Seit einiger Zeit ist künstliche Intelligenz ein allgegenwärtiges Thema. Ich bin da selber stets skeptisch gewesen. Jahrzenhntelang was das Thema eher ein fahler Witz. Zudem – wie soll ich an künstliche Intelligenz glauben, wenn ich schon kaum an natürliche Intelligenz glaube? (siehe: Zustand der Welt)
Zynismus beiseite – letztlich ist KI nur “Statistik auf Speed”. Die Grundlagen sind mathematisch verblüffend banal. Das sollte jeder verstehen können, der sich durch das Abitur geboxt hat. Von neuronalen Netzen war auch bereits zu meiner Schulzeit in den 80ern die Rede. Der Grund, weshalb das Thema jetzt so abhebt, ist die Verfügbarkeit von früher unvorstellbarer Rechnpower und digitalen Datenbergen.
Man muss zugeben, dass das Feld gerade explodiert. Texte, Bilder und Videos werden nach allen Regeln der Kunst und Manipulation zurechtgelogen und -gebogen. Selbstfahrende Autos haben (in den USA) bereits Fähigkeiten, die sie durch normale Programmierung in den nächsten 50 Jahren nicht erreicht hätten. KI wird uns in den nächsten Jahren überrollen, wie es die Computer in den 80er und 90er Jahren gemacht haben. Millionen von Arbeitnehmern werden ihre Jobs verlieren – und zwar diesmal die hochqualifizierten Angestellten. Höchste Zeit also, sich das Ganze etwas näher anzusehen.
Erste Schritte zwischen “Wow” und “Was zum Geier…”???
Bisher habe ich nur hier und da etwas Theorie gelesen, aber selbst noch nichts aktiv genutzt. Aus gegebenem Anlass beschäftige ich mich jetzt selber mit diesem Thema. Mein Ziel war es, eine Serie von Bildern inhaltlich analysieren zu lassen, und die Erkenntnisse zu verschlagworten. Dabei sollten nicht nur Objekte in den Bildern erkannt werden, sondern auch bestimmte Situationen, dmit daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können.
Noch vor fünf Jahren hätte ich abgewunken und “unmöglich” gesagt. Nun stehen mir etliche Werkzeuge aus der Microsoft Azure Cloud und GPT4 zur Verfügung. Die Anwendung ist nicht schwer zu programmieren, weil die eigentlich anspruchsvolle Arbeit ja von den Cloudservern erledigt wird.
Ich musste nur dafür sorgen, dass die Bilder nacheinander zur KI hochgeladen werden, die Antwort entgegennehmen und verarbeiten. Ach ja, und der “Prompt” muss natürlich sinnvoll sein. Damit sagt man der KI, was sie machen soll – und zwar in natürlicher Sprache.
Erster Eindruck: Die Objekterkennung ist ziemlich gut. Man bekommt eine Liste von Dingen, die die KI auf dem Foto erkannt zu haben glaubt, zusammen mit einem “Confidence” Wert. Ein Eintrag wie “Hardhat (confidence: 0.93)” bedeutet sinngemäß: “Ich bin mir zu 93% sicher, dass dort ein Bauarbeiterhelm ist”. In diesem Fall war es zwar ein roter Ball unter einem Schreibtisch – aber da der Kontext “Baustelle” war, ist das völlig in Ordnung. Da muss man halt später noch mal mit einer Plausibilitätsprüfung drüber. Die anderen Dinge wurden verblüffend korrekt erkannt.
Aus den Objekten alleine kann man aber noch nicht viel ableiten. Die Beziehung untereinander und der Kontext ergibt eine Situationseinschätzung. Und auch die ist verblüffend gut gewesen.
So wurde gelobt, dass das Baugerüst ordentlich aufgestellt war und bemängelt, dass die Bauarbeiter keine ausreichende Schutzkleidung trugen. Selbst potentiell gefährlich Situationen wurden erkannt “Bauarbeiter unter schwebender Kranlast”. Sehr sehr beeindruckend.
Nun habe ich versucht die Analyseergebnisse selber weiter zu verarbeiten. Dazu müssen sie in einen standardisiertes Format gebracht werden. Das ist an und für sich kein großes Thema: Man analysiert den Rückgabetext und erzeugt daraus Schlagworte die mit dem Bild verbunden werden.
Dabei ist mir aber schnell einen Manko aufgefallen: Wenn ich der KI das identische Bild wieder und wieder vorlege, bekomme ich jedes mal andere Antworten. Das reicht von unterschiedlicher Wortwahl über unterschiedliche Reihenfolge und Gewichtung und tatsächlich sind auch die erkannten Sachverhalte nicht völlig identisch. Das ist ein Verhalten wie es Menschen in einer Diskussion zeigen würden. Leider ist es damit aber völlig ungeeignet um damit verlässliche Schlagwortlisten aufzubauen. Insbesondere wenn es um wirklich wichtige Themen wie Sicherheit geht und nicht nur um Smalltalk.
So bin ich gerade etwas hin- und hergerissen. Einerseits ist die Bildanalyse wirklich beeindruckend. Andererseits macht die mangelhafte Reproduzierbarkeit das vernünftige Arbeiten nahezu unmöglich.
Taugt das was? Ich weiss noch nicht so recht…
Neulich habe ich einmal irgendwo gelesen, KI sei nur ein stochastischer Papagei, der Intelligenz vorgaukelt. Man könnte natülich etwas bösartig sagen, dass das auch für 85% der Menschen zutrifft.
Von solchen philosophischen Betrachtungen abgesehen, habe ich wahrscheinlich nur noch nicht die richtigen Schalter und Parameter gefunden. Ich bleibe erst mal am Thema dran…
Der Schock über die Ergebnisse der Europawahl am letzten Wochenende sitzt bei vielen tief – auch bei mir.
Was mich aber fast noch sprachloser macht, sind die hilflosen und inhaltlich mangelhaften Erklärungsversuche auf die Frage:
Weshalb haben so viele junge Leute rechts gewählt?
Ich kontere mal mit einer provokannten Gegenfrage:
Ja, warum denn eigentlich nicht? Sie machen es, weil sie es können und weil sie es wollen.
Der Schock wäre eine gute Gelegenheit, die eigenen Vorurteile und Standpunkte zu hinterfragen. Ein Beispiel:
Jahrelang wurde propagiert, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Diese Forderung kam überwiegend aus der grünen und linken Ecke. Das unausgesprochene Kalkül dahinter ist die Stärkung der eigenen politischen Positionen. Konservativismus wurde als alt und männlich gesehen und die Jugend sei automatisch grün und links. Die offiziell ausgesprochene Begründung war bessere politische Beteiligung der Jugend, immer verbunden mit dem Hinweis, mit 16 sei man auf jeden Fall geistig reif genug.
Nichts davon hat mir jemals eingeleuchtet.
Das fängt schon mal damit an, daß hier das Prinzip der Volljährigkeit nicht verstanden wurde. Zugegeben ist 18 Jahre eine halbwegs willkürliche Grenze. Nur weshalb man einerseits mit 16 nicht voll verantwortlich für sein eigenes Handeln in Hinsicht auf Geschäfte, Sexualität und Straftaten sein soll, aber auf der anderen Seite genügend geistige Reife für politische Entscheidungen haben soll, erscheint mir einfach nur unlogisch und inkonsequent.
Jetzt, wo sich herausgestellt hat, dass das politische Kalkül “Jugend = links” nicht aufgegangen ist, wird die zuvor attestierte geistige Reife auch gleich wieder in Frage gestellt, indem über den verwerflichen Einfluss von Tik-Tok Videos geschwafelt wird. Spiegel titelt sogar “Vielen Jugendlichen ist gar nicht bewusst, wie extrem rechts die AfD ist“.
Also irgendwas stimmt hier im Weltbild nicht. Entweder sind junge Leute doch nicht so geistig reif, oder… oder…
Schon mal in Erwägung gezogen, dass sie es doch sind und genau das wollen, was sie wählen?
