufgrund der vielen deutschen Schauspieler natürlich authentisch), aber auch in Englisch, Französisch und (etwas) Italienisch kommt vor. Faszinierend fand ich, daß sich der Film im Großen einen Dreck um Authentizität schert und einfach mal die Geschichte radikal umschreibt, aber dafür in den Details geradezu verblüffend glaubwürdig ist.
Wie gesagt: Großes Kino!
Medienfirmen klagen und kämpfen verzweifelt gegen die “Kostenloskultur”, gegen “geistigen Diebstahl” und ähnlich abstruse Entwicklungen. Ich bezweifele, daß Sie mit dieser Einstellung eine Zukunft haben werden, weil sie die wahre Ursachen für die dramatischen Umsatzeinbrüche nicht verstehen. Das ist nicht etwa eine “sorglose”, “kriminelle” oder “asoziale” Haltung ihrer bisherigen Kunden, sondern schlichtweg das Resultat eines extrem verschärften Wettbewerbs, den das Internet möglich gemacht hat.
Die neuen ökonomischen Rahmenbedingen senken die Distributions und Erstellungskosten auf einen Betrag nahe Null. Dazu kommt, daß die Kunden nun auch offensichtlich den Wert der digitalen Güter ähnlich einschätzen und kaum bereit sind, für Nachrichten, Musik oder Software zu bezahlen. Diesen Mechanismus kennt eigentlich jeder Mensch, der nicht gerade im Kommunismus lebt – er nennt sich Markt.
Es schmerzt natürlich jeden, wenn plötzlich die eigene Arbeit, die einen bisher gut ernährt hat plötzlich auf dem Markt nicht mehr absetzbar ist. Bloß, weshalb sollte für Medienunternehmen nicht gelten, was für Bergleute oder Fabrikarbeiter in den letzten Jahrzehnten gegolten hat?
Eines ist mir in den letzten Wochen am Beispiel Musik klargeworden: Es ist nicht nur der Marktpreis gesunken, sondern auch die Bedeutung für den Konsumenten.
Auf Arte lief der “Summer of the 80s”. Es wurden an mehreren Abenden wirklich grossartige Musiker gezeigt und interessante Hintergrundinfos geliefert. Rock war zu Begin wild und spannend, bis die Musikindustrie die große Vermarktung übernommen hat. Dann kam Punk. Danach die New Wave und Elektronikszene der späten 70er und fürhen 80er, selbst die Neue Deutsche Welle war erfrischend anders und interessant, bis die Major Companies das Pferd innerhalb von einem Jahr totritten, die Zuhörer mit Banalitäten beleidigten und eine ganze musikalische Bewegung Lächerlich machten. Bei mir verfestigt sich der Eindruck, daß immer dann interessante neue Musik entsteht, wenn die Plattenindustrie aussen vor ist.
Zudem – Musik hat keinen monetären Wert.
Johnny Häusler schrieb neulich, er hätte noch nie für Musik bezahlt – und damit recht. Er hat für Tonträger bezahlt oder für die Möglichkeit, Musik live zu erleben. Man bezahlt also für das Gefühl, bzw. das Zugänglichmachen.
Zum Thema Gefühl: Als ich mir die ganzen Sachen aus den 70er und 80er wieder anhörte (und damit meine ich nicht Mainstram Müll wie Phil Collins oder so) dann erscheint mir sehr viel Musik von damals immer noch interessant und frisch. Auf jeden Fall war sie damals neu und relevant, weil sie wichtige gesellschaftliche Veränderungen aufnahm (Punk, Ska, Elektronik,…) und reflektierte. Das alles kam in völlig neuen Stilrichtungen, mit vorher ungehörten Sounds und Beats.
Das alles sehe ich spätestens seit den 90er Jahren eigentlich nicht mehr. Es gab sicherlich hier und da noch den Einen oder Anderen guten Song, aber irgendwie ist die Relevanz verloren gegangen. Warum denke ich so? Weil ich mit 41 Jahren ein alter Sack bin?
