tiny little gizmos

Linux als Audio Workstation

Vor ungefähr einem Jahr bin ich endgültig von Apple Macintosh auf PC/Linux umgestiegen. Da ich seit 2004 fast ausschließlich freie Software nutze, die auf allen Betriebssystemen verfügbar ist, war der Umstieg unproblematisch. Es blieb nur ein Sorgenkind:

Die Musiksoftware.

Ich nutze die Audio Workstation Reason seit der Version 3.0 – damals noch unter Windows XP – bis zur Version 8.0 auf dem Mac. Für Linux sah es aber düster aus. Es ist fast keine kommerzielle Musiksoftware für das System verfügbar.

Vor einger Zeit hörte ich von einer neuen Firma, die eine Audio Workstation neu entwickelt, die nicht nur wie üblich auf Windows und Mac läuft, sondern auch auf Linux. Da diese Firma – die übrigens ganz bei mir in der Nähe im Prenzlauer Berg sitzt – zum Teil aus ehemaligen Mitarbeitern von Ableton besteht, hatte ich schon mal ein Grundvertrauen in deren professionalität. Vor einem Monat habe ich mir dann Bitwig Studio in der Version 1.3 gekauft und seitdem spiele ich damit rum.

Bitwig Studio 1.3

Bitwig Studio 1.3

Die Software ist schnell installiert, recht intuitiv bedienbar, läuft stabil und klingt gut. In diesem Artikel soll es aber um eine andere Frage gehen:

Wie geht professionelle Audio Verarbeitung unter Linux?

Im Gegensatz zu Windows oder Mac OS gibt es Linux in 1000 unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und auf unterschiedlichster Hardware. Darum soll hier erstmal die Basis geklärt werden: Bitwig ist freigegeben für Ubuntu Linux auf normaler PC Architektur mit X86 Prozessoren.

Ich nutze ein Lenovo Thinkpad der T-Serie mit Intel i5 Prozessor und 8GB RAM. Als Betriebsystem kommt Linux Mint 17.2 zum Einsatz. Unter der Haube ist das im Wesentlichen Ubuntu was der breiten Hardwareunterstützung zugute kommt, und die Benutzeroberfläche Cinnamon ist in meinen Augen erheblich angenehmer als das bei Ubuntu eingesetzte Unity.

Musik Setup

Musik Setup

Alsa, Pulseaudio, Jack – WTF?

Die Standardinstallation von Ubuntu/Mint nutzt als Audiosystem ALSA und Pulseaudio und alles funktioniert out-of-the-box. Nachdem ich Bitwig Studio installiert und ALSA als Audiosystem eingestellt hatte, konnte ich auch sofort damit loslegen. Zum Ausprobieren und für die ersten Schritte ist das auch absolut in Ordnung, wenn man aber richtig loslegen will reicht das leider nicht. Es gibt zwei Probleme: Hohe Latenz (Also Zeitversatz zwischen dem Einspielen einer Note und dem Klang selber) und Aussetzer, wenn die Musik komplexer wird.

Professionelle Audiosysteme unterstützen mehrere Soundkarten mit jeweils mehrere Ein- und Ausgängen, wie man sie benötigt, wenn man auch mal ein Mikrofon, eine Gitarre oder sonstige Instrumente anschließen möchte. Sie bieten internes Audiorouting, geringe und zudem einstellbare Latenzzeit und gehen auch bei komplexen Arrangements nicht in die Knie.

Beim Mac ist sowas fest im Betriebssystem eingebaut, bei Windows muss man es nachrüsten (ASIO) und für Linux ist ebenfalls ein solches System verfügbar. Es nennt sich Jack (wie Stecker).

Welches Audiointerface?

Professionelle Audiointerfaces gibt es wie Sand am Meer. Von RME, Roland, Tascam, Focusrite, M-Audio und etlichen anderen Anbietern. Mit Firewire, USB oder Lightning Anschluss. Mit wenigen oder vielen Audioanschlüssen, von günstig bis sehr teuer.

Allerdings nicht für Linux – zumindest nicht offiziell unterstützt.