Es hat keinen Sinn, ständig von “Brandmauern gegen rechts” zu fantasieren, die es ehrlich gesagt niemals gab. Es ist völlig unlogisch, Jugendliche automatisch mit politisch links zu assoziieren.
Jugendliche machen sich zuerst mal sorgen, welchen Platz in der Gesellschaft sie einnehmen können.
Wenn sie, wie wir damals in den 80ern in Westdeutschland den Eindruck haben, der Staat ist stockkonservativ und versperrt ihnen alle Wege, werden sie sich eher nach links wenden und versuchen freiheitlicher zu werden.
Heutzutage ist die Ausgangslage aber eine völlig andere. Der Mainstream ist extrem liberal geworden. Jeder macht, was er will. Strukturen sind zwar noch vorhanden, funktionieren aber nicht mehr, während gleichzeitig jede Form von Autorität in Frage gestellt und herausgefordert wird. Kontrollverlust auf allen Ebenen.
Nicht nur Alte, sondern auch viele Jugendliche fühlen sich damit überfordert. Viele haben den Wunsch nach mehr Struktur und Sicherheit.
Das sind genau die Beweggründe, die meinem Großvater 1929 in die NSDAP haben eintreten lassen. Er sagte mir damals ehrlich “Ich wollte, dass das Chaos [der Weimarer Republik] aufhört und da waren Leute, die Struktur und Disziplin versprachen.”
Möglicherweise denken heute auch wieder viele so.
Ich habe die Wahrheit auch nicht, aber die akademische Innenstadtblase, aus der die meisten Medienschaffenden kommen, sollte mal die eigenen Moralvorstellungen und Hybris zurückstellen, um sich mit mal mit anderen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Immer nur die eigenen Vorurteile widerzukäuen bringt keinen Erkenntnisgewinn.
Sonntag. Anstatt des angedrohten Dauerregens bleibt der Tag trocken und sogar die Sonne lässt sich hier und da blicken. Also rauf auf das Fahrrad und gemütlich durch die Stadt treiben lassen. Dabei habe ich unter anderem am Potsdamer Platz und bei einer Galerie in Friedrichshain halt gemacht. Das verlief etwas anders als gedacht. Ich erzähle mal chronologisch rückwärts.
Feine Kunst
Zum Abschluss der kleinen Berlinrundfahrt machte ich halt um den Projektraum in der Alten Feuerwache an der Weberwiese in Friedrichshain zu besuchen. Dort war die Ausstellung “Eigenleben” von Katrin Wegemann zu sehen. Ich war eigentlich gekommen, um die Zeichnungen zu sehen. Umso erstaunter war ich dann von der Qualität der Keramikarbeiten. Die stellten für mich die durchaus guten und ansprechenden Zeichnungen in den Schatten.
Möglicherweise bin ich da meinem eigenen Vorurteil etwas erlegen. Keramik ist für mich emotional vorbelastet: Werkunterricht in der Schule, Töpferkurse in der Toskana für Frauen mittleren Alters auf Selbsterfahrungstrips, usw.
Davon ist hier gar nichts zu merken. Das hier sind durchwegs ästhetisch ansprechende und handwerklich hochwertige Kunstwerke. Schön, wenn man über die eigenen Vorturteile stolpert und positiv überrascht wird.
Geistloser Kommerz-Shice!
Mein erstes Ziel war der Potsdamer Platz. Dort findet zur Zeit mal wieder die Berlinale statt. Von den verschiedensten öffentlich-rechtlichen Medien stehen dort ganze Karawanen von Lastwagen mit Übertragungstechnik und sonstwas herum und allerlei wichtige Leute scheinen dort auch rumzulaufen.
Nicht dass mich das im geringsten interessiert.
Ich lebe seit 37 Jahren in Berlin ohne auch nur ein einziges Mal auf der Berlinale gewesen zu sein oder aktiv das Programm gelesen oder die Berichte verfolgt zu haben. Der ganze Rassel lässt mich völlig kalt.
Also Potsdamer Platz.
Als ich 1986 nach Berlin kam war das eine Wüste, die durch Mauer und Todesstreifen durchtrennt war. Da war nichts. Dort wollte man nicht hin.
Nach der Wiedervereinigung 1996 war es die größte Baustelle Europas mit einer Baugrube, in der man ohne Probleme eine Kleinstadt versenken könnte. Technisch spannend, ansonsten nur nervtötend.
2006 Gab es dort hochmoderne Büroflächen, mehrere Kinocenter (u.a. eines, in der unsynchronisierte Originalversionen liefen), und in den Potsdamer Platz Arkaden einige Läden, in denen ich gerne eingekauft habe. Ich war alle paar Wochen mal dort.
Nochmal zehn Jahre später – 2016 – habe ich selber im ehemaligen Debis-Hochhaus gearbeitet. Ich habe es gehasst. Die Büroflächen waren laut, die Klimatechnik hat 50% der Zeit nicht funktioniert, im Shoppingcenter waren nur noch Läden, die ich nicht mehr interessant fand, Mittags gab nur minderwertiges Fast Food und der Verkehr morgens hin und abends zurück war die Hölle – und zwar gleichgültig, ob ich Bus, U-Bahn, S-Bahn oder Moped benutzt habe. Dann hat auch noch die Mall of Berlin eröffnet und der ganze Bereich Potsdamer Platz war im ökonomischen Sturzflug. Irgendwann wurden die Arkaden dann geschlossen.
Jetzt – Anfang 2023 – haben die Arkaden nach Totalumbau wieder eröffnet. Ich las, dass irgendein amerikanischer Investor ein neuen Konzept hatte – unter anderem mit einem neuen Gastronomiebreich. Das wollte ich mir ansehen.
Wie ich oben schrieb, bin ich nicht ganz frei von Vorurteilen. Was ich für völlig in Ordnung halte, so lange ich die hin und wieder auch überprüfe.
Ich habe ein ambivalentes Verhältnis zu den USA. In manchen Dingen halte ich die USA für brilliant, in vielen für hemdsärmelig und in anderen für völlig inkompetent. Stadtplanung und Gastronomie zähle ich auf jeden Fall in die letzte Kategorie. Von daher war meine Erwartungshaltung nicht hoch.
Kurz gesagt – es ist noch schlimmer, als ich befürchtet habe. Der Umbau ist nicht nur gestalterisch völlig ideenlos, sondern stellenweise sogar verblüffend disfunktional. Vor dem Umbau gab es verschiedene Stellen, an denen man zwischen UG, EG und 1.OG wechseln konnte. Jetzt gibt es zwar noch verschiedene “Löcher” durch die man nach unten gucken kann, aber habe ich nur noch eine recht versteckte Stelle gefunden, die ins UG geführt hat. Das ist definitiv erheblich schlechter als zuvor.
Und vom tollen Betreiberkonzept konnte ich nur so viel entdecken: Amerikanischer Betreiber bevorzugt amerikanische Marken. Mattel und TK-Max? Echt jetzt? Zwei Schrottmarken?
Zudem sind 3/4 der Läden noch nicht fertig, aber die Ankündigungen sind derart langweilig, dass ich keinen Grund sehe, hier jemals herzufahren.
Ach so – ich hatte übrigens Hunger und war durchaus nicht abgeneigt, im riesigen Gastro-Bereich etwa Geld zu lassen. Alleine die Tatsache, dass hier überall nur noch englisch angesagt zu sein scheint und kein Bargeld mehr akzeptiert wird halte ich für völlig inakzeptabel – aber dazu kommt noch, dass die Preise ungefähr das zweieinhalbfache der üblichen Berliner Preise betragen – und damit meine ich schon die neuen. Ich will einfach für einen zwischendurch-Happen nicht € 15,- bezahlen. Es waren zwar recht viele Leute dort – aber der Optik nach schätze ich 90% als Berlinale Funktionäre oder -Besucher. Schauen wir mal in ein paar Wochen noch mal nach.