Damals war Musik politisch. Sie hatte eine Aussage. Die richtige Musik zu hören gehörte zum eigenen Lifestyle dazu. Man definierte sich darüber. Ich erinnere mich an das Entsetzen unserer durchaus noch recht jungen, grün-alternativen Klassenlehrerein, als wir auf einer Klassenfahrt so richtig nach “Der Mussolini” von DAF abgingen. Sie dachte wohl, wir wären alle zu Nazi-Zombies mutiert. Sorry Barbara, Du hast das damals einfach nicht kapiert. Das war unsere Abgrenzung gegenüber den ganzen Müslis, wie wir die Grünen damals nannten.
Musik hatte einmal einen hohen Stellenwert – heute ist es eigentlich nur noch ein ständiges Hintergrundgeräusch. Muzak – Fahrstuhlmusik, die Ohren und Gehirne verklebt.
Zudem hörte man Musik auch anders. Bewusster und konzentrierter. Musik war noch nicht überall. Man musste sich kümmern, um überhaupt interessante Sachen zu entdecken. Dann konnte man die spannenden Platten auch längst nicht einfach überall kaufen. Und wenn man das gute Stück dann endlich ergattert hatte, kam das Ritual des Schallplattenauflegens. Mit dem Kopfhörer vor der Stereoanlage sitzen und beim Hören das (große) Cover betrachten oder sogar Songtexte mitlesen. Das ist etwas gänzlich anderes, als 10.000 Songs auf dem iPod mit sich rumzutragen.
Andererseits ist natürlich auch nicht alles schlecht: Ich mag iTunes. Den einen Euro pro Song bezahle ich übrigens auch nicht für die Musik an sich, sondern für den Komfort. Allerdings frage ich mich schon, was es eigentlich über mich aussagt, wenn ich mir hintereinander die folgenden vier Stücke bei iTunes gekauft habe?
– Yello – bostich
– The Normal – warm leatherette
– Peaches – Talk to me
– Jürgen Marcus – Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben
Aber das steht dann wieder auf einem ganz anderen Blatt.
Gerade gelesen und Tränen gelacht: “Wenn Unternehmen twittern“. Irgendwie erscheint das Ganze ziemlich glaubwürdig…
Damals, als die Dotcom-Blase platzte – es war im Jahr 2001 – schickte mich mein damaliger Arbeitgeber nach Hamburg um zu prüfen, ob wir aus dem Nachlass eines eingestellten Projektes günstig Hard- oder Software für einen unserer Kunden übernehmen könnten. Das Projekt war ein E-Commerce- und Newsportal für Frauen namens Sheego – einem Gemeinschaftsunternehmen von Otto und dem Axel-Springer Verlag.
Der Termin war sehr interessant. Einerseits weil Sheego damals die beste und teuerste Technik genutzt hat und andererseits, weil das Projekt gerade zu dem Zeitpunkt beendet wurde, als es anfing zu laufen, wie ich gerüchteweise hörte. Das war damals eben eine Richtungsentscheidung, die zum Zeitgeist passte.
Umso erstaunter war ich neulich, als ich im Foyer von Otto im Vorbeigehen ein Druckerzeugnis mit dem Titel Sheego in einer Glasvitrine entdeckte. Und tatsächlich ist sheego mit etwas geändertem Konzept seit Anfang 2009 wieder in Betrieb. Es gibt keinen redaktionellen Teil mehr, sondern “nur noch” eine E-Commerce Site von der Schwab Versand GmbH, die zufälligerweise auch zur Otto Group gehört. Soweit ich das beurteilen kann, ist das ein vorsichtiger Versuch zur Neupositionierung von Schwab.
Das ist zwar keine große Nachricht, aber ich bin immer wieder fasziniert, wie unauffällig und langfristig zielgerichtet die Internetstrategie von Otto ist.
Die ständigen Verschärfungen des Immaterialgüterrechts sollen ja bekanntlich den armen Künstlern Ihre Brötchen sichern. Da kann man ja einfach nicht dagegen sein, oder?
