Aufgrund der guten Resonanz im letzten Jahr, fand auch in diesem Jahr wieder das Reload.Land Festival für Elektromotorräder statt. Veranstaltet von Mitgliedern des Craftwerk in Berlin Lichtenberg. Das ist ein Treffpunkt für Motorradbegeisterte, Selbsthilfewerkstatt und ein Veranstaltungsort.
Über die erste Veranstaltung im letzten Jahr hatte ich den Artikel “Viele Zweiräder mit Stromantrieb” geschrieben. Ich bin damals das erste Mal elektrisch angetrieben Zweirräder gefahren, die schneller als 45 km/h sind und war begeistert.
Während die Veranstaltung 2022 noch ein etwas improvisierter Testballon war, ist in diesem Jahr alles ein wenig professioneller. Von den kostenlosen Eintrittskarten, über eine schön präsentierte Ausstellung von Custom Elektro Bikes bis hin zu den Ausstellern.
Wer war da – oder auch nicht?
Am “unteren Ende” waren die E-Bike Hersteller Urban Drivestyle und Super 73 leider nicht mehr dabei. Dafür kam am “oberen Ende” ordentlich was dazu. BMW zeigte seinen erfolgreichen Elektroroller CE04, Harley Davidson brachte seine LiveWire Modelle mit (leider nur zum Angucken und Probesitzen) und Energica kam mit seiner ganzen Produktpalette vorbei und bot geführte Touren an. Brekr aus den Niederlanden und RGNT aus Schweden und Zero aus den USA waren auch wieder vor Ort, dafür fehlte Cake aus Schweden.
Besonders gefreut habe ich mich, daß Sur-Ron anwesend war und ein paar schöne Stücke mitbrachte und auch der direkte Konkurrent Talaria zeigte ein neues Modell.
Neben dem lockeren Herumschlendern und Strom schnacken, konnte man natürlich auch wieder viele Maschinen zur Probe fahren. Im letzten Jahr hatte ich das E-Moped von Brekr, A1 Bikes von BlackTea Cake und Ovaobike, sowie die FX/E und die SR/S von Zero gefahren.
In diesem Jahr hatte ich mich auf BMW, Harley Davidson Livewire und Energica gefreut. Aus der Fahrt mit der Livewire wurde leider nichts. Sowohl die bekannte S1 als auch die neue S2 Del Mar waren nur zum Angucken und Probesitzen vor Ort. Schade. In meinen Augen eine vertane Chance. Dafür fand ich die drei Fahrten, die ich machen konnte umso spannender.
Probefahrt Nr. 1: BMW CE04
Ich hatte mich vor ewigen Zeiten bei BMW zu einer Probefahrt des Elektro-Großrollers CE04 angemeldet. Dazu kam es aber nie, weil das Modell stets ausverkauft war. Umso erfreuter war ich, dass BMW nicht nur anwesend war, sondern auch gleich etliche CE04 mitgebracht hat.
Das Design spaltet: Entweder man findet es völlig unmöglich oder man mag das futuristische. Ich neige zu letzterem. Eine Mischung aus Star Wars und Akira ist für ein modernes Elektrofahrzeug eigentlich genau richtig.
Erster Eindruck nach der Annäherung: Solide bis zum geht nicht mehr. Bester deutscher Maschinenbau und auch die Elektronik inklusive hochauflösendem entspiegeltem Display machte einen guten Eindruck und funktionierte tadellos.
Ich musste mich den ersten Kilometer an die Sitzposition gewöhnen. Da ich noch nie einen Chopper oder Großroller gefahren bin, fand ich die Haltung tief zu sitzen und die Füße weit nach vorne zu stellen sehr eigenwillig. Und die Maschine ist breit. Man muss man die Beine schon recht weit spreizen. Daher könnte es für kleinere Menschen trotz des tiefen Sitzes unerwartet schwierig werden, die Füße auf den Boden zu bekommen. Dazu kommt der wirklich lange Radstand und das recht hohe Gewicht. Ein Wunder an Wendigkeit ist der CE04 also nicht.
Dafür liegt er satt auf Straße, lässt sich trotz der kleinen Räder nicht von Spurrillen irritieren. Beschleunigung ist wie bei allen Elektrofahrzeugen mehr als ausreichend. Genauso klasse ist die Rekuperation. Bei halbwegs ziviler Fahrweise braucht man die Bremse kaum. Lieber die Bewegungsenergie wieder zurück in den Akku.
Der CE04 ist durch sein Gepäckfach (das ruhig etwas größer sein könnte) und die Typ2 Ladebuchse alltagstauglich. Kein Wunder, dass er sich gut verkauft. Der Basispreis von €12.000,- ist für ein so brauchbares Elektrofahrzeug akzeptabel. Auch große Verbrenner Roller kratzen gerne mal an der 10.000er Marke. Aber BMW wäre nicht BMW, wenn es nicht eine lange Aufpreisliste geben würde…
Mein Fazit: Ich bin nicht spontanverliebt, aber der CE04 ist ein gutes, interessantes Fahrzeug. Alltagstauglich, spritzig, super verarbeitet. Zwar teurer als ein Verbrenner, aber nicht mehr doppelt oder dreifach so teuer. Für die Eine oder den anderen bestimmt eine Überlegung wert. Probiert es mal aus. Macht Spass!
Probefahrt Nr. 2: Energica EsseEsse9
Im letzten Jahr hatte ich die Zero SR/F als Benchmark für Motorräder bezeichnet. Umso mehr habe ich mich auf das vergleichbar positionierte Modell vom italienischen Hersteller Energica gefreut. Und die Vorfreude war berechtigt. Denn wenn Italiener im Fahrzeugbau so richtig Herzblut (und Geld) investieren, ist das Ergebnis eigentlich immer extrem geil! Die Maschinen sahen alle bis ins Detail scharf aus. Auch die Qualitätsanmutung ist super.
Natürlich darf es auch kleinere Extravaganzen geben. Die Lösung Fahrmodi (inkl. Rückwärtsgang!) über den Killswitch zu lösen fand ich jetzt nicht so überzeugend. Das hat einen Kollegen bei der Probefahrt auch für 3min. zum Stehen gebracht. Die Probefahrt war nämlich in Gruppe mit einem jungen italienischen Energica Mitarbeiter als Guide. Er fuhr teilweise dort, wo es technisch machbar war etwas – hmmmm – engagiert. Sagen wir mal so: Ich war ganz froh, einen Helm zu tragen und ein italienisches Kennzeichen am Fahrzeug zu haben.
Andererseits: Als wir in einer 30er Zone mit fünf italienischen Sportmotorrädern an einem Biergarten vorbeifuhren und kaum zu hören waren, gab es schon einige erstaunte Gesichter. Im Vergleich zu einer fahrtechnisch ebenbürtigen Ducati sehr leise, aber im Vergleich zu einer Zero deutlich lauter. Dafür sorgt der Antrieb, der die Umwelt wissen lässt, dass hier mechanisch etwas passiert. Aber ich denke, dass das ein guter Kompromiss ist. Noch gehört zu werden, aber nicht rumzunerven ist eigentlich genau das, was man haben will.
Leistungsmäßig ist das hier Oberklasse: 80 kW und satte 207 Nm Drehmoment. Von 0 auf 100 in 3 Sekunden. Noch Fragen?
Andersherum von 100 auf 0 ist dank fetter Brembo Bremsen ebenfalls kein Problem. Das Fahrwerk ist auch über jeden Zweifel erhaben und bietet durchaus mehr Komfort, als erwartet. Vermutlich auch dank des heftigen Gewichts von 260 kg. Die merkt man Gottseidank nur im Stand, bzw beim Rangieren. Selbst sehr langsame Fahrt (Stop and go) ist geschmeidig. Das hat sie mit der Zero gemeinsam.
Das hohe Gewicht liegt zum Teil am Lithium-Polymer Akku mit einer Kapazität von sagenhaften 21,5 kW/h. Das ist so viel, wie vor wenigen Jahren die ersten E-Autos hatten. Und er ist serienmäßig schnelladefähig. Per DC können 6,7 km/min nachgeladen werden. 200 km fahren, 30 Minuten Pause für Toilette, Kaffee, Auflockern und dann weiterfahren ist also völlig realistisch. Einer aus der Gruppe fuhr privat eine Zero und war verblüfft, dass wir auf der Tour nur 2% der Akkuladung verfahren haben.
Mein Fazit: Ich habe ein neues Traummotorrad. Ein Traum wird es aber auch bleiben, bei €25.000,- Einstiegspreis. Puh…
Probefahrt Nr. 3: Sur-Ron Ultra Bee
Dafür habe ich unerwarteterweise einen interessanten, bezahlbaren Kandidaten für Pendeln im urbanen Bereich gefunden: Die Sur-Ron Ultra Bee.
Sur-Ron ist seit Jahren mit seinen Off-Roadern Firefly (siehe mein Fahrberich “Der Ritt auf dem Glühwürmchen“) und der Storm Bee gut im Geschäft. Es gibt mittlerweile auch unfassbar viele Zubehör- und Tuningteile.