Nachdem ich mich lange in den entsprechenden Foren herumgetrieben habe, fiel meine Wahl auf das Focusrite Scarlett 2i2. Ein kleines USB Audio Interface mit Ausgängen für Monitore und Kopfhörer sowie zwei Eingängen, die wahlweise als Line/Instrumen oder Microfoneingang mit Phantomspeisung geschaltet werden können. Es kostet ca. 140,- und funktioniert tatsächlich ohne weitere Treiberinstallation mit Jack.

focusrite Scarlett 2i2

focusrite Scarlett 2i2

Get Jack

Jack lässt sich einfach per Synaptic oder apt-get nachinstallieren. Herauszufinden welche Pakete das sind, hat mich allerdings einen kompletten Abend und meine gute Laune gekostet. Man benötigt eigentlich nur:

jackd2 – Jack Audio Verbindungs-Kit
libjack-jackd2-0 – Die Libraries
qjackctl – Benutzerschnittstelle zur Kontrolle des Jack Soundservers

Damit nun ein richtig knackiges Timing der Audiosignale hinbekommt, muss man dem Betriebssystem mitteilen, dass Jack bitte auch entsprechend Rechenzeit und eine hohe Priorität beim Multitasking bekommt. Früher brauchte man dafür einen speziell kompilierten Kernel, aber jetzt genügt ein richtige Konfiguration. Dazu bearbeitet man mit Rootrechten die Datei /etc/security/limits.conf. Dazu gibt man im Terminal ein:

sudo gedit /etc/security/limits.conf

Am Ende der Datei, aber noch vor der Zeile # End of file gibt man folgende Zeilen ein:

# Settings for real time audio
dirk             -       rtprio          99
dirk             -       memlock         unlimited
dirk             -       nice            -10

Mein Unix Benutzername ist – wenig originell – dirk. Hier muss natürlich jeder seinen eigenen Account verwenden und dabei auf Groß/Kleinschreibung achten. Man kann die Rechte auch Gruppen zuweisen (z.B. mit @audio).

Jetzt den Rechner neu starten und es kann losgehen. Man startet das Kontrollinterface von Jack und wählt in den Einstellungen die neue Soundkarte für Ein- und Ausgabe. Bevor man nun auf Start klickt, sollte man zumindest beim erstan Mal das Fenster für die Meldungen öffnen. Falls Jack nicht startet ist meist die Ursache, dass versucht wird, die Soundkarte zu verwenden, die bereit von ALSA belegt ist.

jack_settings

Wenn bis hierher alles gut gegangen ist, kann man Bitwig Studio auf Jack umschalten und sich über ein professionelles Setup freuen. Toll ist, dass die herkömmliche Soundausgabe für Systemsounds oder den MP3 Player Banshee weiter auf der eingebauten Soundkarte läuft.

…irgendwas ist ja immer

Ein Wehmutstropfen bleibt jedoch: Youtube Videos und alles, was normalerweise sonst noch aus dem Browser heraus tönt, bleibt stumm. Irgendwie verhaken sich dabei ALSA, Jack und Pulseaudio. Der Versuch, dem Rechner das nun auch noch beizubringen hat mich den gesammten Sonntag gekostet. Ich habe 10 verschiedene Tutorials durchgearbeitet, die angeblich das Problem lösen, dabei die Benutzeroberfläche zerschossen, so dass ich den Cinnamon Desktop neu installieren musste und letztlich habe ich aufgegeben.

Das Problem habe ich nicht gelöst, aber einen Workaround gefunden: Ich schaue Youtube Videos jetzt einfach über den VLC Player. Der funktioniert nämlich weiterhin einwandfrei… ;-)

Nachtrag [24.12.2015]

Das Youtube Problem lässt sich ganz einfach lösen: Durch das Deinstallieren des Flash-Plugins.
Wenn der Browser kein Flash unterstützt, liefert Youtube die Videos nämlich im MP4 Format aus, was von allen modernen Browsern direkt abgespielt werden kann.

Wer Flash nicht gleich völlig deinstallieren will, kann auch erst einmal zum Zweibrowser greifen (bei mir war das Chromium) und Flash dort deaktivieren.