Das ganze Ding ist für mich schlechteste Investorenarchitektur. Geplant von Leuten mit viel Geld, völligem Desintresse an Ort und Kultur und keinerlei sinnvoller Idee, außer unnützen Konzernen Spielfläche zu schaffen.
Grausam!
Ach so – und der Name: THE PLAYCE! Oh Gott! Für mich passender: THE SHICE!
Fazit:
Das Alexa ist und bleibt das hässlichste Einkaufszentrum Berlins – aber es funktioniert, weil es am richtigen Platz steht und offensichtlich mit genügend Läden bestückt ist, die die Leute interessieren.
Für die ehemaligen Potsdamer Platz Arkaden sehe ich eigentlich überhaupt keine Chance. Da ist nichts – da will man nicht hin. So schließt sich für mich der Kreis zu 1986: Die Gegend ist wieder untinteressante Wüste – bloß mit Gebäuden.
Es ist gerade mal Mitte Januar und ich glaube, ich habe mein “Platte des Jahres” bereits gefunden:
Billy Nomates – Cacti.
Auf Billy Nomates bin ich aufmerksam geworden, als sie bei den Sleaford Mods dem Titel “Mork ‘n Mindy” das gewisse Etwas mitgegeben hat. Daraufhin hatte ich mir ihre erste EP “Emergency Telephone” und die erste LP “Billy Nomates” (beide aus dem Jahr 2020) gekauft und für gut befunden. Die minimalistischen Tracks mit ihrem sehr eigenen Sprechgesang hatten etwas düsteres – eine Stimmung, die ich aus meiner Jugend noch gut kannte und eine Saite in mir zum schwingen gebracht hat.
Seit einigen Wochen tauchen nun immer mehr neue Videos von ihr auf Youtube auf und ich fand alle recht gut. Also habe ich mir die neue LP gleich zum Erscheinungsdatum bestellt – transparentes Viny mit Textinlay. Optisch macht das schon mal Lust darauf, den Plattenspieler anzuwerfen und die Scheibe aufzulegen.
Das habe ich dann auch sofort getan und es ist etwas passiert, was wirklich extrem selten ist: Mir gefällt jeder einzelne der 12 Songs.
Das liegt auch daran, dass die Songs mehrschichtiger geworden sind – oder sagen wir mal eher wie “richtige” Lieder. Die bisherigen basierten noch stark auf Loops, wie sie auch die Sleaford Mods verwenden und Billy hatte darüber den Sprechgesang in ihrem eigenen Stil gelegt.
Auf Cacti ist das weiterentwickelt. Mehr Melodie, mehr Songstruktur und sogar richtiger Gesang. Weniger “Ich haue der Welt in die Fresse, weil sie mir in die Fresse haut”-Attitüde. Nicht mehr das rebellierende Gossenkind. Immer noch Düsternis im Text, aber mehr Verletzlichkeit. Auch mehr Abwechselung im Arangement.
Kleines Detail am Rande: Beide Seiten beginnen mit ein paar dahingenuschelten, düsteren Weisheiten von Iggy Pop.
Gefällt mit ausgesprochen gut und ich habe darum auch gleich Karten für das Konzert in Berlin Ende März gekauft.
Falls ich Euch auch etwas neugierig gemacht habe: Wie Youtube funktioniert, wisst Ihr ja. ;-)
Vom Freitag, den 24. bis Sonntag, den 26. Juli fand in Berlin das Reload Electric Motorcycle Festival statt. Austragungsort war das Craftwerk in Berlin Lichtenberg; Eine Motorrad Selbthilfewerkstatt, ein Platz, an dem man seine zweiräderigen Schätzchen lagern kann, ein Coworkingspace und ein Treffpunkt von motorradinteressierten Menschen an dem man sich einfach mal auf einen leckeren Kaffe zum klönen treffen kann.
Dieser Ort ist nicht einfach irgendein Motorradclub von lauter bierbäuchigen alten Männer auf lauten Harleys. Die Mitglieder und Besucher sind wesentlich gemischter.
Zum einen sind hier verblüffend viele Frauen aktiv, die an ihren Maschinen schrauben. Das kommt sicher auch daher, dass u.a. Cäthe Pfläging vom Frauenmotorradclub The Curves zu den Betreibern zählt.
Zum Anderen handelt es sich bei aller Liebe zu alten Fahrzeugen nicht um eine Gruppe verbohrter Petrolheads. Das absehbare Ende des Benzinzeitalters und die Verkehrswende sind regelmäßig Thema in Gesprächen und die ersten Erfahrungen mit Stromantrieb haben hier auch bereits einige hinter sich (z.B. mit einem Umbau einer alten 50er Vespa auf Elektroantrieb oder indem trotz Skepsis, einfach mal ein E-Motorrad ausprobiert wird).
Da ist es nur folgerichtig, hier das Reload Festival abzuhalten, bei dem es ausschließlich um elektrisch angetriebene Zweiräder ging – vom stylischen Pedelec bis zum Hochleistungsmotorrad. Die Gelegenheit, möglichst viele unterschiedliche elektrische Zweiräder auszuprobieren, konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Also warf ich mich trotz der schwülen Wärme in meine Kombi und fuhr mit meiner (benzingetriebenen) Suzuki zum Craftwerk. Der Tag verging zwischen BenzinStromgesprächen und diversen Probefahrten wie im Flug.
Kleine Stunteinlage
A propos Flug: Einen Abflug habe ich mir leider auch geleistet. Ich fuhr nach einer Probefahrt langsam auf den Hof (ca. 12 km/h), als mich jemand mit einem anderen Fahrzeug zu einer Vollbremsung zwang.
Split auf Pflaster, blockiertes Vorderrad – zack lag ich mit der Maschine auf dem Boden.
Ich wusste ja, daß der Untergrund etwas rutschig ist und hatte daher voll in die Hinterradbremse gelangt. Leider hatte das Fahrzeug statt ABS nur eine CBS Bremse, die auf Vorder- und Hinterrad gleichzeitig wirkt. Normalerweise wäre ich einfach mit blockiertem Hinterrad etwas gerutscht, aber nicht gestürzt. Das CBS bremst aber leider das Vorderrad mit und das rollte gerade über Split.
Shit!
Daher mein Rat, an alle, die sich ein Leichtkraftrad (125er) kaufen möchten:
Kauft NIEMALS eine Maschine ohne ABS! Die angebliche Alternative CBS ist das Schlimmste, was man überhaupt bauen kann!
Dank voller Schutzkleidung kam ich ohne Schramme davon und die Maschine hat auch keinen Schaden genommen. Aber so ein Stunt genau zwischen allen Besuchern hätte nicht sein müssen.
Ich schreibe aus Fairness nicht, welcher Hersteller das war. Ironischerweise hatten wir nämlich vor der Fahrt ein Gespräch über das fehlende ABS und mir wurde gesagt: “würden wir gerne einbauen, aber Bosch verkauft nicht an Kleinserienhersteller”.
Tja… :-(
Von diesem kleinen Zwischenfall abgesehen, war der Tag großartig. Ich beschreibe im Folgenden nicht chronologisch, sondern von klein nach groß.
E-Bikes / Pedelecs
Es waren zwei Hersteller von E-Bikes/Pedelecs auf der Reload: Urban Drivestyle aus Berlin und Super73 aus Kalifornien. Beide bauen E-Bikes mit fetten Rädern, die nach irgendwas zwischen 70er Jahre Bonanzarad und “Möchtegern-Motorrad” aussehen.
Je nach persönlichem Stilempfinden irgendwo zwischen total witzig bis völlig unmöglich. Als normales Fahrrad wären sie wegen des hohen Gewichts und der Körperhaltung extrem schwer zu fahren. Man bekommt aufgrund der Sitzposition nämlich kaum Kraft auf die Pedale. Dieser Style funktioniert nur, wenn der Motor kräftig mitschiebt. Neugierig war ich aber natürlich schon. Also machte ich mich zum Horst und fuhr zwei Modelle von Super73 in voller Motorradmontur zur Probe:
Eines aus der Z-Serie (Starrahmen, 30Kg “leicht”, ca. €2.700,-) und eines aus der R-Serie (Vollfederung, 36kg, ca. €4.600,-). Beide mit kräftigem Motor in der Hinterradnabe und Kettenschaltung, damit man kein Problem mit der Trittfrequenz bekommt.