Genau zwischen die kleine Firefly und die ausgewachsene Storm Bee haben sie jetzt die UltraBee platziert. Ich konnte das zulassungfähige A1 Motorrad mit Geländebereifung auf dem Geländeparcour testen. Das sehr schmale und leichte (86 kg!) Motorrad ist natürlich extrem handlich und wendig und bügelt grobe Unebenheiten einfach aus. Mit den 6 kW Dauer- und 12,5 kW Höchstleistung kommt sie zwar nur auf 90 km/h Spitze, aber ist in flotten 2,5 Sekunden von 0 auf 50. Das macht Spass! Mit Strassenreifen in der Stadt bestimmt auch.
Und der Akku? Er hat 4 kW/h (72 V, 55 Ah) Kapazität. Man kann ihn herausnehmen, aber bei über 20 kg Gewicht wird man das wohl lieber lassen. Dafür kann man das Ladegerät unter dem Sitz mitnehmen und mit einem Typ2 Adapter sogar an AC Ladesäulen klemmen. Sur-Ron gibt eine maximale Reichweite von 120 km an, aber das ist m.E. völlig unrealistisch. Ich bin seinerzeit mit 1,7 kW/h ca. 40 km weit gekommen – im Stadtverkehr. Ich tippe also auf ca. 80 km in der Stadt. Der Spass kostet €7.500,-
Customizing
Die Motorradszene liebt das customizing, das von leichten Anpassungen bis zu komplett Um- und Neuaufbauten geht. Ich habe an meiner Suzuki ein kurzes Heck, LED Lauflichtblinker und einstellbare, rot eloxierte Kupplungs- und Bremshebel. Das sind eher sehr dezente Anpassungen. Da sieht man im Craftwerk ganz andere Dinge.
Und wenn man Verbrenner Motorräder umbauen kann, geht das mit elektrischen natürlich erst recht. Viele Exemplare wurden in einer liebevoll gestalteten Ausstellung gezeigt. Hier nur ein kleiner Ausschnitt.
Silent Ride
Am Abend des ersten Tages wurde eine gemeinsame Ausfahrt durch Berlin durchgeführt – natürlich ausschließlich mit Elektrofahrzeugen (auch ein elektrischer VW Käfer Umbau war dabei). Ich habe mit das ganze vom Straßenrand aus angesehen. Es ist schon ziemlich speziell, wenn eine Horde von 50 Motorrädern an einem vorbeifährt und das akustisch im normalen Straßenlärm völlig untergeht.
Fazit
Klasse Veranstaltung. Ich hoffe, das wird zu einer Dauereinrichtung. Im letzten Jahr hatte ich noch gefragt “Die Zukunft ist elektrisch – aber ist es die Gegenwart auch schon?” Bei aller Freude und Faszination für die Fahrzeuge schreckte doch immer noch die eingeschränkte Praxistauglichkeit und der Preis der Fahrzeuge. Der Preis bleibt ein Thema, aber bei der Praxistauglichkeit ist der Fortschritt in nur einem Jahr schon deutlich spürbar. Vor dem Ende des Benzinzeitalters muss man als Zweiradfahrer jedenfalls keine Angst haben.
Heute habe ich eine kleine Runde auf dem Gravelbike Orbea Terra H30 in kupferfarbener Lackierung gedreht. Ich bin noch immer auf der Suche nach einem Bio-Bike als Ergänzung zu meinem E-Bike.
Eigentlich habe ich einen heißen Kandidaten, den ich mir auch schon seit mehreren Monaten reserviert habe, aber nachdem Cube den Lieferzeitpunkt nun schon zum dritten Mal um 4 Wochen verschoben hat, schaue ich mich nochmal nach Alternativen um.
Angeblich sind ja im Moment massenweise Fahrräder verfügbar, die die Händler kaum noch loswerden. Das mag sein, bloß was für welche? Alle Räder, die mich interessieren, sind immer noch schwer oder gar nicht zu bekommen. Zumindest nicht in der Ausstattung die ich möchte und in der Rahmengröße, die ich benötige. Von Farbe rede ich schon mal gar nicht.
Orbea Terra H-Serie
Die Terra H-Serie des spanischen Herstellers Orbea ist mir schon ein paar Mal aufgefallen. Sie ist gegenüber der M-Serie mit Carbonrahmen ca. €1.000 günstiger. Allen H-Modellen ist der Aluminium Rahmen und die Carbon-Gabel gemeinsam. Der Rahmen bietet Montagepunkte für Flaschen, Schutzbleche und Gepäckträger. Die Modelle unterscheiden sich im Wesentlichen durch die verbauten Komponenten. Dieses Modell hat die Topausstattung: Shimano GRX-800 Gruppe mit 2×11 Gängen. Der Preis liegt bei €2.300,-
Harmonisch, mit leichten Schwächen
Die Gruppe ist nicht, wie bei manchen anderen Herstellern “auseinandergerupft”, sondern in sich stimmig. Es ist also nicht nur werbewirksam der GRX-810 Umwerfer verbaut, sondern auch dazu passend die richtigen GRX 400 Scheibenbremsen.
Die Schweissnähte sind leider nicht verschliffen. Optisch nicht so schön, aber funktional unwichtig. Dafür sind Kabel und Hydraulikleitungen komplett innen verlegt.
Orbea gibt selber kein Gewicht an. Einige Tester haben das Rad gewogen und kamen auf ungefähr 10,5 KG, was für ein Sportrad ziemlich schwer ist. Beim Anheben, fiel mir das jedoch kaum auf. Da ich ohnehin mit Schutzblechen, Gepäckträger etc. unterwegs sein möchte, muss ich hier nicht allzu pingelig sein. Das Rad würde selbst mit Vollausstattung deutlich weniger wiegen, als mein auch schon vergleichsweise leichtes E-Bike. Wichtiger ist, wie das Rad fährt.
Und es fährt gut. Wie zu erwarten, sind die Schaltung knackig und die Bremsen ziehen schon ordentlich, obwohl sie noch nicht “eingebremst” sind. Das Rad fühlt sich wendig an und die Sitzposition war recht angenehm entspannt, obwohl mir der Rahmen eine Spur zu groß war.
61cm ist etwas zu viel des Guten. Das ist auch der Grund, weshalb ich nur eine sehr kleine Runde gefahren bin. Ich werde nächste Woche das Modell noch in einer kleineren Rahmengöße (59cm) fahren können.
Ende März hatte ich bereits die Berliner Fahrradmesse Kolektif besucht und mir vorgenommen auch auf die VELO Berlin zu gehen, um die beiden Messen zu vergleichen. Meine Vermutung im Vorfeld hat sich nun bestätigt: Die Kolektif im Motorwerk in Weissensee ist kleiner und spezialisierter und die VELO im ehemaligen Flughafen Tempelhof ist größer und mehr Mainstream. Was heißt das denn jetzt im Detail?
Kolektif – speziell
Die Kolektif war eher auf Nischenhersteller mit sportlichem Schwerpunkt ausgerichtet, die sich in einer vergleichsweise kleinen, ehemaligen Fabrikhalle und dem dazugehörigen Werkhof drängten. Darüber habe ich im Artikel “Kolektif 2023 Fahrradmesse” geschrieben.
VELO – mehr und noch mehr
Auf der VELO gab es an diesem Wochenende von allem mehr. Mehr Aussteller, mehr Veranstaltungen, mehr Probefahrten, mehr Catering und viel mehr Besucher. Nicht zuletzt: erheblich mehr Fläche!
Ein Teil der Aussteller hatte Stände im Hangar 4, ein anderer Teil bespielte die Fläche unter dem riesigen Dach auf dem ehemaligen Vorfeld. Der Rest des Vorfeldes wurde aktiv genutzt: Es waren recht großzügig verschiedene Strecken für Probefahrten, Radrennen, Fahrradpolo, Trial und Geschicklichkeitsfahrten abgetrennt.
Die Besucher
Kurz gesagt: Querbeet. Viele Familien mit Kindern, die nach Lastenrädern, Anhängern oder Kinderfahrrädern Ausschau hielten. Viele ältere Menschen auf der Suche nach E-Bikes. Und auch viele Sportler aller Geschlechter und Altersklassen.
Sport
Ganz zu Beginn hatte ich mich noch etwas gewundert, als ich ein ungefähr 8- oder 9 jähriges Mädchen sah, das sein Rennrad durch die Gänge schob. Komplett in vollständigem Renndress mitsamt Schuhen für die Klickpedale. Später habe ich gesehen, dass die Kinder richtige Rennen gefahren sind – inklusive Siegerehrung. Genau dieselbe Ernsthaftigkeit wie die Erwachsenen, dieselben Klamotten und dieselben Profi-Fahrräder – nur eben in klein. Das fand ich gleichermaßen niedlich, wie beeindruckend.