Erkältungszeit – Retrocomputing Zeit

Am Dienstag hat mich die Erkältung doch noch erwischt. Also brav im Bett mit Wärmflasche schwitzen und ordentlich ausschlafen. Den Rest des Tages muss man aber auch irgendwie rumbringen. Neben ständigem Nase putzen, Musik hören und etwas lesen bleibt noch mein liebstes Hobby – Retrocomputing.

Beim herumstöbern durch das Zwischennetz bin ich auf einen Blog aufmerksam geworden, den ich noch nicht kannte; “Jungsis Corner – Ein Blog über Retro-Computer. Und Retrokram. Und Anderes.” . Thematisch geht es einmal quer durch den Retro-Gemüsgarten, aber Gerhard Jungsberger scheint einen gewissen Schwerpunkt auf Tests von neuen(!) Spielen für den Sinclair ZX Spectrum zu legen. Mir war gar nicht klar wie viele neue Spiele für den Speccy erscheinen und wie hoch das technische Niveau heutzutage liegt. Im Gegensatz zu früher sind das heute ja Hobbyprojekte und fast alles wird kostenlos angeboten. Daher musste ich gleich einmal einige vielversprechende Titel ausprobieren.

Wirklich umgehauen hat mich “Wanderers – Chained in the Dark” für den ZX Spectrum 128K. Ein RPG (Role Playing Game) im Stil von Legend of Zelda. Wäre das Spiel vor 30 Jahren erschienen, hätte es definitiv zu den Top10 Spectrum Titeln gehört und wäre heute Legende.

Wanderers - Dialog

Wanderers – Dialog

Wanderers - Im Untergrund

Wanderers – Im Untergrund

Das Programm hat lediglich 69(!)KB und spielt sich wirklich flüssig. Wie schwierig es ist, so viel Story in so wenig Speicher zu packen, habe ich selber lernen müssen, als ich 2003 mein Spiel Kings Castle für Nokia Serie 40 Telefone entwickelte und dort ebenfalls nur 64KB Speicher zur Verfügung hatte.

Das Prinzip “Grosser Spielspass in winzigem Speicher” kann man aber noch weiter auf die Spitze treiben. Das Spiel “Demons of Dex” für den Commodore VC-20 ist ein Hack’n Slay Spiel, wie das berühmte und beliebte Diablo. Es gehört somit zur Reihe der “Roguelikes” bei denen der Verzicht auf Grafik nichts ungewöhnliches ist. Dass ein komplettes Rollenspiel in winzige 3,5 KB (genauer: 3.585 Bytes) Speicher passt, ist trotzdem bemerkenswert.

demonsofdex

Falls jemand wissen will, wie das geht: Petri Häkkinen hat die Entwicklung offen diskutiert (http://sleepingelephant.com/ipw-web/bulletin/bb/viewtopic.php?f=10&t=7618) und den Code bei Github unter https://github.com/petrihakkinen/demons hinterlegt.

Ich habe zwar eine kleine Heimcomputer Sammlung, aber ich hole natürlich nicht jedesmal die Original Hardware raus, wenn ich mal eben ein Programm ausprobieren möchte. Einen VC-20 besitze ich nicht einmal mehr im Original. Die Spiele probiere ich in einem Softwareemulator aus. Erstens ist das praktischer und zweitens werden einige meiner guten Stücke so langsam etwas zerbrechlich. Trotzdem ist es natürlich nicht das richtige Feeling, wenn man ein Spiel für den ZX Spectrum (256×192 Pixel in 16 Farben) in einem Fenster auf einem HD Monitor spielt. “Richtige Hardware” ist da schon cooler.

MIST Computer

MIST Computer

Vor einiger Zeit bin ich in der C’t auf einen Computer mit dem etwas ungüstigen Namen MIST aufmerksam geworden. Es handelt sich um einen FPGA-Rechner in kleinem, eher unscheinbaren Blechgehäuse, der es aber ganz schön in sich hat. Aufgrund seiner umprogrammierbaren Hardware kann er eine ganze Reihe historischer Heimcomputer und Videospiele emulieren. Zur Zeit sind das Atari ST, Commodore Amiga, Sinclair ZX 81 und ZX Spectrum, MSX, Apple ][, Colecovision, Sega Genesis und weitere Geräte kommen dazu. Commodore 64, Atari 8 Bit und Schneider CPC sind bereits in Beta Qualität vorhanden. Das ganze finde ich sehr spannend und die Erfahrungsberichte klingen durchwegs positiv. Also habe ich heute spontan solch ein Gerät beim Hersteller Lotharek bestellt. Ich bin gespannt und werde berichten. Bis dahin gibt Euch dieses Video einen ersten Eindruck.