Mein Fazit: Das ist das genaue Gegenteil von meinem E-Bike ( “Neuzugang im Fuhrpark: Ampler Curt” ). Ein extrem lässiger Cruiser zum entspannten Dahingleiten. Witzig sind die Dinger schon, aber meins ist das nicht. Man kann das tatsächlich fahren, aber nur mit Strom, sonst tritt man sich halb tot. Auch das weniger schwere Modell möchte ich nicht in den Keller tragen müssen. Müsste man aber auch nicht, weil der Akku bei allen Modellen entnehmbar ist.
Bei solch speziellen Gefährten ist aber auch klar, dass sich eine blühende customizing Szene gebildet hat. Beide Hersteller haben daher auch teil sehr lustige Umbauten gezeigt – zum Beispiel ein Super73 mit Surfbrett und eingebautem Sound-System.
Mopeds
Mit elektrischen Mopeds (also die Klasse bis 45km/h, die man mit dem Autoführerschein fahren darf), habe ich ja bereits etwas Erfahrung. Ich hatte ein Jahr lang eine Super Soco (“Weg vom Benzin (Teil 3) – Ich fange jetzt mal klein an“) und bin im letzten Jahr eine Sur-Ron Firefly zur Probe gefahren (“Der Ritt auf dem Glühwürmchen“). Eigentlich hatte ich nicht so viel Lust, solche Modelle zu fahren, aber die Brekr Model B (B für Bromfiets – also Moped) aus den Niederlanden sah so ganz nett anders aus, also gab ich ihr eine Chance.
Das kleine, leichte Maschinchen (79kg incl. Akku) fuhr sehr munter. Mir wurde gesagt, dass bei der Abstimmung alles was in der EU erlaubt ist, bis zum Maximum ausgereizt wurde (Der Nabenmotor leistet 4kW Peak, bei 2,5kW Nennleistung). Das war zu merken. Sie fuhr deutlich spritziger, als die Super Soco und dürfte mit ihrem 2kW/h Akku nach meiner Schätzung realistische 50-60km weit kommen. Ein Zweitakku ist auch möglich.
Interessant: Trotz Nabenmotor war ein deutliches Fahrgeräusch zu vernehmen – bis ungefähr 45km/h laut Tacho. Bei Höchstgeschwindigkeit war sie dann völlig lautlos. Der Preis ist mit €4.750,- nicht gerade ein Schnäppchen, aber die Maschine wird in den Niederlanden per Hand gebaut und ist wirklich toll abgestimmt. Wenn Moped – dann so.
Kleine Motorräder
Mit “klein” meine ich eigentlich, dass sie mit dem “kleinen” A1 Führerschein ab 16 Jahren gefahren werden dürfen. Die drei Modelle des taiwanesischen Herstellers Ovaobike sind alle A1 Modelle. Und sie sind alle klein – und damit meine ich diesmal die Größe. Sie sehen aus, wie normale, moderne Motorräder, aber in 2/3 Größe. Niedlich und irgendwie zwischen “richtigem Motorrad” und Honda Monkey. Aber ich konnte mit meinen 1,85 gut sitzen. Klein bedeutet übrigens nicht unbedingt leicht: 184 kg!
Ich habe das Spitzenmodell MCR-S ausprobiert, das mit 10,5kW Nennleistung und 22kW Spitzenleistung die A1-Klasse maximal ausnutzt. Es gibt da nämlich eine kleine Gesetzeslücke.
Die Klasse A1 bedeutet max. 125ccm Hubraum (hat ein Elektromotor nicht) und max. 11kW Nennleistung. Verbrenner haben eben diese 11kW (15PS) und fertig. Einige E-Motorräder haben 11kW (Dauer)Nennleistung – aber eine deutlich höhere kurzfristige Peakleistung, z.B. zum Überholen.
Mir ist das egal, weil ich die “offene” Klasse A habe und jede beliebige Waffe auf 2 Rädern fahren darf, aber für Anfänger ist das ein netter Trick legal schneller zu fahren. Allerdings dürften 16 Jährige i.d.R. nicht über das notwendige Budget von ca. €15.000,- verfügen.
Dafür bekommt man neben der Leistung, 2 Batterien mit zusammen 9,6kW/h Leistung, was in der Stadt angeblich für max. 210km gut sein soll. Hinten ein Zentralfederbein, vorne Upside Down Telegabel und immerhin 270mm Scheibenbremsen von Brembo – aaaaber – nur CBS und kein ABS. Das ist schlecht (siehe oben “kleine Stunteinlage”).
Die MCR-S macht den Eindruck eines etwas geschrumpften aktuellen Motorrad im “Streetfighter”-Look. Im Gegesatz dazu sieht die Bonfire des Münchener Herstellers Black Tea Motorcycles aus, wie ein kleines Motorrad von Yamaha oder Honda aus den 70ern, bei dem jemand den Antrieb ausgetauscht hat.
Die Maschine gibt es in zwei Versionen: als Moped mit einem Akku und max. 45km/h und als A1 Bike mit zwei Akkus. Ich habe das A1 Modell mit 11kW Nennleistung gefahren. Bei den 11kW bleibt es in diesem Fall auch. Also kein “E-Motorrad-Trick”. Das reicht immerhin für klassenübliche 100km/h. Die Bonfire X fährt sich wie eine normale 125er. Beschleunigung ist o.k, aber nicht weltbewegend.
Dafür sitzt man recht kommod und der Verzicht auf den Zulassungtrick und 100km Reichweite spart gegenüber der Ovaobike immerhin €9.000,- Die Bonfire X kostet in der A1 Version nur €6.000,-. Leider ist auch dieses Modell nur mit CBS Bremse erhältlich. Davon abgesehen – ein nettes Retro Bike zum attraktiven Kurs, das super ist für das Pendeln zur Arbeit/Uni/Berufsschule.
Große Motorräder
Nur einer der drei etablierten Hersteller von Elektromotorrädern war anwesend. Harley Davidson und Energica fehlten, aber dafür war Zero Motorcycles aus Kalifornien mit breiter Palette vor Ort. Ich konnte zwei Modelle, die ich interessant finde zur Probe fahren.
Das Modell FXE ist eine Maschine im Supermoto Stil, auf der man sehr aufrecht am breiten Lenker sitzt. Sie ist mit 135kg (“vollgetankt” – hahaha…) superleicht. Es gibt sie in einer 11kW Version für A1 Führerscheininhaber. Ich fuhr die ungedrosselte Version mit 33kW (44PS) Peak- und 15kW (21 PS) Nennleistung, für die man einen Führerschein der Klasse A2 (Ab 18 Jahren, bis max. 48PS) benötigt. Das hört sich zusammen mit der Höchstgeschwindigkeit von 132 km/h erst einmal nicht nach viel an, aber:
Holla – da geht die Luzi ab!
Nicht umsonst sind die sehr ordentlichen Pirelli Diabolo Rosso II Reifen aufgezogen. Ich bin nur im Eco Modus gefahren, war aber trotzdem in nullkommanix aus dem Stand auf … ähm – nun ja – deutlich zu schnell für die Stadt. Das gab mir dann gleich die Gelegenheit, die sehr guten Bremsen zu testen.
Neben der krassen Beschleunigung fand ich aber fast noch besser, wie unglaublich gut sich die Maschine langsam fahren ließ. Und damit meine ich den einstelligen km/h Bereich, den man mit Verbrenner Motorrädern nur mit viel Gewürge und schleifender Kupplung hinbekommt. Das liegt an dem feinfühlig dosierbaren Motorcontroller und an der aufrechten Sitzposition, die einem ein wunderbares Gefühl für die qurlige, wendige Maschine gibt. Der Preis liegt bei ca. €14.000,-
Nachdem ich mit breitem Grinsen im Gesicht zurückkam, meinte der freundliche Zero-Mitarbeiter, dass ich nach dem “kleinen” Modell jetzt ja mal die “große” ausprobieren könne.