Daneben gab es Leute, die Fahrradpolo spielten oder auf Trailkursen mit speziellen Fahrrädern auf meterhohe Palettenstapel sprangen. Das sieht man ja auch nicht alle Tage.
Kinderfahrräder
Wenn wir schon mal beim Thema Kinder sind: Im echten Leben sind sie natürlich eher nicht auf sündhaft teuren Rennrädern anzutreffen, sondern eben auf Kinderfahrrädern. Unter anderem Puky und Woom waren mit diversen Modellen vom Laufrad bis zu 26 Zoll vertreten. Die Stände waren gut besucht.
E-Bikes
Auf der Kolektif waren sie eher ein Randthema, aber auf der Velo nahmen sie viel Raum ein: E-Bikes. Speziell die Sorte, die ich wenig attraktiv finde war gut vertreten: Dicke Mittelmotoren, dicke Akkus, dicke Rahmen und am besten noch mit kiloschwerer Federung. Riese und Müller, HNF Nicolai und Kalkhoff können sich aber vermutlich nicht über mangelndes Interesse, insbesondere von den älteren Besuchern beschweren. Ich habe zudem nicht nur Pedelecs (führerscheinfrei bis 25Km/h), sondern auch diverse S-Pedelecs (Führerschein ab Klasse AM – Kleinkraftrad, bis 45 Km/h) gesehen.
Es gab aber auch die andere Sorte E-Bikes, die ich schick finde: Möglichst unauffällig, flott und leicht. Neben Ampler, waren auch Coboc, Geero und Bzen anwesend und ein besonders schlichtes und hübsches Exempler hatte Rose dabei.
Lastenfahrräder
Auf der Kolektif ebenfalls nicht im Fokus, aber auf der VELO gut vertreten: Lastenfahrräder. Diverse Hersteller zeigten ihre Modelle. Von den eher etwas betulichen dreiräderigen Modellen von Christiania und Babboe über schnelle Long-John Modelle von Urban Arrow Bullit und GinkGo bis zu interessanten Dreirädern mit Neigetechnik waren viele unterschiedliche Lösungen zu sehen und zu fahren.
Ich finde Lastenräder für mich selbst nicht interessant. Zu schwer, zu speziell, zu groß. Um hin- und wieder mal etwas zu transportieren finde ich Anhänger sinnvoller, die man zusammengeklappt in den Keller stellen kann.
Nein – richtige LASTENFahrräder!
Aber EINE Sorte Lastenrad hat mich brennend interessiert – und jetzt konnte ich so ein Modell ausprobieren. Bei uns im Prenzlauer Berg fahren seit einiger Zeit Lieferdienste mit Lastenrädern, die wie geschrumpfte Transporter aussehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie man diese recht schweren Fahrzeuge vernünftig bewegen kann. Damit es rechtlich ein Pedelec bleibt, ist ja die zulässige Kraft durch einen E-Motor stark begrenzt.
Mubea war mit verschiedenen Varianten seines vierräderigen Mini-Transporters vor Ort: Offen, Überdacht, Kastenaufbau, Pritsche ond sogar eine Variante als Coffee-Bike. Ich habe die offene Pritschenversion ausprobiert. Nach einer gründlichen Einweisung (Rückwärtsgang, Automatikgetriebe etc…) ging es auf den Testparcour – nicht ohne mahnende Worte (“Vorsicht – hinter Dir sind noch fast zwei Meter. Du wärst nicht der erste, der hier die Geländer umfährt…”).
Die Geländer habe ich stehen lassen und bin auch sonst mit nichts kollidiert – aber ich musste schon gut acht geben, denn manchmal wurde es aufgrund des Wendekreises schon recht eng. Die Sitzposition ist aufrecht wie bei einem Hollandrad. Lenken und Bremsen ist mit deutlich mehr Kraftaufwand verbunden, als bei einem normalen Fahrrad. Klar bei dem Gewicht und zwei Vorderrädern. Man muss allerdings kein Herkules sein.
Und das Treten – das ist so witzig!
Beim Losfahren hat man zunächst eine unheimlich kurze Übersetzung. Mit einem Fahrrad könnte man so kaum losfahren, weil man ja für das Gleichgewicht etwas Geschwindigkeit braucht. Es ist zwar – auch aufgrund des Motors – leicht, aber man kurbelt recht schnell und gerade als ich dachte “oh Mann, so kommt man ja nie über 5Km/h heraus” schaltet die Automatik in den nächsten Gang. Das passiert noch ein paar mal und plötzlich fährt man 25. Und das fühlt sich mit dem Gefährt wirklich schnell an!
Ich glaube, das ist eine wirklich spannende Fahrzeugkategorie für alle Fälle, wo kleinere Lasten über kurze Strecken bewegt werden müssen. Neben Lieferdiensten muss ich spontan an Handwerker denken. Die können dann auch die entsprechenden Preise steuerlich absetzen, denn der Spass ist nicht billig. Die Modelle im Prospekt kosten zwischen €10.000 und €15.000 – ohne MwSt!
Für Privatleute ist das so natürlich nichts, aber ich könnte mir diese Fahrzeuge auch noch im Verleih vorstellen. Denn so manches Mal hatte ich mir schon einen ausgewachsenen Transporter geliehen, obwohl nur eine Waschmaschine oder ähnliches von einem Stadtteil zum anderen bewegt werden musste.
Zubehör und Komponenten
Natürlich gab es auch ordentlich Zubehör zu sehen: Helme, Schlösser, Taschen, Kleidung und allerhand Gimmicks.
Im Gegensatz zur Kolektif waren auf der VELO auch einige Hersteller von Komponenten anwesend. Shimano zeigte verschiedene Komponentengruppen, SON seine hocheffizienten Dynamonaben und DT-Swiss Naben und Laufräder. Der Reifenhersteller Schwalbe war ebenfalls mit einem eigenen Stand vertreten.
Sonstiges
Auch allerhand ungewöhnlich Gefährte waren zu sehen und zu fahren. Liegeräder mit zwei und drei Rädern gab es auf den Ständen von HP Velotech und Hase Bikes. So etwas habe ich im letzten Sommer bereits zur Probe gefahren und im Artikel “Warum nicht mal ein Dreirad?” darüber geschrieben.
Ein Anbieter hatte E-Bikes mitgebracht, die wie alte Motorräder aus den 50ern aussahen.
Freunde von Klapprädern, denen ein gefaltetes Brompton (siehe Artikel “In Motorradklamotten auf dem Klapprad“) immer noch zu groß ist, konnten das recht skurrile Kwiggle ausprobieren.
Des Weiteren gab es alle möglichen seltsamen Rahmenformen und sogar Räder aus Bambus oder Holz zu sehen. Der Freiherr von Drais hätte seine Freude daran gehabt.
Und eine Fahrradkategorie verstehe ich überhaupt nicht. Kompakte Fahrräder mit kleinen 20″ Reifen, die aber keine Falträder sind. Wozu dann 20″? Na gut – jedem Tierchen sein Pläsierchen.
Fazit
Es war eine schöne Veranstaltung mit einer breiten Palette von Ausstellern, interessantem Rahmenprogramm und der Möglichkeit zu allen möglichen Probefahrten. Das Wetter war hold. Angenehme Temperaturen und kein Regen.
Ironischerweise konnte ich zu genau dieser Veranstaltung nicht mit dem Fahrrad kommen. Meine Allergien waren so stark, dass ich mit ständig tränenden Augen und laufender Nase einfach nicht verkehrstüchtig war. Aber die Anreise mit Bus und U-Bahn ging ebenfalls recht zügig.
Nach drei Jahren Corona hatte ich mich darauf gefreut, endlich wieder die Berliner Motorradtage besuchen zu können. Daraus wurde leider nichts, weil diese Messe auch 2023 abgesagt wurde. Schade.
Dafür gibt es in diesem Jahr gleich zwei Fahrradmessen: Vom 24. bis 26. März die Kolektif in Weissensee und am 6. und 7. Mai die Velo Berlin in Tempelhof. Ich kannte bisher keine der beiden Messen und habe mir daher vorgenommen, beide zu besuchen und zu vergleichen. Nach allem, was ich bisher gelesen hatte, schien die Velo ein eher breiteres Publikum anzusprechen und die Kolektif ein etwas nerdigeres Publikum.
Schauen wir mal, ob ich mit meinem Vorurteil recht habe.
An diesem Wochenende habe ich die Kollektif besucht. Der Veranstaltungsort ist das Motorwerk Berlin, eine ehemalige Fabrikhalle im Industriegebiet Weissensee. Von der Größe recht überschaubar, aber mit dem richtigem Flair, für eine kleine, aber feine Veranstaltung. Ich bin natürlich (wie die meisten Besucher) standesgemäß mit dem Fahrrad hingefahren und habe es geschafft, trotz des sehr wechselhaften Wetters trocken zu bleiben.