Historische Elektronik en Masse

Am letzten Wochenende fand das zweite Vintage Computing Festival Berlin im Pergamon Palais der Humboldt Universität Berlin statt. Auch in diesem Jahr gab es wieder einen Game-Room, eine Löt- und Reparierecke und diverse Heimcomputer aus den späten 70er und frühen 80er Jahren zu sehen.

Im Gegensatz zu der Ausstellung im letztem Jahr gab es zwar keinen Apple Room, aber dafür eine Sonderausstellung mit Analogcomputern. Analogcomputer, wurden vorwiegend zwischen den 50er und 80er Jahren genutzt. Im Gegensatz zu ihren digitalen Brüdern und Schwestern sind sie keine Universalmaschinen sondern auf die Lösung von Differentialgleichungen spezialisiert. In diesem eng umrissenen Spezialgebiet haben sie für bestimmte Aufgaben der Meß- und Regeltechnik oder zur Lösung finanzmathematischer Probleme durchaus Vorteile gegenüber Digitalrechnern, wie Prof Dr. Bernd Ulmann in einem Vortrag und einem Workshop verdeutlichte.

Zwei Analogrechner mit Plottern

Zwei Analogrechner mit Plottern

Der erste von diversen guten Vorträgen handelte davon, wie für die neue Dauerausstellung “Das Netz” des Deutschen Technikmuseums eine Interpretation der MEMEX gebaut wurde. Die MEMEX ist eine niemals realisierte teschnische Vision von einem Gerät zum Speichern, Verwalten, Verknüpfen und Austauschen von Informationen auf Basis von Mikrofilmen und analoger Technik, die der amerikanische Wissenschaftler Vannevar Bush im Jahr 1945 veröffentlichte.

MEMEX Schema

MEMEX Schema

Interessant war der Vortrag “Die Geschichte von UNIX 1969 bis OpenSolaris” von Jörg Schilling, der einen Überblick über die technische, wirtschaftliche und juristische Achterbahnfahrt bei der Entwicklung des erfolgreichsten Betriebssystems der letzten 40 Jahre bot.

Wolfgang Stiefs Vortrag “Wie das Supercomputing auf die Welt kam”, handelte vom den Ideen und Konzepten, die Seymour Cray bei der Konstruktion der schnellsten Großrechnern der 50er und 60er Jahre einführte.

Am unteren Ende der Leistungsskala ist der 65C02 basierte Einplatinencomputer MOUSE angesiedelt, von dessen Entwicklung Mario Keller berichtete.

Die Vorträge wurden aufgezeichnet und können unter http://media.ccc.de/browse/conferences/vcfb/2015/index.html angesehen werden.

Die Besucher honorierten das Selberbauen, so dass der Publikumspreis an Oscar Vermeulen und seine PDP-8 Replika ging, auf der das erste Videospiel der Welt lief: Spacewar! von 1961.

PDP-8 Replika mit Space War

PDP-8 Replika mit Spacewar!

Original PDP-8 zum Vergleich

Original PDP-8 zum Vergleich

Die von immerhin 1000 Gästen besuchte Veranstaltung war auch in diesem Jahr wieder sehr interessant. Ein Vintage Computing Festival 2016 ist daher sehr wahrscheinlich.

Hier sind noch einige Fotos weiterer Spezialitäten zu sehen:

SOL 20 und Osborne 1

SOL 20 und Osborne 1

Meilensteine: Commodore PET 2001, Apple ][, IBM XT

Meilensteine: Commodore PET 2001, Apple ][, IBM XT

DEC VT100 und Bedienpanels

DEC VT100 und Bedienpanels

Zauberwürfel

Ich war zwölf und das Ding trieb mich in den Wahnsinn – wie wahrscheinlich fast jeden damals. 1980 machte der Zauberwürfel des ungarischen Erfinders/ Bildhauers/ Architekten/ Designers Ernő Rubik die Leute kirre. Fast jeder hatte einen und ging durch zwei Phasen der Verblüffung:

  1. Wieso dreht sich alles ohne dass der Würfel auseinander fällt?
  2. Wie bekomme ich die Farben wieder richtig sortiert?