Gesagt getan: Zero SR/F mit 40kW (54PS) Nennleistung und 82kW (110PS) Peak bei 227kg Gewicht.
Mein erster Eindruck: Auch hier sagen die Zahlen nicht viel. Trotz fast 100kg Mehrgewicht gegenüber der FXE, fühlte sich die Maschine nicht sonderlich schwer oder träge an. Mir kam sie sogar leichter als meine GSX-S 750 vor, obwohl das nicht stimmt. Der Schwerpunkt liegt eben sehr tief. Wenn die FXE schon gut abging – auf der SR/F ist kompletter Wahnsinn angesagt, wenn man so richtig am Stromgriff dreht. Ich denke, man ist hier nahe am physikalisch machbaren, was die Reifen noch auf die Strasse bringen können.
Aber auch hier beeindruckt mich neben der schieren Kraft vor allem, wie feinfühlig sich die Maschine fahren lässt. Da merkt man, dass Zero bereits 15 Jahre Erfahrung beim Bau von Elektromotorrädern hat. Kostenpunkt: je nach Ausstattung ab €20.000,- Um es kurz zu machen:
Rein von Fahrgefühl ist das für mich DER Benchmark aller Motorräder, die ich bisher fahren konnte.
Ich habe daraufhin noch etwas am Stand bei Zero rumgehangen und habe festgestellt: JEDE Person gleich welchen Alters oder Geschlechts hatte nach der Probefahrt Probleme den Helm abzunehmen, weil sich das Grinsen von einem Ohr bis zum anderen zog.
Und sonst so?
Es gab noch andere Hersteller mit ausgewachsenen Motorrädern, die ich jedoch nicht mehr gefahren bin. Die RGNT aus Schweden sieht im feinsten Retro-Stil recht edel aus. Als Cruiser im aktuellen Stil kommt die Alrendo daher. Den futuristischen Hingucker liefern Verge aus Finnland, durch das nabenlose Hinterrad mit Felgenmotor.
Offroad
Ich bin zudem noch zwei Maschinen ohne Straßenzulassung außer Konkurrenz gefahren. Hinter dem Fabrikgebäude war eine kurze Offroad Passage möglich, auf der man Strom geben konnte.
Schon seit einiger Zeit bietet der schwedische Hersteller Cake das Offroad Modell OR an. Das Design ist wie bei allen Modellen von Cake sehr technisch reduziert und sehr speziell, aber es hat etwas. Wenn die Maschine direkt vor einem steht, merkt man die extrem hohe Material- und Verarbeitungsqualität. Das Fahrzeug hat 11kW und satte 280Nm Drehmoment, wiegt aber nur unglaubliche 69Kg.
Heidewitzka – das war lustig!
Eine junge Dame hat ein paar Action-Aufnahmen von mir gemacht. Mal schauen wann ich die bekomme. Das Modell gibt es auch unter dem Namen Kalk mit Straßenzulassung. Es kostet zwischen €12.000 und €14.500,-
Im Anschluss konnte ich noch eine Runde auf der sehr minimalistischen Trevor aus Belgien drehen. Nun bin ich ja nicht allzu klein, aber auf dieses Bike musste ich fast raufklettern. Jetzt ahne ich, wie sich kleinere Menschen auf Motorrädern fühlen. Das Fahrzeug ist minimalistisch, roh, und verblüffend laut. Für den Ritt durch leichtes Gelände schien es mir sehr gut geeignet. Ob ich das auch auf der Straße haben möchte, weiss ich nicht so recht. Immerhin ist man gerade dabei, eine Strassenzulassung zu bekommen.
Und sonst?
Vor einiger Zeit habe ich auf dem Youtube Kanal vom Londoner Bike Shed Motorcycle Club einen Bericht über einen Prototyp von DaB aus Frankreich gesehen. Und siehe da – DaB war anwesend und hatte zwei Prototypen mitgebracht. Die charmante Mitarbeiterin sagte mir, dass man gerade dabei ist die Serienproduktion vorzubereiten und die Straßenzulassung läuft. Genaueres habe ich nicht erfahren, aber die Maschine im Supermoto Stil finde ich optisch schon mal recht ansprechend.
Vor einiger Zeit habe ich mehrere Videos über ein Umbaukit für alte 50er Vespa auf E-Antrieb gesehen. Jetzt gibt es das auch für Simson. Bin nicht sicher, ob das genial oder Frevel ist – aber es geht und man kann die alten Schätzchen auch dann weiterfahren, wenn es zu einem Fahrverbot für Zweitakter kommt, wie es in vielen europäischen Städten bereits existiert.
Von Videobloggern und Nicht-Videobloggern
Über so ein interessantes Event muss natürlich berichtet werden. Am besten in Ton und Bild. Ich war auch extra mit Helmkamera gekommen, aber leider habe ich scheinbar regelmäßig Start und Stopp der Aufnahme verwechselt. Zu Hause habe ich dann sehr lange Passagen gesehen, in denen ich den Helm durch die Gegend trage oder in irgendeine Ecke gelegt habe. Und jedesmal, wenn es zu einer Probefahrt ging, unterbrach das Video.
Bravo Herr Ollmetzer! Ganz großartig gemacht!
Also habe ich stattdessen diesen langen Artikel geschrieben und Videoaufnahmen den Profis überlassen. Das Ergebnis sind ein paar Sekunden Ruhm im Fernsehen, weil mich der RBB für die Abendschau interviewt hat.
Auch ohne mich wurde überall gefilmt. Neben dem RBB waren auch viele Videoblogger anwesend, die man kennen kann, wenn man sich für die Berliner Elektroszene interessiert.
Ein schöner Überblick über die Veranstaltung kommt von den Scooterhelden. Respekt – das war sehr schnell!
Ich habe den Videoblogger Rad City Berlin gesehen, der regelmässig mit seinen Super73 durch Berlin fährt und darüber berichtet. Da können wir sicherlich einen Bericht erwarten.
Gefilmt haben auch Paddy Lectric und der Zero Pionier mit denen ich mich auch über ihre Erfahrungen, inbesondere zum Thema “Wo und wie lade ich die Maschine” unterhalten konnte. Von den beiden wird es sicherlich Fahrvideos geben.
Und vermutlich gibt es noch mehr, die ich nicht erkannt habe.
Mein Fazit
Die Veranstaltung war klasse. Genau der richtige Rahmen, um sich einen Überblick über die E-Mobilität auf zwei Rädern oberhalb von Pedelecs zu informieren – und vor allem das Ganze auch selbst zu erfahren. Weil es genau darum geht – eigene Erfahrung. Es nützt nicht viel, irgendwelche technischen Daten zu lesen – man muss diese neue Technik spüren.
Dann wird einem nämlich klar, dass Verbrennungsmotoren ein Auslaufmodell sind. Nach einem ganzen Tag auf meist leise surrenden, wieselflinken Motorrädern und nach Hause dann wieder mit einer schweren Verbrennungskraftmaschine, bei der man laufend alle Gänge rauf und runter schalten muss, während einem bei 30 Grad auch noch die Abwärme des Motors die Beine grillt. Ich mag meine GSX-S 750 wirklich gerne – aber die Zukunft sieht anders aus.
Die Zukunft ist elektrisch – aber ist es die Gegenwart auch schon?
Wenn es nur um die Fahrzeuge ginge – ich hätte die Zero FXE oder die Cake sofort eingepackt und mitgenommen. Aber neben den recht hohen Preisen spricht leider häufig immer noch die Infrastruktur dagegen. Ich könnte zum Beispiel beide Maschinen nicht aufladen. Ich war mir auf dem Event mit allen Gesprächspartnern einig:
Für die große Tour quer durch Europa taugt es noch nicht und für Stadtbewohner ohne Garage und eigener Steckdose gibt es im Moment eigentlich nur zwei reale Szenarien.