Die Fahrradhersteller
Die wirklichen Branchengrößen waren hier nicht zu finden. Weder Komponentenhersteller wie Shimano, Sram oder Bosch, noch große Fahrradhersteller, wie Trek, Giant, Specialized oder Cannondale. Das hatte ich allerdings auch nicht erwartet und es wäre auch gar kein Platz gewesen. Wer darauf aus ist, sollte die Eurobike in Frankfurt besuchen – eine der drei weltweiten Leitmessen im Fahrradbereich.
Als große unter den kleinen Herstellern waren Brompton, Rose sowie Riese und Müller mit eigenen Ständen vertreten. Daneben waren enorm viele Kleinserienhersteller anwesend, die ich nicht alle auflisten kann. Mir sind die drei Berliner Firmen Schindelhauer, 8Bar und Basic aufgefallen. Schindelhauer stellt in Kreuzberg wunderschöne, schnittige Stadträder her. Ebenfalls in Kreuzberg sitzt 8Bar Bikes, die Gravel- und Urbanbikes auf spezielle Kundenwünsche hin anpassen. Noch einen Schritt weiter geht Basic Bikes aus Berlin Schöneberg: Hier bekommt man Carbonrahmen, die man sich selbst zum Wunschrad komplettieren kann.
Trends: Entweder sehr sportlich oder sehr schön oder beides
Passend zum Publikum (siehe unten) waren die meisten Räder auch recht sportlich. Von flotten Urban Bikes über Gravelbikes in allen Geschmacksrichtungen bis zu den Profi Rennrädern von Cervélo. Eine Sache, die mir auffiel: Es waren viele Anbieter mit Titanrahmen vor Ort.
Quasi der Gegentrend sind filigrane Rahmen aus Stahl, die im normalen Handel mittlerweile fast völlig von Aluminiumrahmen verdrängt wurden. Eine interessante Kombination hatte Böttcher aus Schleswig Holstein dabei: Ein Gravelbike mit Stahlrahmen, Carbongabel und Komponenten von Campagnolo. Mal etwas anderes als immer nur Shimano und Sram.
Stahlrahmen waren auch für ausgesprochen filigrane, klassische Räder angesagt, wie bei Temple Bikes aus Bristol.
Die gehobene und sehr gehobene Preisklasse war also gut vertreten, aber es gab auch attraktive, bezahlbare Räder. Ich selbst lege zwar Wert auf eine gute Schaltung, aber Singlespeed Freunden lege ich einen Blick auf die wirklich sehr schönen und günstigen Räder des britischen Herstellers Quella ans Herz. Die Preise beginnen bei €500,-
Unter all den schönen Rädern fiel mir eines ganz besonders auf, das nahe des Eingangs auf einem Sockel stand. Ein Gravelbike mit einem wunderschönen, gemufften und gelöteten Stahlrahmen. Ich hatte einen interessanten Schnack mit dem Erbauer. Er war von Ostrad, einem Fahrradhändler, der bereits seit den frühen 90er in Prenzlauer Berg sitzt. Ich bin in den letzten 30 Jahren wahrscheinlich 100 mal dort vorbei gegangen, habe aber erst vor kurzem erfahren, dass sie Rahmenbauseminare anbieten, bei denen man sich unter Anleitung sein eigenen Fahrradrahmen zusammenlötet. Sehr spannend!
Nicht im Fokus
Eher (bis auf Ausnahmen) nicht zu sehen gewesen: E-Bikes, Federgabeln, klassische Tourenräder oder betont bequeme Fahrräder.
Insofern habe ich meine Zweifel, ob Riese und Müller, die sich auf hochwertige, sehr robuste aber eben auch sehr schwere E-Bikes spezialisiert haben, hier auf ihre Kosten gekommen sind. Ich denke, dass einfach nicht das richtige Publikum anwesend war. Vielleicht haben ihre Lastenräder bei der Einen oder dem Anderen Interesse geweckt. Wobei der Bereich Lastenrad trotz des Booms auch eher dünn bestückt war. Immerhin gab es im Aussenbereich zur Belustigung ein Lastenradrennen.
Zubehör
Natürlich gab es nicht nur Fahrräder, sondern auch viel Zeug drumherum, wie Bekleidung, Sonnenbrillen, Taschen, Klemmschutzbleche, Handyhalterungen und etliches mehr. Zwei Sattelhersteller waren anwesend. Brooks leider nicht, aber dafür Posedla Joyseat, die individuell angepasste Sättel herstellen – nach Gesäßmessung per 3D Druck.
Reflective Berlin zeigte Sticker, die man an Kleidung, Taschen, Helme und Fahrräder kleben kann, die im Dunkel hoch reflektiv sind. Und das wurde auch vorgeführt. Es ist schon beeindruckend, wenn ein schwarzes Fahrrad angestrahlt wird und der Rahmen plötzlich leuchtend weiß strahlt.
Das Publikum
Um die Messe zu verstehen, muss man sich vor allem das Publikum ansehen. Es war schon sehr Berliner Innenring. Für diejenigen, die sich in Berlin nicht so auskennen und nicht verstehen, was ich damit meine: Eher jung bis mittelalt, fühlt sich irgendwie alternativ, hat aber trotdem Geld in der Tasche und zeigt das auch. Eher sportlich unterwegs, als E-Bike. Ich wäre im Gegensatz zu einigen anderen Besuchern jedenfalls nicht auf die Idee gekommen, mit Rennrad oder Gravelbike anzureisen um dann auf der Veranstaltung mit Klickpedal-Schuhen rumzuhumpeln.
Fazit
Meine Einschätzung hat sich bestätigt: Die Kolektif ist eine schöne, kleine Veranstaltung für Radnerds, die im Gegensatz zur Normalbevölkerung nicht gleich mit Herzflimmern umfallen, wenn man Preise von über €5000,- für ein Fahrrad (ohne e-) genannt bekommt. So ein bisschen Mainstream-Alternativ und alles außer Großserie.
Heute habe ich halbwegs spontan mal ein neues Fahrrad ausprobiert – ein Gravelbike.
Ich stöbere hin- und wieder durch Youtube, Blogs und Fachmagazine um zu schauen, ob es nicht eine sinnvolle, stromlose Ergänzung zu meinem tollen Ampler Curt (“Neuzugang im Fuhrpark: Ampler Curt“) gibt. Dabei habe ich das geniale und kultige Brompton Falterad (“In Motorradklamotten auf dem Klapprad“) und tolle Fitnessräder ausprobiert (“Vier flotte Fahrräder fix gefahren“) und bin sogar vor Liegerädern nicht zurückgeschreckt (“Warum nicht mal ein Dreirad?“). Nur eine Fahrradkategorie hatte ich bisher eher gemieden: Gravelbikes – wörtlich Schotterräder. Warum?
Gravelbikes – die Klischeefahrräder
Diese Fahrradkategorie ist wohl der Gewinner der Coronapandemie. Für mich war das gleichzeitig etwas abschreckend: Überall im Berliner Umland machten plötzlich MAMILS die Waldwege mit diesen Rädern unsicher: Und ich möchte nicht zu diesen mittelalten Männern in engen Lycra Klamotten auf teuren Rädern gehören, die sich unbedingt beweisen müssen, dass sie körperlich noch gut in Form sind und das ganze Zeug aus Statusgründen kaufen.
Vom Alter her passe ich natürlich dazu. Aber körperlich bin ich ‘ne Nulpe (war es auch immer) und muss und kann mir daher gar nichts beweisen. Zudem: Mit Anfang 20 hatte ich mal ein Rennrad und die Sitzhaltung fand ich schon damals recht unbequem. Mit Mitte 50 wird das sicherlich nicht besser.
Andererseits: Gravelbikes sind recht beliebt bei Menschen, die gerne auch mal längere Strecken fahren oder Radwandern (warum muss man das jetzt eigentlich “Bikepacking” nennen?). Das hat sicherlich Gründe.
Was spricht für Gravelbikes?
Gravelbikes sind je nach Auslegung irgendwas zwischen Tourenfahrrad, Mountainbike und Rennrad. Das bedeutet, einerseits dass sie sich in jeder einzelnen Disziplin nicht gegen die Spezialisten durchsetzen (langsamer als Rennräder, weniger Geländegängig als Mountainbikes, weniger Gepäck als Tourenräder), aber sie sind ein ziemlich guter Kompromiss: Recht flott auf der Strasse, gut genug für Feld- und Waldwege und man kann mit Gepäck unterwegs sein. Schutzbleche, Ständer, Gepäckträger und Licht lassen sich nachrüsten. Gute Allrounder also.
Und die Sitzposition?
Ich hatte mehrfach gelesen und gehört, dass die Geometrie und die Sitzposition wesentlich komfortabler als bei Rennrädern sein soll. Zudem sei der Dropbar Lenker auf längeren Fahrten besser, weil man die Griff- und Sitzposition wechseln kann. Da dachte ich mir: Also gut, fahr doch so ein Ding einfach mal.
Und wo finde ich so etwas?