Die erste Frage ließ sich mit Gewalt lösen – indem man so ein Ding einfach mal auseinander nahm. Die zweite Frage war schon kniffeliger. Ehrlich gesagt habe ich es erst geschafft, nachdem mir ein (nicht ganz trivialer) Algorithmus in die Hände fiel. Den habe ich auswendig gelernt und konnte dann den Würfel in weniger als einer Minute lösen.

Alles was der Mensch mit Regeln machen kann, kann eine Maschine auch – und zwar meist besser. Roboter, die den Zauberwürfel lösen gibt es mittlerweile in Hülle und Fülle. Dieser hier ist aber besonders schön gemacht.

 

Spass mit alten Computerterminals

Ein Terminal ist die Kombination aus Tastatur und Bildschirm. Diese “dummen” Ein-/Ausgabe Geräte waren seinerzeit über eine (meist serielle) Schnittstelle an Großcomputer im entfernten Rechenzentrum angeschlossen. Ihre größte Verbreitung hatten Terminals zwischen den späten 60er bis in die 80er Jahre.

Umso lustiger ist es, wenn heute jemand diese Technik aus dem Computermittelalter nutzt, um sie mit aktueller Technik zu verbinden. In den beiden Beispielen ist das jeweils ein Raspberry Pi – also ein Bastelcomputer für ca. €35,- der nur etwas größer als ein Scheckkarte ist.

Einerseits finde ich es spannend, dass es überhaupt möglich ist, Hardware zu koppeln, die zeitlich 35 Jahre auseinanderliegt. Andererseits passt das auch ganz gut, weil des Raspberry Pi mindestens so viele Rechenpower hat, wie ein damaliger Großrechner.

Die beiden Beispiele finde ich so wunderbar versponnen, dass ich sie Euch gleich mal vorstellen möchte.

 

Das zwischen 1979 und 1983 gebaute VT100 Terminal gehörte zu den meistgenutzten Terminals überhaupt. Dieses an einen Raspberry Pi anzuschliessen und Linux über die Kommandozeile zu bedienen ist eigentlich schon fast etwas langweilg – aber darüber die Stereoanlage zu steuern hat dann doch etwas spezielles, wie ich finde.

 

Im zweiten Beispiel ist die Anwendung selber eher trivial; Lynx als textbasierter Internetbrowser. Dafür ist die Hardware allerdings relativ exotisch: Ein Minitel Terminal. Diese Geräte funktionierten nur als Endgeräte für den französischen Onlinedienst Mintel, der zwischen 1983 und 2012 bis zu 25 Millionen Anwender hatte. Durch die Abschaltung des Dienstes wurden die Geräte quasi alle zu Elektroschrott.

Sehr schön, wenn jemand die solide Hardware kreativ weiterverwendet. Das Ergebnis der Bastelei ist, dass sich aktuelle Webseiten so anfühlen, als wären sie 30 Jahre alt. Spannend.

 

Gestern war die Zukunft von Vorgestern

Die folgende Sendung präsentiert den brandneuen, heissen Scheiss: Computer für Zuhause, eigene Videorecorder und Laser Disc Player, Textinformationen auf dem Fernseher und Videospiele.

Die Aufnahme ist von 1980. Damals war ich 12 und an all dem Kram brennend interessiert. Insbesondere die Szene, in der die neuen Videorecorder (klobige Mechanik, die zig Kilo wog) gezeigt werden, macht einem schmerzlich bewusst, dass das alles nicht einfach nur lange her ist, sondern im letzten Jahrtausend war.