Seltsam nur, daß immer mehr Künstler dagegen rebellieren. Bisher sind vor allem einige bekanntere aus dem Vetragskorsett mit ihren bisherigen Plattenfirmen ausgestiegen. Aber dabei bleibt es nicht. “80.000 Kreative proben den Aufstand” gegen die GEMA, wie der Spiegel berichtet. Ein hervorragender Beitrag, der deutlich macht, weshalb die Einführung der sogenannten “Kulturflatrate” ein ganz gruseliger Vorschlag ist. Gut gemeint wird so nur ein noch viel größeres bürokratisches, teures und mutmaßlich ineffizientes und ungerechtes Monstrum erzeugt. Bloß nicht!
Warum das Urheberrecht in seiner jetzigen Form überholt ist und warum das vielleicht gar nicht mal so schlecht ist, kann man auch in dem Artikel “Die Ideen der anderen” auf Tagesspiegel nachlesen.
Gestern habe ich etwas getan, was ich schon über ein Jahr nicht mehr gemacht hatte: Ich ging ins Kino. Es gab “State of play – Stand der Dinge”. In der ersten Szene wurde Russel Crowe als zotteliges Reporter-Urgestein eingeführt wurde. Mein erster Gedanke war “Mein Gott – was ist bloß seit Gladiator passiert?” und dann “Sieht ziemlich nach dem ‘Dude’ Lebowski aus”. Aber es spielen ja auch noch andere Leute mit. ;-)
Der Film ist ein klassischer Politthriller über die die Verstrickung von Politik mit dem Militärisch-Industriellen Komplex incl. einem kleinen Seitenhieb auf den Niedergang der Tageszeitung. Über die Story sag ich mal weiter nix – das kann man z.B. bei Kino.de nachlesen.
Der Film ist gut gemacht. Diese selbstkritische Reflexion über die Schieflagen der eigenen Gesellschaft können die Amis einfach immer noch am Besten. Ist zwar in den letzten Jahren leider recht selten, aber immerhin. Was mir dann irgendwie doch ein bischen quer ging ist, daß die unheimlichen gigantischen Bösewichter zwar tatsächlich die unheimlichen gigantischen Bösewichter sind – aber mit der Sache letztlich doch nichts zu tun haben und daß aus lauter Sentimentalität die große Story zum Schluß in der Druckversion noch vor der Internetausgabe erschien. Naja…
Trotzdem: guter Film.
Vor ‘ner Stunde hat Mario Sixtus getwittert:
“Kosmische Gerechtigkeit: So wie die #Sozen die Zukunft ignorieren, wird die Zukunft die Sozen ignorieren. #spd #bpt09 #zensursula“
Hintergrund: Der “Initiativantrag gegen Internet-Sperren” von wurde heute vom SPD-Parteivorstand diskutiert und in der ursprünglich Form abgelehnt. (Siehe “+++ EIL +++ Beschluss des SPD-Parteivorstandes zum “Zensursula”-Gesetz” auf Netzpolitik).
Ich denke Sixtus hat recht. Mehr als 15% traue ich der Partei langfristig nicht mehr zu. Neben dem Verschwinden des ursprünglichen gesellschaftlichen Millieus, aus dem sich die Stammwähler rekrutierten, ist nämlich genau sowas der Grund, warum sich nach und nach alle von der SPD abwenden.
Manche behaupten, die Partei hätte kein Profil mehr. Ich befürchte, sie liegen damit falsch. Die SPD hat nämlich sehr wohl ein Profil. In meinen Augen steht die Partei für folgendes:
- Seit 20 Jahren unfähig, eine eigene Zukunftsvision zu entwickeln.
- Unwillig, gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche Veränderungen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und die Chancen darin zu erkennen.
- Drittklassiges Personal.