Gesagt und – gar nicht so leicht getan. Weil sich diese Räder wie geschnitten Brot verkaufen. Also recherchieren, wo ein Rad vorrätig ist, das so ungefähr in die Richtung (und Preiskategorie) geht, die einem liegen würde. Und dann muss noch die Rahmengröße stimmen.
Ich war bei Nanobike in der Karl-Marx-Allee. Das ist immerhin der Cube Flagship Store in Berlin. Und selbst die hatten nur ein einziges Gravelbike in meiner Größe vorrätig: Das Modell Nuroad C:62 Pro – also eine Variante mit Carbonrahmen und einer 1×11 Shimano GRX Ausstattung für ca. €2200,-. Ziemlich teuer für ein Fahrrad, aber ziemlich günstig für ein Sportrad mit Carbonrahmen.
Und wie fährt sich das Ding nun?
Wirklich gut und angenehm. Das Rad wiegt mit nur 9,4 kg sehr wenig und rollt trotz seiner immerhin 4cm breiten, profilierten Schwalbe G-One Reifen sehr leicht. Selbst ich komme zügig auf 30 km/h. Schaltung und Scheibenbremsen von Shimano sind wie erwartet klasse.
Meine Bedenken wegen der Sitzposition waren auch größtenteils unbegründet. Zwar sitzt man stärker vorne übergebeugt, als auf einem City- oder Tourenrad, aber auch nicht mehr, als auf meinem Rad mit geradem Lenker. Die Handhaltung auf den Bremshebelhörnchen (oder wie heissen die Dinger?) scheint mit entspannter, als bei geradem Lenker und man hat immer noch die Alternative, aufrechter zu sitzen, falls man nicht dauernd bremsbereit sein muss.
Das zunächst ungewohnte Schalten mit dem Bremshebel klappt nach zwei Minuten ganz intuitiv. Dank der breiten Reifen und dem Carbonrahmen ist das Rad zwar straff aber nicht bretthart. Die 1×11 Schaltung reicht für mich sowohl von der Übersetzungsbandbreite, als auch von der Abstufung locker aus.
Natürlich kann ich nach einer kurzen Probefahrt nicht beurteilen, wie man sich nach einem kompletten Tag auf dem Rad fühlt, aber der erste Eindruck ist sehr gut.
Fazit
Es hat gute Gründe, weshalb diese Fahrradgattung so beliebt ist. Ich habe tatsächlich kurz gezuckt, ob ich das Rad gleich mitnehme. Andererseits möchte ich eigentlich keinen Carbonrahmen, weil die Dinger doch recht empfindlich sein sollen. Und so schick die komplett innenverlegten Züge und Bremsleitungen sind: Wehe man muss das mal reparieren. Aber einer etwas schlichteren Alu-Variante für ein paar hunderter weniger wäre ich nicht abgeneigt.
Das Jahr ist fast vorbei – Zeit für einen Rückblick. Nach zwei Jahren Pandemie war 2022 das erste Jahr, in dem man endlich wieder etwas unternehmen konnte, Leute treffen, Reisen. Und das habe ich gut genutzt, denn seien wir ehrlich – jeder von uns spürt da Nachholbedarf.
Nun ist “etwas zu unternehmen” in der Regel leider auch mit Energieverbrauch verbunden. Daher kombiniere ich mal den Jahresrückblick mit meiner aktuellen CO2 Bilanz und vergleich sie mit der, die ich für 2019 – dem letzten Jahr vor Corona – aufgestellt hatte (Meine CO2 Bilanz im Vergleich). Damit die Zahlen vergleichbar sind, habe ich wieder den CO2 Rechner des Umweltbundesamtes verwendet.
Meine Unternehmungen und Highlights 2022
Im Mai fuhr ich bei schönstem Frühlingswetter mit dem Motorrad in die Schorfheide. Dort fand zum 27. Mal der Motorradgottesdienst Friedrichswalde statt. Eine sehr schöne Veranstaltung, die sogar mich alten ungläubigen Zausel in die Kirche bringt.
Ein Wochenende später im Mai habe ich die Die wahrscheinlich lässigste Musikmesse der Welt besucht: Die Superbooth. Eine sehr entspannte und sehr -hmm andere – Veranstaltung rund um elektronische Musik. Gefühlt eher ein Festival, statt einer Messe.
Das verlängerte Wochenende habe ich genutzt, um Himmelfahrt aufs Land nach Niedersachsen zu fahren. Dort habe ich Teile meiner Verwandschaft besucht, die ich leider viel zu selten sehe. Das war mir sehr wichtig und wir hatten viele interssante Gespräche.
Ebenfalls noch im Juni habe ich mich zum ersten Mal nach zwei Jahren wieder in ein Flugzeug gesetzt, um die Biennale Arte 2022, Venedig in Venedig zu besuchen. Die Biennale selbst hatte Höhen, Tiefen und Längen, aber Venedig ist immer eine Reise wert.
Da mein Programm für 2022 schon recht dicht war, habe ich mir den Besuch der Documenta in Kassel gespart. Nach dem wirklich peinlichen und unprofessionellen Gewürge um die Veranstaltung war ich im Nachhinein auch ganz froh.
Im Gegensatz dazu war das erste Festival für elektrische Motorräder in Berlin im Juli, sehr klein und noch etwas improvisiert aber erhellend und spassig. Vor allem hatte ich endlich die Gelegenheit, Viele Zweiräder mit Stromantrieb auszuprobieren. Mein Fazit: Ganz klar – die Zukunft ist elektrisch!
Überhaupt habe ich das ganze Jahr lang immer mal wieder (für mich) neue Fahrzeugtypen ausprobiert: sportliche Fahrräder, Klappräder, Dreiräder, E-Bikes und Elektro Motorräder.
Der Sommer war etwas ruhiger und ich habe im Wesentlichen versucht, mich von der Hitze fernzuhalten.
Im August habe ich in Hamburg Freunde wiedergesehen, die nach Kalifornien ausgewandert sind und ihren Urlaub in der alten Heimat verbrachten. Anschließend verschlug es mich für eine Woche nach Glücksburg an die Ostsee. Allerdings nicht zum Urlaub, sondern um Remote Work auszuprobieren. Ja geht, aber man muss schon etwas flexibel sein und es kostet natürlich auch.
Im September hat es mich dann für vier Tage nach Mallorca verschlagen – wiederum nicht zum Urlaub, sondern zum Besuch der Web Engineering Unconference 2022.
Der Oktober wurde Vintage Computing Festival Berlin 2022 eingeläutet. Diese Mal wieder in der Humboldt Universität und mit einem spannenden Programm und vielen interessanten Ausstellungsstücken.
Ende Oktober habe ich einen Freund in London besucht (London, Oktober 2022). In der Woche haben wir viele Dinge unternommen, Museen besucht, Spass gehabt.
Das Jahr 2022 kann ich für mich so zusammenfassen: Ich habe endlich wieder viele liebe Menschen wiedergetroffen und darüberhinaus sehr viele interessante und anregende Veranstaltungen und Orte besucht. Das war gut für die Seele und den Geist.
Meine CO2 Bilanz für 2022
Nicht so gut, dass ich drei mal geflogen bin, aber da ich im Alltag dank Homeoffice und Fahrrad mittlerweile fast vollständig nicht nur auf das Auto, sondern auch auf öffentliche Verkehrsmittel verzichte, ist das vielleicht gerade noch O.K. Schauen wir uns die Zahlen an:
Im Jahr 2019 lag die durchschnittliche CO2 Emission pro Kopf in Deutschland bei 11,61 Tonnen. Mit meinen 9,22 Tonnen war ich ca. 20% weniger schlimm.
Im Jahr 2022 ist die durschnittliche CO2 Emission pro Kopf in Deutschland um knapp 8% auf 10,78 Tonnen gesunken. Meine Emissionen sind ebenfalls gesunken. Um knapp über 4% von 9,22 auf 8,83 Tonnen. Damit liege ich weiterhin 20% unter dem Bundesdurchschnitt.
Trotz des positiven Trends – das ist natürlich immer noch meilenweit von den 2 Tonnen entfernt, die pro Kopf maximal drin sind, um die Erderwärmung zu stoppen.
Im Dezember 2021 hatte ich mir ein E-Bike gekauft: Das wirklich tolle und schicke Ampler Curt (siehe “Neuzugang im Fuhrpark: Ampler Curt” . Ein E-Bike deshalb, weil ich als Asthmatiker auf normalen Fahrrädern an manchen Tagen ernsthaft Probleme bekomme, wenn es mal ein bischen bergan geht oder der Wind von vorne kommt. Es nicht immer so, aber wenn, dann ist das wirklich extrem unangenehm. Im Endeffekt hat das dazu geführt, dass ich eigentlich so gut wie nie das Fahrrad genommen habe. Das E-Bike hat mir die Angst genommen, irgendwo mit einem Asthmaanfall liegen zu bleiben.
Seitdem bin ich mit dem Rad regelmäßig ins Büro gefahren und wenn ich mal nach Mitte, Friedrichshain, oder Kreuzberg muss, ist es häufig das Verkehrsmittel der Wahl. So weit so schön.