Entweder das Fahrzeug hat herausnehmbare Akkus, die in der Wohnung aufgeladen werden. Das macht nur Sinn, wenn das Fahrzeug leicht und relativ langsam ist, weil die Akkus sonst zu schwer sind. Das funktioniert gut für ein Moped, für das man keinen großen Aktionsradius benötigt.
Oder man hat ein Motorrad mit großem und schweren Akku – und das Fahrzeug kann per Typ2 Steckdose wie ein Auto an Wallboxen oder Ladesäulen aufgeladen werden.
Also sollten wir unser Steuergeld nicht in Tankrabatten und €9.000,- Subventionen für überfettete Elektro-SUV stecken, sondern in Ladeinfrastruktur. Der Rest wird folgen. Übrigens: wie viele E-Motorräder könnte man aus dem Material für einen VW ID4 oder Tesla bauen? Darüber sollte man mal nachdenken…
In zwei Wochen ist Wahl. Falls man in Berlin lebt sind es sogar gleich mehrere: Bundestagswahl, Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung und um die Sache abzurunden auch noch einen Volksentscheid zur Enteignung von Immobilienkonzernen.
Insgesamt 5 Stimmzettel für sechs Kreuzchen. Ich hoffe, dass alle Wahlberechtigten in dem Papierwust (siehe Foto) den Überblick behalten und wissen wofür sie abstimmen. Und schon bin ich beim eigentlichen Problem: Wofür abstimmen? Ich meine inhaltlich. Seit Monaten quält mich die Frage – so wie das halbe Land.
Nur dass es in Berlin eben nicht nur darum geht, wen man aus dem “Trio der Blamage” man am wenigsten unfähig für das Amt des Bundeskanzlers hält – sondern eben auch noch darum, welchen Vögeln man die Möglichkeit gibt, die Bundeshauptstadt noch weiter runterzuwirtschaften.
Hat gerade irgendjemand gesagt, dass ich negativ klinge? Na gut, bei zwei der sechs Kreuzchen bin ich mir immerhin sicher: Beim Volksentscheid und der Bezirksverordnetenversammlung.
Beim Abgeordnetenhaus und beim Bundestag ist meine Grundhaltung jeweils, dass es auf keinen Fall so weitergehen darf wie bisher. So weit, so klar. Aber wie dann? Mittlerweile hilft mir nicht mal mehr die deprimierende Strategie, das kleinste Übel zu wählen. Ich sehe nirgends Personal, dem ich vertrauen würde.
Ich empfinde das bräsige “weiter so” Grinsen von Laschet nicht mehr nur für ärgerlich, sondern mittlerweile für gefährlich für Deutschland. Genauso gehört für mich aber der Rot-Rot-Grüne Senat in Berlin zu den schlechtesten, die es je gab. Und das will etwas heißen. Um im Berliner politischen Niveaulimbo beständig neue “Bestmarken” nach unten zu setzen, muss man sich schon ganz schön anstrengen. Berlin ist für mich mittlerweile eine “failed city”.
Schöner Scheiss. Und jetzt?
Etwas verblüfft war ich tatsächlich, dass in meinem Wahlkreis Martin Sonneborn als Direktkandidat aufgestellt ist. Mir war nicht klar, dass er Brüssel mit Berlin tauschen möchte. Früher habe ich meine Erststimme ja Hans Christian Ströbele gegeben. Nicht weil ich die Grünen wählen wollte, sondern weil ich IHN im Bundestag sehen wollte. Nicht weil ich in allem mit seiner Sicht übereinstimmte, sondern weil ich ihn stets für eine integre Person gehalten habe, die auch abends alleine mit dem Fahrrad (natürlich!) auf den Weg durch die Biergärten gemacht hat um mit den Bürgern zu reden. Das sahen viele im Wahlbezirk genau so. Er war der einzige grüne, der per Direktmandat gewählt wurde.
Das Auto ist ja bekanntermassen das Grundübel der heutigen Welt. Es versaut die Umwelt, steht überall im Weg rum, tötet Radfahrer und ist sowieso prinzipiell völlig überflüssig, yada, yada…
Reality check
Meine werte Mitbewohnerin fragte mich, ob ich demnächst zu einer Ausstellung im Schloss Rheinsberg mitkommen möchte. Ja gerne. Ist ja ganz hübsch dort oben. Wir wären zu dritt und möchten / müssen am Wochenende dort hin, weil man ja unter der Woche arbeitet. Also wie fahren wir:
Mit der Bahn oder mit dem Auto?
Ich bin zwar Autofahrer, aber das heißt nicht automatisch, dass ich immer die Blechkiste nehmen muss oder will. Innerhalb Berlins fahre ich selten und so einen gemütlichen Ausflug kann ich mir auch ganz gut mit der Bahn vorstellen. Wie kommt man also dort hin?
Schnell mal auf der Website der Bahn Start, Ziel und gewünschte Uhrzeit eingegeben. Wobei der Startpunkt gar nicht so einfach ist, weil ich nicht weiß, von welchem Bahnhof der Zug (vermutlich Regionalexpress?) abfährt. Also gebe ich einfach meine Adresse ein. Zur Auswahl wurden drei verschiedenen Verbindungen ausgegeben: Mit drei oder viermal Umsteigen und einer Gesamtfahrzeit von drei Stunden oder länger.
Ähm – wie bitte?
Zum Vergleich: Mit dem Auto benötigt man für die 93km ungefähr 1:20h.
Meine Mitbewohnerin meinte, dass dort die Niederbarnimer Eisenbahn hinfährt und nicht die DB. Ich solle mal dort nachsehen.
Danke für den Hinweis. Woher sollte ich das wissen? Und wieso kann die Bahn nicht auch die Verbindungen der Konkurrenz anzeigen, wenn sie schon im Verkehrsverbund fahren?
Also auf die Website der NEB. Die Usability ist grausam, die Funktionen teilweise kaputt. Start und Ziel musste ich mehrfach eingeben und wurde schließlich auf eine kaputte Seite des VBB (Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg) weitergeleitet.
Das erklärte Ziel der verkehrswendebegten Mitbürger ist es, die Autofahrer dazu zu bewegen, das Auto stehen zu lassen. Alleine das Gehoppel über drei verschiedene Websites ist nervig und hat an einer Stelle Vorwissen vorausgesetzt, dass ich nicht hatte. Ich möchte an dieser Stelle kein “stell Dich nicht so an” oder “wenn Du gleich da und dort geguckt hättest…” hören. Klar – jemand der laufend mit der Bahn fährt weiß so etwas vermutlich, aber derjenige muss ja auch nicht mehr “zum rechten Glauben bekehrt” werden.
Es wird von den Autokritikern immer so getan, als ob Bequemlichkeit kein valides Argument für das Auto sei. Diese ignorante Haltung ist vermutlich auch der Grund, weshalb sich in den letzten 30 Jahren nichts im Verkehrssektor verbessert hat. Denn jeder, der den Menschen etwas verkaufen möchte – also sie zu etwas überzeugen – weiß, dass Bequemlichkeit und Einfachheit zu den absolut wichtigsten Argumenten überhaupt zählt – noch weit vor dem Preis. Glaubst Du nicht? Frag mal Apple…
Von den technischen Problemen der Websites einmal abgesehen, gibt es Sonntags nur zwei Verbindungen: eine früh morgens und eine früh abends.
Kurz gesagt: Es klappt einfach nicht.
Aber nehmen wir mal an wir hätte eine passende Verbindung gefunden. Der Fahrpreis beträgt €10,50. Für drei Personen hin- und zurück sind das €63,- gegenüber €25,- Benzinkosten.
Ja – ich weiß, dass das Auto mehr kostet, als nur Benzin. Aber das sind im Wesentlichen Fixkosten, die ich ohnehin trage. Für die konkrete Fahrt ist (fast) nur Benzin und ggf. Parkgebühr fällig.