- Sozialabbau (Kontinuierlich seit Schröder)
- Abbau der Bürgerrechte und mangelnde Akzeptanz des Grundgesetzes(Kontinuierlich seit Schröder)
- Lässt sich von den Konservativen und Lobbygruppen wie ein Tanzbär an der Nase herumführen
- Egal was vorher gesagt wird: Wenn es ernst wird, kippt die Parteispitze immer um
- Die Parteispitze gibt einen Dreck auf die Meinung der Parteibasis
Natürlich gilt das obengesagte genauso für die CDU/CSU. Tatsächlich fahren die ja auch keine Glanzergebnisse mehr ein (siehe “Europawahlen 2009: Bundesergebnis“). Ich denke, daß die SPD der CDU in der (zurück)entwicklung einfach nur ein Jahre voraus ist.
Wenn ich solche Sätze wie neulich nach der Europawahl höre, daß es “der Partei nicht gelungen sei, die eigenen Wähler zu mobilisieren“, dann ist für mich völlig klar, daß der Untergang auf ein völlig verzerrtes Weltbild zurückzuführen ist.
Was heisst denn bitte ‘ihre Wähler’? Das hört sich ja so an, als hätten sie irgendein Gewohnheitsrecht auf sounsoviele Prozent der Wählerstimmen. Wähler müssen aber jedes Mal wieder neu davon überzeugt werden, daß man es Wert ist, gewählt zu werden – und zwar jeder einzelne. Die bittere Wahrheit ist aber, daß die SPD mittlerweile nicht mehr als 21% der Wähler davon überzeugen kann. Insofern hat die SPD ihre Wähler sehr wohl mobilisiert – mehr Wähler hat sie einfach nicht mehr. Denn das Ergebnis ist ja beileibe kein Ausrutscher gewesen, sondern folgt einem langen Trend. Wenn in ein paar Jahren die Stammwähler der CDU weggestorben sein werden, können die sich jedenfalls auch schonmal auf 25% und darunter einrichten. Ich freue mich schon auf den Tag, wo es nicht einmal mehr rechnerisch zu einer “großen Koalition” reicht. Bis dahin werden wir noch viel Spass haben.
Gute Nacht!
P.S.: Mein Hintergrund: Ich bin in einer Famile aufgewachsen, in der es einen “CDU”-Flügel und einen “SPD”-Flügel gab. Zu der Partei von Willy Brandt und Helmut Schmidt fühlte ich mich in meiner Jugend durchaus hingezogen. Aber das ist alles lange her…
Der Erfolg des Internets stellt ja bekanntlich die gesammte Medienindustrie auf den Kopf. Der Strukturwandel hat vor ungefähr 10 Jahren begonnen und in den letzten Jahren so richtig an Fahrt gewonnen. Verlierer sind im Prinzip alle bisher dominierenden Medienformate. Zuerst hat es die Musikindustrie erwischt und aktuell geraten die Zeitungsverlage in ernsthafte Schwierigkeiten. Danach wird es vermutlich für Fernsehsender und ggf sogar Buchverlage eng.
Diesen Niedergang haben alle Versuche der Contentindustrie, ihre potentielle Kunden zu kriminalisieren nicht aufhalten können. Dafür gibt es gute Gründe. Denn die Triebfeder des Wandels ist nicht die Niedertracht des Konsumenten oder genereller kultureller Niedergang, wie sich einige Kommentatoren nicht entblöden zu behaupten.
Die wahre Ursache sind ökonomische Verschiebungen, die im Wesentlichen aus den nahezu bei Null liegenden Transaktionskosten im Internet basieren. Wenn immer weniger Menschen Tonträger kaufen und stattdessen die Musik lieber im Netz saugen hat das wenig bis gar nicht mit “Kommunistischer Einstellung” zu tun, sondern ist das erzkapitalistische Prinzip, Kosten für Einkauf zu minimieren. Brutal für die Betroffenen, aber wahr. Die Erkenntnis spiegelt sich zwar in der öffentlich geführten Debatte kaum wieder, ist aber bei den kompetenteren Managern mittlerweile angekommen. Alleine, was tun mit der Erkenntnis? Wie lässt sich denn nun in der Zukunft mit Nachrichten Geld verdienen?