Das E-Bike speichert die Fahrstecken und seit einiger Zeit fahre ich auch mit Tachometer. Nach mehreren hundert Kilometern sind mir beim Betrachten der Daten nun zwei Dinge aufgefallen:
30% der Strecken bin ich komplett stromlos gefahren.
70% der Strecken hatte ich zwar die Unterstützung eingeschaltet, aber die Hälfte davon fahre ich zwischen 25km/h und 30km/h – auf kurzen Abschnitten auch schon mal (ganz kurz) bis 38km/h. Also ebenfalls stromlos.
Das ist deutlich weniger Unterstützung und sehr viel schneller, als ich ursprünglich erwartet hatte.
Der Grund dafür ist, dass das Curt leicht ist (15kg für ein E-Bike ist super), mit sehr hochwertigen Komponenten ausgestattet ist und dehalb sehr leicht rollt. Mir ist im Berufsverkehr folgendes aufgefallen: Wo ich einmal trete und dann die nächsten 50-80m rolle, treten andere mit billigeren Rädern die ganze Zeit und sind dennoch langsamer. Da kam mir folgende Frage in den Sinn:
“Wenn ich den Elektroantrieb eigentlich nur dafür verwende, an der Ampel schneller loszufahren, warum schleppe ich dann die Kilos für Motor und Akku mit? Tut es nicht auch ein vergleichbares Bio-Bike, das dafür nochmal ein paar Kilo leichter ist?”
Gut, probiere ich also entsprechende Räder aus. Aber wie nennt man eigentlich die Art Fahrrad? Sportliche Geometrie, aber ohne Rennlenker, leicht, so wenig dran wie möglich, aber STVZO konform (wenn man Schutzbleche, Klingel und Licht nachrüstet)? Nach etwas Recherche kam ich auf den Begriff “Fitnessbike” oder “Citybike”. Hmm, na gut – ist ja nur ein Label.
Ich konnte vier Räder ausprobiert: Drei von Cube und eines von Rose. Zwei hatten Kettenschaltungen (Fitnessbike) und zwei Nabenschaltungen und Zahnriemen statt Kette (Citybike).
Cube SL Road Race
Eckdaten: 10,6 kg für € 1199,-.
Das Cube SL Road Race in schickem Petrolblau hat einen sauber verarbeiteten Alurahmen mit einer Carbongabel. Es ist mit der 11-fach Kettenschaltung Shimano GRX RD-RX810 ausgestattet. Die weiteren Komponenten (Kassette, Tretlager, Kubelgarnitur) sind ebenfalls von Shimano und von entsprechender Wertigkeit. Die Reifen (Schwalbe G-One Allround, Kevlar, 40-622) rollen trotz ihrer Breite und des Noppenprofils verblüffend leicht und leise. Das Rad fuhr sich sehr angenehm, wendig, leicht und flott.
Für den Preis von €1199,- wäre das Teil ein echtes Schnäppchen – wenn es auch gute Bremsen hätte. Hat es aber leider nicht. Dabei sehen die hydraulischen Scheibenbremsen von Tektro auf dem Papier und in echt gut aus, aber die Bremsleistung ist leider ungenügend – auch wenn ich berücksichtige, dass das neue Rad noch nicht eingefahren war. Schade.
Rose Multistreet 2
Eckdaten: 9,6 kg für € 1549,-.
Der Aluminiumrahmen des Rose Multistreet ist in dezentem mattschwarz lackiert, aber die knallrot lackierten Innenseiten von Gabel und Hinterbau machen es aus einigen Blickwinkeln zu einem Hingucker. Mit 9,6 kg ist es das leichteste Rad im Vergleich. Das Rad ist mit der 22 Gang Kettenschaltung Shimano GRX 400, entsprechenden Komponenten und hydraulischen Shimano BL-MT200 Scheibenbremsen ausgestattet. Nicht absolute Oberklasse, aber gut. Die Reifen sind Schwalbe G-One Allround Performance, Classic Skin 700x38C.
Vom Fahrgefühl lag dieses Rad am dichtesten am Curt. Wendig, sportlich, flott. Die Carbongabel zeigte sich beim scharfen Bremsen flexibler, als die vom Curt. Das Gewicht ist ein Traum. Dieses Rad aus dem Keller zu holen stellt niemanden vor ein Problem.
Als einzigen möglichen Negativpunkt sehe ich, dass Rose-Räder eben nur von Rose verkauft werden. Es gibt nur 13 Stores in Deutschland, in denen man das Rad warten lassen kann.
Cube Hyde Race
Eckdaten: 11,8 kg für € 1199,-.
Die auffällige Lackierung des Cube Hyde Race ändert je nach Blickwinkel und Lichteinfall die Farbe – von metallic Rosa über Silber bis metallic Mint. Rahmen und Gabel sind aus Aluminium, In der Hinterradnabe ist eine 8 Gang Shimano Alfine SG-S700 verbaut, die Kraft wird per Gates CDX Zahnriemen übertragen, gebremst wird mit hydraulischen Shimano BR-MT200 Scheibenbremsen. Bereift ist das Rad mit Schwalbe G-One Allround, Kevlar, 40-622.
Mit knapp unter 12 kg ist das Rad noch einigermaßen leicht, aber im Vergleich doch spürbar schwerer, als z.B. das Rose. Da ich, wie ich eingangs geschrieben habe, Wert auf Effizienz lege, war ich gespannt, ob sich die Kombination aus breiten Reifen, Nabenschaltung und Karbonriemenantrieb auf die Leichtgängigkeit auswirkt.
Zu meiner Verblüffung muss ich sagen, dass sich das Rad richtig gut fährt. Es rollt leicht, die Spreizung der Gänge ist für die Stadt mit leichten Hügeln absolut ausreichend. Auf der Karl Marx Allee war ich im 5. Gang zügig unterwegs. Im Gegensatz zu den Kettenschaltungen kann man auch im Stand schalten. Das ist praktisch, wenn man z.B. beim Heranrollen an die Ampel vergessen haben sollte, runterzuschalten. Es ist auch kaum ein Freilaufgeräusch zu hören. Am besten kann ich das Fahrgefühl mit “geschmeidig” bezeichnen.
Cube Editor
Eckdaten: 11,5 kg für € 1699,-.
Das Cube Editor kommt in einer matt Grünmetallic Lackierung und hervorragend dazu passenden matt Champagnermetallic farbenen Felgen. Das Setup ist ähnlich wie beim Hyde, aber die Komponenten sind ein Stufe hochwertiger. In der Hinterradnabe steckt eine 11 Gang Shimano Alfine SG-S7001 Schaltung, für die Kraftübertragung sorgt hier ebenfalls ein Gates CDX Zahnriemen, gebremst wird mit sehr guten Shimano Deore BR-M6000. Die Bereifung ist hier ebenfalls Schwalbe G-One Allround, Kevlar, 40-622.
Das Editor ist dem Hyde auch vom Fahrgefühl recht ähnlich. Die wichtigsten Unterschiede sind Antrieb und Bremsen. Man bemerkt im direkten Vergleich, dass die Alfine 11 Gang mit 409% gegenüber der Alfine 8 Gang Schaltung mit 309% eine etwas weiter gespreizte Gesamtübersetzung hat. Wichtiger ist, dass die Sprünge zwischen den wichtigen mittleren Gängen kleiner sind. Auf der Karl Marx Alle hatte ich hier den 6. Gang zum zügigen Cruisen gewählt. Außerdem sind die 6000er Bremsen richtig gut.
Ich habe gelesen, dass die Alfine 8 und 11 Gang Schaltungen unterschiedlich aufgebaut sind (8er Kugellager, 11er Nadellager) und auch unterschiedliche Pflege benötigen (9er Fett erneuern, 11er Ölwechsel). Jedenfalls ist es wichtig zu wissen, dass auch Nabenschaltungen nicht völlig ohne Pflege funktionieren.
Fazit
Ich habe die Räder alle kurz hintereinander zur Probe gefahren und konnte sie so gut vergleichen. Alle wiegen wenig, fahren gut und wendig und laufen sehr leichtgängig. Interessant fand ich, daß alle mit Schwalbe G-One bereift sind. Die Unterschiede zwischen Kettenschaltung und hochwertiger Getriebenabe mit Zahnriemen sind bei normaler Alltagsfahrerei längst nicht so groß, wie ich dachte. Am wichtigsten ist wohl, das sich die Kettenschaltungen etwas knackiger und trockener anfühlen und nur während der Fahrt geschaltet werden können. Die Nabenschaltungen sind leise, geschmeidig und lassen sich im Stand schalten. Die Bremsen sind beim Cube Editor am besten, beim Cube Hyde Race und dem Rose Multistreet 2 gut und beim Cube SL Road Race leider nicht gut.
Alle vier Räder kann man mit Schutzblechen, Ständer und Gepäckträger nachrüsten. Das bringt zwar etwas zusätzliches Gewicht, aber man liegt immer noch spürbar unterhalb eines normalen Trekkingrades. Als Lichtanlage wird für alle vier Räder eine Batterieanlage empfohlen.