Und für diese Tour wäre nicht einmal die Ökobilanz der Bahn besser, weil ein mit drei Personen besetztes Auto relativ geringe Emissionen per Personenkilometer hat.
Machen wir also (für diesen konkreten Fall) mal eine Abwägung:
Bahn
Auto
Reisevorbereitung
–
+
Flexibilität
—
++
Direktverbindung
–
+
Reisezeit
–
+
Komfort
+
–
Kosten
–
+
Ökobilanz
o
o
Es steht in diesem Fall also 5 zu -5 für das Auto. Einzig die Tatsache, dass ich keine Lust habe, mich hinter das Lenkrad zu setzen spricht für die Bahn. Aber eigentlich auch nicht wirklich. Am Ende wird es wohl darauf hinauslaufen, dass ich mir die Ausstellung nicht ansehen werde. Das wäre für die Umwelt natürlich am besten: Wenn man mit seinem Hintern zu Hause bleibt.
Ist das am Ende mit dem Begriff “Verkehrswende” gemeint?
Anlässlich des heutigen Frauentages suchte eine Bekannte von mir (die um einiges jünger ist, als ich es bin) neulich per Facebook männliche Gesprächspartner, die sich als Feminist bezeichnen. Hintergrund war die Vorbereitung von Vorträgen und Workshops.
Da wir uns schon ein paar Jahre kennen, fragte ich sie, ob sie sich auch mit mir unterhalten würde, obwohl ich schon älter bin und mich explizit nicht als Feminist bezeichnen möchte (die Begründung dafür folgt unten). Einerseits war ich neugierig, was sie zur Zeit tut und andererseits dachte ich, ein paar eher ungewöhnliche Sichtweisen beitragen zu können.
Sie sagte zu und so hatten wir ein interessantes Gespräch. Gerade in einer Zeit, in der die allgemeine Diskussionskultur ziemlich Am Ar… ist und die Leute sich nur noch unfreundlich ihre Vorurteile um die Ohren hauen, finde ich es wichtig mit offenem Geist aufeinander zuzugehen und einander zuzuhören.
Das hat bei uns sehr gut funktioniert. Wir haben über die Veränderungen im Lauf der Jahrzehnte, juristische Aspekte, Sozialisation, Rollenverhalten, persönliche Erwartungshaltungen an andere, aber auch an sich selbst und noch etliches mehr thematisiert. Wir empfanden beide das Gespräch als angenehmen und interessanten Austausch jeder von uns konnte etwas daraus mitnehmen.
Das hat mir Spaß gemacht. Vielen Dank!
Was mir in letzter Zeit sehr deutlich geworden ist: Meine Einstellungen zum Stand der Gleichberechtigung entsprechen nicht dem, was man vielleicht anhand meines Alters erwarten könnte. Das liegt sicherlich daran, dass ich fast ausschließlich von Frauen erzogen wurde, die für ihre Zeit sehr emanzipiert und offen im Geiste waren. Alle Frauen in meiner Familie hatten ordentliche Berufe, haben ihr eigenes Geld verdient und zwei waren sogar selbstständig. Kurz und flapsig gesagt: Die Damen haben damals “den Laden geschmissen.”
Das war als Kind in den 70ern für mich erlebte Normalität.
Aber normal war es natürlich gar nicht. Um das geschichtlich und gesellschaftlich richtig einordnen zu können: Bis 1975 stand die Berufstätigkeit von Frauen unter dem Genehmigungsvorbehalt des Ehemannes! So etwas kann man sich heute (gottseidank) gar nicht mehr vorstellen.
Als jemand, der einen solchen familiären Background hat, finde ich die heutigen Diskussionen häufig reichlich befremdlich. Wenn ich z.B. im Jahr 2021 eine Forderung lese, dass Frauen lernen sollen, sich selbst um ihre Finanzen zu kümmern, denke ich nur “Ja wer denn sonst? Macht doch! Wieso ist das überhaupt ein Thema?”
Und dann fällt mir meine Großmutter ein, die meinem Opa Ende der 50er Jahre (!) untersagt hat, ihre Geschäftsbücher einzusehen mit der Begründung “Oskar, davon verstehst Du nichts. Du bist ja nur Angestellter”. BÄM!
Weshalb ich mich nicht Feminist nennen möchte
Wenn ich so sozialisiert bin, weshalb möchte ich mich dann nicht Feminist nennen? Zwei Gründe:
Erstens weil Gleichberechtigung (zumindest für mich) so selbstverständlich ist, dass ich mir dafür kein extra Label aufkleben möchte.
Zweitens empfinde ich den Begriff auch eher als abwertend. Ich assoziiere damit jemanden der sich einschleimt. Ein öliger “Frauenversteher”, der so lange lieb und verständnisvoll ist, bis er seine Gesprächspartnerin endlich im Bett hat.
Das mag der Eine oder die Andere anders sehen, aber es ist halt das, was ich dazu empfinde.
Deshalb: Nein, ich bin kein Feminist.
Und ich denke, dass der Hebel zur Gleichberechtigung weder in der gruseligen angeblich “gendergerechten Sprache” oder in der Verteilung von Vorstandsposten liegt, sondern in der Teilhabe der Männer an Kindererziehung und Haushalt.
Erst wenn für Arbeitgeber das Risiko, dass männliche Angestellte Sonderurlaub brauchen, weil das Kind krank ist genauso hoch ist, wie bei weiblichen Angestellten, entfällt der “Risikoabschlag” für Frauen.
Erst wenn Männer genau häufig Teilzeit einfordern, um sich besser um die Familie kümmern zu können entfällt der Vorteil für die Arbeitgeber, Männer jederzeit nach belieben hin- und herdisponieren zu können.
DAS sind die Schlüssel zur Gleichberechtigung. Davon bin ich felsenfest überzeugt, weil das in der Firma für die ich arbeite bereits so gelebt wird.
Mich hat zwar unverständlicherweise mal wieder keiner gefragt, aber ich gebe trotzdem als Betroffener und Sachverständiger (s.u.) eine Stellungnahme zu dem CDU Vorschlag ab.
Die Unionsfraktion im Bundestag hatte vorgeschlagen, eine Steuer auf Pakete “zur Unterstützung der notleidenden Innenstädte” zu erheben. Das Ganze wird dann als gerecht verkauft, “damit Amazon auch seinen Beitrag leistet”. Netter PR Trick!
Amazon endlich richtig zu besteuern wäre traumhaft und längst überfällig. Leider geht es darum hierbei genau nicht.
Hier sollen Immobilieninvestoren ohne Gegenleistung mit Geld der Allgemeinheit gefüttert werden.
Zunächst einmal gibt es keine “leidenden Innenstädte” sondern einfach eine geänderte Realität. Die Menschen fahren weniger häufig in die Innenstadt um dort einzukaufen. Das sorgt für weniger Umsatz in den Geschäften, in der Folge Leerstand und nicht erfüllte Renditeerwartungen. Andererseits führt das zu Verkehrsentlastung.
Das klingt doch gar nicht mehr so dramatisch – außer natürlich für die Immobilienbesitzer.
Tatsächlich wäre eine solche Abgabe auf so vielen Ebenen falsch, dass man ganze Bücher damit füllen könnte. Ich wage mal eine Prognose für den Fall, dass dieser Mist durchkommt:
Alle zahlen in europäischen Onlineshops mehr.
Amazon wird weiterhin über fragwürdige Firmenkonstrukte legal kaum Steuern bezahlen.
Im Endeffekt wird Amazon dadurch gegenüber der hiesigen Konkurrenz weiter gestärkt.
Es kaufen trotzdem immer weniger Menschen in der Innenstadt ein, weil sich dieses Geschäftsmodell einfach überholt hat.
Besitzer von Immobilen in zentralen Lagen werden für den Leerstand teilweise entschädigt und haben so überhaupt keinen Grund mehr, Mieten nach unten anzupassen oder über neue Nutzungen nachzudenken.