Noch spannender als der leicht amüsierte Rückblick auf alte Technik, ist aber die Frage, wie der Fortschritt der Alltagstechnik uns und unser Zusammenlaben geändert hat. Die BBC hat eine klasse Miniserie darüber produziert, indem sie eine Familie von aus dem Jahr 2009 quasi in das Jahr 1970 katapultiert hat, indem das komplette Haus auf alt getrimmt wurde. Die Eltern hatte noch Kindheitserinnerungen (die manchmal getrogen haben), aber die vier Kinder standen fassunglos in einem Haus nicht nur, ohne Handy, Computer, Video und Mikrowelle sondern mit winzigem Schwarzweissfernseher, Mono-Radio und Wählscheibentelefon,

Sehr spannend, was die Veränderungen mit der Familie machen. Warum sehe ich solche Sendungen eigentlich nie im Deutschen “Qualitäts”fernsehen?

Anyway – enjoy!

Taschenrechnerband spielt “Taschenrechner” von Kraftwerk

Gerade eben bin ich über die wohl abgedrehtesten Musikinstrumente des Jahres gestolpert – die Pocket Operator Serie von Teenage Engeneering. Kleine elektronische Krachmacher für die Tasche gibt es ja schon seit den späten 70er Jahren. Man denke nur an den legendären Casio VL-1, den Trio in ihrem Song “Da Da Da ich lieb dich nicht du liebst mich nicht aha aha aha” verwendet haben.

Was ich hier aber wirklich mal herzallerliebst finde, ist das gelungene Design. Ein Pocket Operator ist ein Musikinstrument, sieht aber aus, wie ein Taschenrechner, dem man das Gehäuse geklaut hat und das Display erinnert grafisch an die lustigen LCD-Spiele aus Nintendos Game and Watch Serie der frühen 80er Jahre. Das Rhytmusgerät zeigt eine Nähmaschine, das Bassgerät ein U-Boot und der Lead-Synth eine Art Fabrik. Total sinnlos, aber lustig.

Klar, das die Dinger (Preis knapp unter €70,-) brutal elektronisch klingen. Hier hat mal jemand mit den Teilen passenderweise “Taschenrechner” von Kraftwerk darauf gejamt.

Die Aufnahme ist Live und wurde nicht nachbearbeitet. Beteiligte Instrumente: Pocket Operator PO-16 Factory, Pocket Operator PO-14 Sub, Pocket Operator PO-12 Rhythm, Stylophone und Korg mini KAOSS PAD 2.

Neues aus Nerdistan

Ich kann Software – Hardware leider nicht. So ein bisschen Arduino oder ähnliches ist ganz nett, aber da springt bei mir der Funke nicht so recht über. Wenn jemand so richtig coole Spielzeuge bauen kann, bin ich dafür um so begeisterter. Elektronik überhaupt zum laufen zu bekommen ist ja schon mal nicht so ganz ohne, aber wenn man dann auch noch seine Projekte so detailverliebt und stylisch zu Ende bringt, werde ich doch ein ganz klein wenig neidisch.

Die drei Disziplinen Elektronik, Software und klassisches Handwerk bringt Simon Jansen ganz hervorragend  zusammen. Wo sich normale Leute vielleicht für eine Smartwatch interessieren, baut er sich eine Enigma-Watch. Alleine das Thema ist schräg bis dorthinaus. In dem Video beschreibt er das Projekt mit dem Satz “It works like a normal three rotor Enigma machine”. Wer bis jetzt den Witz noch nicht verstanden hat – die Enigma war die Standard Ver- und Entschlüsselungsmaschine der Deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Klar – sowas braucht man natürlich am Handgelenk, insbesondere, wenn sie handwerklich so toll gemacht ist.

Fast schon normal wirkt dagegen der Heimcomputer “Orwell”, den Jensen auf der Basis des 6502 Prozessors gebaut hat. Die Elektronik ist selbstentworfen, das Betriebssystem ist selber programmiert und das Gehäuse ist selbstverständlich ebenfalls selbst gebaut – aus Metall und Eichenholz! Genau so hätte ein ambitioniertes Projekt auch schon 1977 aussehen können. Auch hier überzeugt wieder die Qualität im Detail – bis zum geätzten Messing Typenschild.