Mir hat vom Fahrgefühl das Rose Multistreet 2 am besten gefallen, weil es sehr leicht und knackig fährt.
Das Cube Editor ist geschmeidig, hat die besten Bremsen und man braucht keine Angst vor Kettenfett an der Hose zu haben.
Das Cube Hyde Race ist nicht viel schlechter, dafür €500,- günstiger.
Das Cube SL Road Race kommt vom Fahrgefühl sehr nahe an das Rose heran – wenn nur nicht die schlechten Bremsen wären.
Vom letzten Punkt abgesehen sind alle vier Räder gut und würden für mich als stromlose Alternative zu meinem Ampler in Betracht kommen. Sie fahren spürbar leichter als normale Touren- oder Trekkingräder und nehmen so meinem Asthma etwas den Schrecken.
Ich bin heute mit einem Klapprad gefahren – in Motorradklamotten!
So, jetzt kurz das schön alberne Bild setzen lassen, an das ihr gerade denkt, und dann erzähle ich, wie es dazu kam.
Kleine Motorradausfahrt am Samstag
Samstag Vormittag, zurück vom Einkauf. Draußen schönstes Motorradwetter. Ich bin dieses Jahr noch nicht viel gefahren und muß zusehen, nicht aus der Übung zu kommen. Also beschloß ich, meinen Mittagssnack im 45 über Null zu mir zu nehmen. Der Bikertreff für beide Sorten – Motorrad- und Fahrradfahrer – am Ende der nördlichen Startbahn des Flughafens BER in Selchow. Das ist so eine Art Biergarten, in dem man prima Planespotting machen kann. Es ist schon etwas Besonderes, wenn Ryanair im Landeanflug knapp über die Klappstühle hinwegfegt.
Okay, das erklärt die Motorradklamotten, aber noch nicht das Klapprad. Schließlich bin ich mit meiner “süßen Suzi” dorthin gefahren und nicht mit dem Fahrrad.
Seit ewigen Zeiten wollte ich das Faltrad von Brompton ausprobieren. Ich komme gleich darauf, weshalb ich genau das interessant finde. Leider stellte sich das als verblüffend schwierig heraus. Es gibt zwar ein paar kleine Händler in Berlin, die das Brompton führen, aber die sind so gnadenlos überlastet, dass ich nie einen Beratungstermin bekommen konnte, wenn ich gerade Zeit hatte und bei Zweirad Stadler kaufe ich aus Prinzip kein Fahrrad.
Der besondere Fahrradladen
Es blieb noch ein Laden übrig, den ich noch nicht angefragt hatte: “The urban mobility store” in der Kolonnenstraße in Berlin Schöneberg. Und genau der fiel mir ein, als ich gerade unterwegs war. Ohne große Hoffnung habe ich also einen Schlenker nach Schöneberg gemacht und zunächst dorthin gefahren.
Als ich an dem kleinen, aber feinen Laden angekommen bin, musste ich auch ein paar Minuten draußen warten, weil gerade alle Mitarbeiter zu tun hatten. Durch das Fenster konnte ich bereits sehen, dass sie nur zwei Fahrradmarken im Sortiment haben: Brompton und Moulton. Beides Falträder aus Großbritannien.
Nach kurzer Zeit kam ein Mitarbeiter (der sich später als Inhaber herausstellte) auf mich zu. Ich erzählte, dass ich schon länger ein Auge auf die Brompton Räder geworfen habe, wofür ich mir solch ein Rad vorstellen kann und was ich sonste so fahre. Mir wurde flott erklärt, welche Modellinien es gibt und wofür welche besonders gut geeignet ist. Und schon nach ein paar Minuten fiel dann der Satz, daß ich das Rad unbedingt ausprobieren müsse, getreu dem Motto:
‘You don’t get Brompton until you get a Brompton’ – man begreift Brompton dann, wenn man sich eins greift.
Sehr gerne – aber ohne Helm, Handschuhe und Lederjacke Immerhin waren 20 Grad und die Sonne schien. Motorradhose und Stiefel konnte ich natürlich nicht ablegen, aber für eine kurze Probefahrt ging es auch so.
Zunächst fuhr ich ein Modell der ‘C’-Linie mit 6 Gang Schaltung. Als ich wieder zurück kam, kam auch gerade ein anderer Kunde von einer Probefahrt zurück und mir wurde gesagt, ich solle das Modell auch noch einmal zum Vergleich fahren. Ein Modell der ‘P’-Linie mit 4 Gang Schaltung. Was daran sonst noch anders ist, wollte er mit im Nachgang sagen.
An dieser Stelle muss ich mal kurz erklären, was an diesem Fahrrad das Besondere ist und weshalb ich mich dafür interessiere.
Das besondere Fahrrad
Generell mag ich schlichte, leichte Fahrräder ohne Gedöns, die leicht rollen. Ich habe mir im letzten Jahr das Ampler Curt E-Bike angeschafft, das ganz fantastisch ist. Ich fahre damit regelmäßig ins Büro und bin super zufrieden. Außer, dass ich es nicht gut mitnehmen kann, weil es ein ausgewachsenes 28″ Rad mit großem Diamantrahmen ist. In Bus und Bahn braucht man einen extra Fahrschein und an mein Auto kann ich keinen Fahrradträger anbauen, weil es ein Cabrio ist.
Für dieses Problem wurden in den 70er Jahren Klappräder erfunden. Die Räder waren sehr kompakt und ließen sich durch ein Scharnier am Rahmen relativ einfach zusammenklappen, um sie im Auto Kofferraum zu verstauen. Böse Zungen redeten allerdings von “Knickrädern”, weil sie so schlecht fuhren, dass man sie sich auch gleich knicken konnte.
Ich hatte als Kind auch mal so ein Ding. Selbst vom Sperrmüll gezogen und wieder flott gemacht. Nur war das Teil leider schwer wie Bleibarren, hatte keine Schaltung und lausige Bremsen. Damit zu fahren machte soviel Spaß, wie ein Klavier vor sich her zu schieben, nämlich gar keinen.
Das von dem Briten Andrew Ritchie Ende der 70er Jahre entwickelte Faltrad fährt sich dagegen leicht wie ein normales Fahrrad, gehört aber aufgrund einiger technischer Besonderheiten zusammengefaltet zu den kleinsten Fahrrädern überhaupt. Es ist daher hervorrgend dafür geeignet, in Bus und Bahn als kostenloses Handgepäck mitgenommen zu werden. In den Kofferraum passt es sowieso locker.
Der Grund für die Kompaktheit liegt in den 16″ kleinen Rädern und dem ungewöhnlichen Faltmechanismus. Das sieht auf den ersten Blick kompliziert aus, aber mit etwas Übung kann man das Fahrrad in weniger als 30 Sekunden zusammen- und gleich wieder auseinanderfalten. Sehr verblüffend, wenn man das zum ersten Mal sieht.
Die Probefahrten
Meine erste Fahrt war mit einem Modell der ‘C’-Linie. Das ist “die gute Mitte”. Stahlrahmen, mittelhoher Lenker, 6 Gang Schaltung, 12 kg. Nach kurzer Einweisung ging es los – mitten in das Schöneberger Fahrradgetümmel.
Obwohl der Rahmen gefühlt auf Knöchelhöhe ist, sind Lenker, Sitz und Pedale dort, wo man sie erwartet. Die Sitzposition ist tatsächlich wie auf einem normalen Touren- oder Stadtrad. Und es fährt sich auf fast so: Leichtgängig und die Übersetzungen sind für die Stadt mit leichten Hügeln mehr als ausreichend. Ich bin auch in der Motorradhose nicht ins Schwitzen gekommen.
Die Schaltung ist jedoch etwas erklärungsbedürftig. Es handelt sich um eine 3 Gang Nabenschaltung (Schalter rechts) in Kombination mit einer 2 Gang Kettenschaltung (Schalter links), deren Gänge mit ‘+’ und ‘-‘ bezeichnet sind. Anstatt die Gänge 1-6 schaltet man so: 1-, 1+, 2-, 2+,3-, 3+.
Aufgrund der winzigen Räder ist der Geradeauslauf recht nervös, aber daran hat man sich nach ein paar hundert Metern gewöhnt. Ich bin auch über mittelschlimmes Kopfsteinpflaster gefahren und das Rad schlug sich verblüffend gut: Nicht klapperte, nichts hat sich verwunden oder geknirscht und als Highlight ist das Heck sogar leicht gefedert.
Ich kann mir gut vorstellen, auf dem Bromton weiter, als nur Kurzstrecke zu fahren. Vermutlich etwas langsamer, als auf meinem Ampler, aber entspannt.