Der überfällige Umbau der Innenstädte wird daher um Jahre behindert.
Nein, ich denke, dass dieser Vorstoß eine totale Katastrophe ist. Wieder einmal hat die CDU gezeigt, dass sie den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel überhaupt nicht versteht und auch nichts gestalten will, außer den üblichen Verdächtigen die Fleischtöpfe zu sichern. Da dürfte der eine oder andere Interessenkonflikt eine Rolle spielen, vermute ich.
Gegenvorschlag
Keine neu Zusatzsteuer. Die werden nämlich wir alle bezahlen.
Stattdessen Schließung von Steuerschlupflöchern für internationale Konzerne. Kostet gar nichts, bringt Geld und verbessert die Wettbewerbsgleichheit der hiesigen Firmen.
Steuerliche Absetzbarkeit von Immobilienleerstand abschaffen. Das erhöht den Druck, überhöhte Renditevorstellungen zu korrigieren, neue Nutzungsformen zu ermöglichen und somit den überfälligen Umbau der Städte endlich in Gang zu bringen.
Den Immobilienmarkt für Auslandsinvestoren schließen. Massive Auslandsinvestitionen waren neben der EZB Politik ein Hauptgrund für die Preisexplosion auf dem Immobilienmarkt.
Klingt wie ein linkes Pamphlet? Macht nichts. Dafür bin ich auf anderen Gebieten stockkonservativ.
Betroffener und Sachverständiger?
In der Einleitung habe ich mich als “Betroffener und Sachverständiger” beschrieben. Das wollte ich im Nachgang noch kurz erläutern:
Betroffen bin ich (wie Ihr alle auch) als Konsument und Steuerzahler, dem mal wieder in die Tasche gegriffen werden soll.
Ich bin weiterhin als Bürger einer Stadt betroffen, die sich in den nächsten Jahren (mal wieder) massiv ändern wird. Ich habe starkes Interesse daran, dass das ausnahmsweise mal zu meinen Gunsten passiert, was in der Vergangenheit regelmäßig nicht der Fall war.
Sachverständig bin ich, weil ich durch mein Studium der Stadt- und Regionalplanung ein gewissen Grundverständnis in der Analyse der Zusammenhänge von wirtschaftlichen, sozialen, verkehrs- und standortpolitischen Fragen habe. Und zudem war ich als “Mitglied der großen IT-Familie” mit mittlerweile über zwei Jahrzehnten Berufserfahrung in Bereich Onlinebanken, Onlineshopping und Onlinecommunities gleichzeitig Treiber der großen Umbrüche, die wir jetzt erfahren.
An diesem Wochenende gab es – sozusagen als “Nachzügler” zum den Demos vom 04.07. – noch ein paar weitere Demonstrationen gegen die geplanten Motorradfahrverbote. Leipzig war mit offiziell 16.000 (!!) Teilnehmern dabei und auch in Berlin gab es erneut eine Demo. Auch wenn wir bei weitem nicht die Teilnehmerzahlen von Leipzig, Stuttgart oder Düsseldorf erreichen, so waren es doch immerhin wahrscheinlich 2.000 Teilnehmer. Offizielle Zahlen habe ich noch nicht, aber der Olympische Platz war voll!
Die Strecke führte vom Olympischen Platz (vor dem Olympiastadion) über Theodor-Heuss-Platz 7km schnurgeradeaus über Kaiserdamm, Bismarckstraße und Straße des 17. Juni bis zum Brandenburger Tor.
In den letzten Wochen haben bundesweit bei vielen Aktionen weit mehr als 100.000 Motorradfahrer gegen Fahrverbote demonstriert. Die Zahl ist schon beeindruckend.
Noch wichtiger: Alle Demos verliefen ruhig und friedlich. Nirgends gab es Ausschreitungen, Pöbeleien, Rangeleien mit der Polizei, zurückgelassene Müllhalden oder sonstige Probleme. Es gab weder hochdrehende Motoren, noch Wheelies noch sonstige pubertären Einlagen.
Das ewige Trauerspiel: Unsachliche Berichterstattung durch die Medien
100.000 friedlich demonstrierende Menschen. Und trotzdem hören die Medien nicht auf, die Demos kleinzuschreiben, am Thema vorbeizuschwadronieren bis kurz vor die Verleugnung. Beispiele:
Bild schreibt von 5.000 Teilnehmern in Leipzig, obwohl selbst die Polizei 16.000 gemeldet hatte.
Immerhin hatte Bild aber die zentrale Forderung verstanden und konnte sie wiedergeben, was Christian Stöcker in seiner Kolumne im Spiegel nicht gelang. Er entblödet sich nicht, sein wirres Geschreibsel mit dem Satz “Deutsche Motorradfahrer demonstrieren zu Tausenden für ihr Recht, weiterhin überall und immer Lärm machen zu dürfen” einzuleiten. Nicht zugehört, nicht nachgefragt, nichts verstanden. Thema verfehlt. 5 Minus Herr Stöcker – setzen!
In einer anderen Publikation (habe mir leider nicht mehr gemerkt wo) musste der Autor schwülstig von “testosterongetränkter Stimmung” und “Schwanzverlängerung” schreiben. Man kann sich natürlich in seinen eigenen Vorurteile suhlen, aber man könnte auch einfach mal hinkommen und erstaunt feststellen, wie viele Frauen mittlerweile Motorrad fahren. Und zwar auch gerne die großen Kaliber.
Kein Einziger Bericht, den ich gesehen habe, hat sich wirklich inhaltlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Den Forderungskatalog des Bundesrats mit dem geltenden Recht abgeglichen, Betroffene befragt (weder Streckenanwohner, noch Motorradfahrer) oder sonstwie recherchiert.
Die ständigen scheinbar subtilen Seitenhiebe und handwerklichen Ungenauigkeiten in der täglichen Berichterstattung tragen zur Verunglimpfung bei. Wenn z.B. in einer Überschrift steht “150 Raser bei Verkehrskontrollen geschnappt”, das Aufmacherfoto selbstverständlich einen Motorradfahrer zeigt, aber von den 150 erwischten nur 20 Motorradfahrer waren. Oder in jeder Randnotiz das Wort “rasen” steht, anstatt “fahren”. Das ist negtives Framing und es findet ständig statt.
Sicher – man muss Motorräder nicht mögen. Man kann sie auch für überflüssig halten. Ich halte auch so einiges in diesem Land für überflüssig. Ich erwarte von Journalisten aber, dass sie ihren Job machen, sich die Zeit nehmen, die Argumente zu verstehen und diese auch dem Leser mitzuteilen. Einfach nur Meinung abzusondern und auf Gruppen rumzuhacken ist in meinen Augen unprofessionelles Geschreibsel auf dem Niveau von “Giesela’s Dorfblog” oder schlicht Propaganda.
Bitte nicht vergessen – Motorräder haben auch Vorteile
Und noch etwas wäre wichtig: Es wird immer so getan, als ob jedes Motorrad ein eigentlich überflüssiges Hobbygerät wäre. Für viele ist es auch einfach die günstigste Möglichkeit, selbstbestimmt motorisiert von A nach B zu kommen. Für Jugendliche auf dem Land sogar die einzige. Man schaue sich unter der Woche mal vor den Berufsschulen um. Zum Thema Umwelt: Sie verbrauchen erheblich weniger Rohstoffe und weitaus weniger Treibstoff, als ein Auto und benötigen kaum mehr Stellfläche, als ein Fahrrad.
Mein Fazit
Schön, dass wir mal gezeigt haben, wie viele wir sind und was uns wichtig ist. Auch wenn das Thema in vielen Medien völlig verzerrt wiedergegeben wurde – ich hoffe, dass die politisch verantwortlichen die Position verstanden haben. So – und jetzt lasst uns zusammensetzen und Lösungen finden. Das wird sicherlich an vielen Stellen schwierig, aber so ist Demokratie nun mal – anstrengend.