Vintage Computing Festival Berlin – Tag 1

Am Samstag, den 4.Oktober hat das Vintage Computing Festival Berlin im Pergamon Palais seine Tore geöffnet. Der Besucherandrang war recht beachtlich. Sehr schön zu sehen, dass nicht nur Nerds, sondern auch viele ‘normale’ Besucher und Familien kamen. So konnte dem staunenden Nachwuchs gezeigt werden, dass die Geschichte der Informationstechnik sehr viel mehr als nur Windows PC und iPads zu bieten hat. Im Laufe des Tages streiften auch mehrere Kamerateams durch die Ausstellung

Dot-Matrix Display zeigt die Veranstaltungen

Dot-Matrix Display zeigt die Veranstaltungen

Es gab nicht nur viel interessante Hardware zu sehen, sondern auch spannende Vorträge, wie auf dieser Anzeigetafel zu sehen ist. Ich selber habe mit “Über die Besonderheiten beim Sammeln historischer Grossrechner” von Wolfgang Stief angesehen. Die paar alten Heimcomputer und PC, die ich selber besitze nehmen schon erstaunlich viel Platz weg, aber wo stellt man eine 30 Tonnen schwere Control Data Cyber 960 oder eine aus 12 19″ Racks bestehende Cray T3 hin? Aktuell stehen die Schätze des Computermuseum München in einem ausgemusterten Flugzeughangar. Die Herausforderungen solch einer Sammlung sind jedenfalls nicht gerade alltäglich, wie die Stichworte Gabelstaplerschein, Platzverbrauch, 63A Stromversorgung mit 400Hz usw. aufzeigen.

Von den ganz grossen zu den ganz kleinen Maschinen: Es wurden drei Generationen von Hewlett Packard Tischrechnern von 1969 bis 1975 gezeigt. Das geöffnete Modell HP9810A aus dem Jahr 1971 hatte ein dreizeiliges numerisches Display, konnte sage uns schreibe 111 Zahlen und 2000 Programmschritte speichern. Das genügte, um die komplexe Zeichnung zu berechnen, die der angeschlossene Plotter zu Papier brachte. Das Modell wurde ursprünglich zur Berechnung von Baustatik verwendet.

70er Jahre Tischrechner von Hewlett Packard

70er Jahre Tischrechner von Hewlett Packard

Das Thema Ein- und Ausgabegeräte war ohnehin interessant. Bis hinein in die 70er Jahre war der Einsatz von Fernschreibern als Ein-/Ausgabemedium nicht ungewönlich. Das an der PDP-11/34 angeschlossene Modell Teletype ASR33 war seinerzeit ein preiswertes Standardgerät. Mir fiel sofort eine Besonderheit auf, die es von normalen Fernschreibern unterschied: Anstatt die Fernschreibverkehr üblichen 17,5mm Lochstreifen mit 5 Datenlöchern verwendet der Leser/Stanzer 1 Zoll breite Lochstreifen mit 8 Datenlöchern. Er ist damit kompatibel zu den Medien, die DEC für die Speicherung von Programmen und Daten verwendet hat.

Fernschreiber als Terminal

Fernschreiber als Terminal

Lochstreifen als Programmspeicher

Lochstreifen als Programmspeicher

Der Fernschreiber und die Lochstreifen gehörten zu einer mit dem Betriebssystem RT-11 betriebenen PDP-11/34 ungefähr Baujahr 1976. Es ging zu der Zeit allerdings auch schon wesentlich moderner. Die ältere PDP-8/e von 1970 war mit zwei Wechselplattenlaufwerken und einem Doppel-Magnetbandlaufwerk ausgestattet und wurde über ein VT05 Videoterminal bedient. Dieses extrem stylishe Gerät von 1970 war mein erster Berührungspunkt mit Computern. Es muss so um 1972/73 herum gewesen sein, als mich ein Kollege meiner Mutter auf solch einem Terminal hat herumtippen lassen. Wir haben aus ASCII Zeichen ein Burg gemalt…

DEC VT05 Videoterminal

DEC VT05 Videoterminal

DEC PDP8/e

DEC PDP8/e

Ein kleiner Wehmutstropfen war, dass ich die Mailbox nicht zum Laufen bekommen habe. Den Rechner und die Software hatte ich in den letzten Wochen sorgsam vorbereitet, aber am ersten Tag ging die Pufferbatterie für den CMOS Speicher kaputt. Leider war auf die Schnelle kein Ersatzteil aufztreiben. Ein ersatzweise herangeschafter PC hatte Probleme mit dem SCSI CD-ROM Controller. Kaum war das Problem gelöst, fiel vier Mal hintereinander der Strom aus, während ich gerade dabei war, den das Betriebssystem neu aufzusetzen. Mittlerweile war es 12:30 und die Telefonanlage, an die das Modem angeschlossen war, hatte sich von den Stromausfällen auch nicht mehr erholt.