Interessanterweise habe ich auf Netzwertig.com gleich zwei Artikel gefunden, die sich mit der Frage beschäftigen, und die scheinbar zu zwei genau entgegengesetzten Ergebnissen kommen. In “Warum Bezahlinhalte nicht funktionieren” erklärt Marcel Weiss, weshalb es geradezu Selbstmord für ein Nachrichtenportal wäre, wenn sie Ihre Inhalte nur für zahlungswillige Kunden zugänglich machen würden. In der Internetökonomie, in der es vor allem darum geht möglichst viel Aufmerksamkeit zu akkumulieren, ist es geradezu dämlich, potentielle Interessenten auszuschließen. Damit beschneidet man nur die eigene Relevanz.
Nur fünf Tage später kommt Andreas Göldi in seinem Artikel “Was werden die Newsmedien der Zukunft kosten?” aber auf der Grundlage seiner Betrachtung von Kosten und Preisbildung zu dem gegenteiligen Ergebnis:
“Die aktuelle Situation in der Medienbranche ist eine Anomalie, die nicht langfristig aufrechtzuerhalten ist. […] Ja, die Preise für Informationen werden sehr viel geringer sein als in der Vergangenheit. Aber ab einem gewissen Punkt werden wir uns daran gewöhnen müssen, für hochwertige News wieder zu bezahlen.“
Ich denke, daß beide Artikel stimmen. Die Zeiten der Quersubventionierung von Onlineangeboten durch Druckerzeugnisse werden sicherlich bald der Vergangenheit angehören. Genauso ist klar, daß es auch weiterhin eine Nachfrage nach hochwertigen Nachrichten jenseits von DPA-Recycling geben wird. Nur ist für mich noch nicht ganz ausgemacht, wer letztlich für die Kosten der Nachrichtenbeschaffung aufkommen wird: der Kunde oder der Werbetreibende.
Bei Printerzeugnissen galt ja die Fausregel, daß der Verkaufspreis die Kosten für Druck und Vertrieb deckt. Kosten für Inhalt und Gewinnmarge wurden durch Werbung finanziert. Die hohen Kosten für Druck und Vertrieb entfallen bei Onlinemedien und werden durch die vergleichsweise vernachlässigbaren Hostingkosten ersetzt. Damit ist also der Verkaufspreis obsolet. Letztlich geht es also darum, die Einnahmen durch Werbung so hoch zu setzen, daß sie wie bisher die Kosten für Inhalt und den Gewinn decken.
Ich gehe davon aus, daß das langfristig auch gelingt – aber nur einigen wenigen großen Verlagen. Daneben wird es (wie auch schon jetzt) sicherlich viele kleine Special Interest Publikationen geben und massenweise Hobbypublikationen, die nicht notwendigerweise schlecht sein werden. Und auch in zukünftigen Medien wird höchstwahrscheinlich – wie jetzt im Zeitschriftenmarkt – das 80/15/5-Prinzip gelten: 80% Müll, 15% ganz okay, 5% richtig gut.
Letzte Woche ging die Bildröhre in meiner Glotze kaputt. So’n Mist – das gute Stück war doch fast brandneu. Hatte erst knapp neun Jahre auf dem Buckel. Also was nun? Der naheliegende Gedanke ist natürlich, sich ein neues Gerät anzuschaffen, was ich – um das Fazit vorwegzunehmen – nach tagelangem hin- und her auch getan habe. Aber die Entscheidung fiel mir nicht so leicht. Fünf gute Gründe sprachen gegen die Anschaffung:
1.) Ich brauche keine Glotze.
Immerhin hatte ich ja die ersten 12 Jahre in Berlin auch keine. Stimmt zwar, aber andererseits ziehe ich auch nicht mehr wie damals laufend um die Häuser. Ab und an mal ein Filmchen oder ‘ne bekloppte Krimiserie mit meiner Mitbewohnerin bei ‘nem Tässchen Tee anzugucken ist ja nicht verkehrt.