Sehr sehr ärgerlich.

Immerhin hatte zum Thema “Onlinedienste” ein recht interessantes Gespräch mit Eva Kudraß, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Technikmuseum für die Computerabteilung zuständig ist. Das Bewahren alter Rechner und Software ist schon aufwändig genug, aber die Onlinedienste (BTX, Mintel, Plato, BBS, …) sind spurlos verschwunden, sobald sie abgeschaltet wurden. Wie dieses Problem gelöst werden kann, ist noch völlig unklar.

Mir fiel die fast durchgehen enorm hohe mechanische Verarbeitungsqualität der alten Hardware auf. Fast alle Ausstellungsstücke – abgesehen von einigen extrem günstigen Heimcomputern – hatten massive Metallrahmen, solide Tasten, waren in sauberen Modulen aufgebaut und generell sehr servicefreundlich. Heute haben wir schnelle, billige Wegwerfcomputer, die eher an Tupperwaredosen erinnern. Schade.

Ausstellungsvorbereitung VCFB – Content für die Mailbox

Vom 03.10 bis 05.10 wird das Vintage Computing Festival Berlin stattfinden. Das Programm hat ein ungewöhnlicheres Spektrum, als nur die üblichen Heimcomputer der 80er Jahre zu bieten, wie ein Blick in die Liste der angemeldeten Ausstellern zeigt:

  • Eine PDP-11 in zwei 19″-Racks, bestückt mit Wechselplatten, Bandlaufwerk, Lochstreifenleser und -stanzer, und einem Fernschreiber als Terminal.
  • Betriebsdatenerfassung mit Robotronrechnern
  • RPN-Taschenrechner von Hewlett-Packard bis Elektronika
  • Portable Computer der 8-Bit-Ära
  • Ein selbstgebauter Relaisrechner aus dem Jahre 1965
  • Modems aus der Sammlung des Deutschen Technikmuseums
  • Apple Lisa und Next-Computer

Dazu kommt ein interessantes Programm mit vielen Vorträgen und Workshops und eine Abendveranstaltung mit passender musikalischer Performance. Das Vintage Computing Festival verspricht spannend zu werden.

Irgendwie bin ich in die Fänge der Organisatoren gekommen (na gut – das war freiwillig). Ich warf ein, dass die Demonstration einer Mailbox doch ganz spannend sei, um zu zeigen, wie man vor dem Internet Datenfernübertragung durchgeführt hat. Die Reaktion war sinngemäß: “Ja, das ist toll – mach mal…”.

Das hat man nun davon, dass man sich für alten Technikkrempel interessiert: Arbeit ;-)

Den Rechner stellt das Signallabor der Humboldt Universität zur Verfügung. Ich habe ihn auch schon etwas vorbereitet, aber zum Einrichten einer Mailbox gehört mehr, als nur das Installieren von Software – nämlich Content. Den muss man suchen, auswählen, sortieren, kommetieren, integrieren,…

Darum habe ich mich an diesem Wochenende gekümmert: Eine Menüstruktur für die Mailbox, einen Dateibereich und einen Nachrichtenbereich aufzubauen – zunächst in einem DOS Emulator. Ich hoffe, mit der ganzen Dateistruktur auf den richtigen Rechner umziehen zu können. Bis das Ganze “rund” und bunt wird, wird aber noch reichlich Detailarbeit nötig sein. Trotzdem kann ich Euch hier schon mal ein paar Eindrücke:

Mailbox - Administrationsoberfläche

Mailbox - Administrationsoberfläche

VCFB Mailbox - Infotext

VCFB Mailbox - Infotext

VCFB Mailbox - Hauptmenü

VCFB Mailbox - Hauptmenü

VCFB Mailbox - Downloadbereich

VCFB Mailbox - Downloadbereich

VCFB Mailbox - Shareware zum Download

VCFB Mailbox - Shareware zum Download

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