2.) Tolle Technik hilft nicht gegen ödes Programm
“57 channels and nothing on” hat olle Bruce Springsteen ja schon vor Jahren gesungen. Hat sich nix dran geändert. Da hilft auch kein riesen Flachbild-TV mit Dolby-Surround.
3. PAL auf LCD ist gruselig
Seit einiger Zeit gibt ja keine Röhrengeräte mehr zu kaufen. Die Bilder auf den Flachdisplays sehen im Laden ja auch immer super aus – bis man den Verkäufer bittet, einmal auf ein normales, analoges TV-Signal umzuschalten. Klar – die PAL Auflösung ist geringer, aber was da bis vor kurzem angeboten wurde ist meiner Meinung nach Sehnervzersetzend. Indiskutabel! Mittlerweile sind aber auch Geräte erhältlich, die die hochskalierten Bilder einigermaßen erträglich weichrechnen können.
4.) Nerviges Normenchaos.
Früher war bekanntlich alles besser. Naja, zumindest übersichtlicher. Man steckte den Fernseher in die Steckdose und das Koaxkabel in die Antennenbuchse – fertig. Gucke ich mir jetzt die ganzen Flachbildfernseher an, habe ich schon keinen Bock mehr micht mit dem ganzen Technikkram auseinanderzusetzen: HD-Ready, Full HD, USB, HDMI (in verschiedenen Versionen), DVB-T, DVB-C oder auch nicht… Das ist ja mittlerweile genau so eine Zumutung, wie ‘nen Computer zu kaufen. Was mich gleich zum nächsten und wichtigsten Punkt bringt:
5.) TV ist so 20. Jahrhundert…
Bei meinem Besuch in Kalifornien wurde mir mal wieder so richtig vor Augen geführt, daß wir in Deutschland in der mentalen Rezeption der technischen Neuerungen den Amis noch immer um einige Jahre hinterherhinken. Und damit meine ich gar nicht mal die geistigen Dinosaurier aus Politik, Tonträger- und Zeitungsindustrie. Bei denen ist eh Hopfen und Malz verloren. Sondern ich meine mich selbst damit und eigentlich bin ich ja technisch durchaus interessiert. Was war passiert?
Ich habe ja privat bei Freunden in Alameda gewohnt und daher so richtig Alltag mitbekommen. In ihrer ganzen Wohnung ist kein Fernseher mehr zu finden, dafür aber mehrer Computer. Und wenn man abends mal irgendeine Serie sehen möchte (und Claudi ist schon etwas serienvernarrt), wird dazu der “große” Rechner im Wohnzimmer dazu genutzt. Mit dem Browser wird einfach www.hulu.com aufgerufen, ausgewählt, was man sehen möchte und dann läuft das im Vollbildmodus.
Von Hulu hatte ich schon vorher gehört, aber ich konnte es ja in Deutschland leider nicht ausprobieren, weil deutsche IP Adressen vom Anbieter geblockt werden. Von etwas schon einmal gehört zu haben und es selber auszuprobieren sind aber zwei Paar Schuhe. An Hulu haben mich zwei Dinge fasziniert: Daß es einfach funktioniert und daß es einfach funktioniert. Kein blödsinniges Programmschema mehr. Die letzte Folge einer Serie verpasst? Einfach Auswählen, was man sehen möchte wann man es sehen möchte – fertig. Übrigens ist das werbefinanziert, wie Privatfernsehen. Wenn sich sowas erst in Deutschland durchsetzt, dann gute Nacht für das traditionelle Fernsehen.
TV ist tot, Video on demand kommt!
Da bei uns in Deutschland aber bekanntlich die Mühlen langsam mahlen, wird das wohl noch etwas dauern. Und um die Zeit bis dahin zu überbrücken, habe ich mir halt doch noch mal ‘ne Glotze zugelegt. Aber ein günstiges Basismodell. Groß investieren will ich in TV nicht mehr.
Ist das geil: Ich will auch so’n Widget auf meiner Seite haben:
Ursula von der Leyen-Fanclub
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