Die zweite Fahrt habe ich auf einem Modell der ‘P’-Linie gemacht. Tiefer Lenker, 4 Gang Kettenschaltung (einfach 1-4), nur 10 kg Gewicht. Im Kern das selbe Fahrrad, aber mit sportlicher Sitzposition, es schien noch etwas leichter zu rollen, die Schaltung ist gut abgestuft, aber möglicherweise fehlt ein Gang für richtige Steigungen. Dafür hatte ich das Gefühl etwas zügiger unterwegs zu sein. Die fehlenden zwei Kilo gegenüber der ‘C’-Linie sind beim Tragen deutlich spürbar.
Aber wie bei jedem Fahrzeug: Leichtbau kostet Geld. Die Gewichtsersparnis kommt zum guten Teil daher, dass Gabel und Heckrahmen aus Titan hergestellt sind und das macht sich deutlich im Preis bemerkbar. Während der Preis bei der ‘C’-Line je nach Ausstattung bei ca. €1.800,- liegt, sind es bei der ‘P’-Line bereis ca. €2.700,-. Wer mag, kann aber natürlich noch deutlich mehr Geld ausgeben. Es gibt noch ein E-Bike von Brompton und ein Modell, dessen Rahmen vollständig aus Titan hergestellt ist und das nur 7,5 kg wiegt.
Mein Fazit
Das Brompton Faltrad ist nicht ohne Grund Kult und seit über 40 Jahren auf dem Markt erfolgreich. Es fährt sehr gut, und lässt sich sensationell klein zusammenfalten. Das ist nicht einfach nur ein interessantes technisches Detail, sondern sorgt dafür, dass es hervorragend als Ergänzung zum ÖPNV genutzt werden kann. Die Räder sind zwar recht filigran, aber haltbar. Mehr als 20 Jahre Nutzung sind eher die Regel, als die Ausnahme.
Es gibt aufgrund der ungewöhnlichen Konstruktion ein paar Besonderheiten, auf die man nicht sofort kommt (“Warum hat das Rad keinen Ständer?”, “Warum hat das Rad keinen Gepäckträger”), und auch ein paar Einsatzszenarios, die sich vielleicht erst im Laufe der Zeit erschliessen.
Wer sich in Berlin für das Brompton interessiert, dem kann ich einen Besuch beim “The urban mobility store” in der Kolonnenstraße in Berlin Schöneberg empfehlen. Die Jungs sind super freundlich, echte Überzeugungstäter und mit dem Herz bei der Sache. Obwohl recht viel in dem kleinen Laden los war, wurde ich ausführlich und ohne Hektik beraten – inklusive kleiner Annekdoten und trotzdem musste niemand lange warten.
Ich hatte spontan die Möglichkeit, ein ungewöhnliches Fahrzeug auszuprobieren: Ein Trike – ein Liegerad mit drei Rädern.
Wieso denn sowas?
Auf das Thema Liegerad bin ich vor kurzem aufmerksam geworden, als ich Berichte von der Zweiradmesse Eurobike angesehen habe. Ich mag ja ungewöhnliche Fahrzeugkonzepte und fand das spontan interessant – nicht nur, aber auch auch technisch. Trotz meiner Neugier war ich aber zunächst skeptisch; Weil man tief sitzt, nicht das eigene Gewicht auf die Pedale bringen kann, das doch bestimmt recht wackelig ist und überhaupt sind die Teile trotz des momentanen Fahrradbooms selbst in Berlin noch immer recht selten. Das wird doch bestimmt Gründe haben…
Neugier siegt
Nachdem ich mich ein bischen in die neue Materie eingelesen habe, wollte ich mir ein eigenes Urteil bilden. Und das geht nur, indem man so ein Gefährt einmal selber fährt. Entsprechende Händler gibt es in ganz Deutschland nur eine Handvoll. Aber ich lebe ja in Berlin, wo es für jede schräge Idee oder seltene Nische irgendwo Spezialisten gibt. Und tatsächlich existiert unweit von meinem Büro ein kleiner Spezialladen für Liegeräder: Hofrad.
Die Inhaber sind sehr rührig und fahren selbst mit Liegerädern auf große Tour (z.B. durch Südamerika). Ich habe, nachdem ich meine Neugier und fachliche Unkenntnis gestanden habe, ein ziemlich langes und umfassendes und ehrliches Beratungsgespräch bekommen, bevor wir dann zum Punkt kamen “Wenn Du noch nie ein Liegerad ausprobiert hast, suchen wir Dir jetzt eines raus und dann fährst Du mal eine Runde durch den Kiez”.
Obwohl das Geschäft recht klein ist, haben sie doch eine verblüffende Zahl recht unterschiedlicher Modelle von verschiedenen Herstellern dort. Von extrem flach und sportlich über Reiserad bis zu Modellen, die eher an Krankenfahrstühle erinnern, mit und ohne Strom, mit zwei und mit drei Rädern usw.. Was davon taugt denn für einen ersten Eindruck?
Bei normalen Fahrrädern mag ich es möglichst puristisch, leicht, ungefedert und schnell. Davon sollte es sich deutlich abgrenzen, also drei anstelle von zwei Rädern. Ich habe mich für ein Modell der Mitte entschieden. Nicht zu sehr Reha, nicht zu sportlich, geeignet für lange Touren. Da man bei Kopfsteinpflaster nicht wie bei normalen Rädern einfach mal aus dem Sattel steigen kann, gerne auch eines mit Federung. Erst mal ohne Motor, weil ich einen Eindruck bekommen wollte, wie schwer sich so ein Gerät bewegen lässt. Es wurde dann ein Scorpion fs 26 mit 26″ Hinterrad, Vollfederung, Pinion Getriebeschaltung und hydraulischen Scheibenbremsen von Shimano vom deutschen Hersteller HP Velotechnik.
Als das Rad fertig auf meine Beinlänge eingestellt vor der Tür stand, gab es erst einmal eine Einweisung. Zum Beispiel braucht das Trike natürlich keinen Ständer, aber dafür eine Feststellbremse, damit es nicht einfach wegrollt. Und dann die Frage, wie man sich eigentlich draufsetzt. Eigentlich ganz einfach: Die Beine zwischen Pedale und Vorderachse stellen und hinsetzen, wie auf einen kleinen Stuhl. Aufstehen geht auch gut, obwohl der Sitz nur 38cm über der Fahrbahn ist.
Los geht’s…
Gleich nach den ersten Metern ging es vom Bürgersteig runter auf die Fahrbahn – und die besteht wie bei sehr vielen Nebenstrassen in Berlin aus Kopfsteinpflaster. Natürlich ist das Liegerad keine Sänfte, aber die Federung machte ihre Sache gut und ich wurde nicht durchgeschüttelt. Die Sitzposition ist natürlich erst einmal ungewohnt, aber bequem. Anstatt einer Lenkstange direkt vor sich hat man links und rechts einen Steuerknüppel in der Hand. Die Lenkung der beiden Vorderräder ist sehr leichtgängig und direkt. Am besten fasst man nicht zu fest zu, weil man sonst schnell Zickzack fährt. Mit lockerem Griff geht es stabil geradeaus.
Nach hundert Metern kam ich dann zu einer Querstrasse und hier machte sich die niedrige Sitzposition negativ bemerkbar – ich konnte nicht über die parkenden Autos schauen, sondern musste recht weit vor fahren, um den Querverkehr einzusehen. Das war aber kein großes Problem und so konnte ich nacht rechts abbiegen und auf glattem Asphalt ein gutes Stück geradeaus fahren. Dabei habe ich dann auch ein paar Gänge raufschalten können und war zügig unterwegs. Nicht so schnell, wie auf meinem Ampler Curt, aber doch flott. Das hohe Gewicht des Rades und der höhere Rollwiderstand wegen der drei Räder machten sich kaum bemerkbar. Am Anfang war meine Haltung etwas verkrampft und so bekam ich nicht die volle Kraft auf die Pedale. Als ich es mir in dem Sitz so richtig bequem gemacht hatte, ging es aber sehr gut. Genial fand ich die beiden Rückspiegel. So konnte ich gut beobachten, was ich schon vorher von Trikefahrern gehört und gelesen hatte: Aufgrund der Breite nehmen Autofahrer die Trikes ernster als normale Radfahrer und überholen nur, wenn wirklich genug Platz ist.
Nachdem es geradeaus auf Asphalt ganz gut ging, war es Zeit für die nächste Herausforderung. Ich bog an der nächsten Ampel rechts ab. dort erwarteten mich ein schmaler Radweg aus Ziegeln und eine Brücke über die Eisenbahn – eine Strecke, die 200m bergan ging. Also zwei Gänge zurückschalten und schon ging es über die Brücke, ohne dass es sehr viel Anstrengung gekostet hätte. Der Radweg war kaum breiter, als das Trike, aber weil man die breiteste Stelle des Fahrzeugs im Blick hat und die Lenkung sehr präzise ist, war das kein Problem. Die Abfahrt auf der anderen Seite war angenehm und an der nächsten Ampel zeigte sich, dass die hydraulischen Scheibenbremsen ordentlich zubeißen können. Unten habe ich gewendet, um die Brücke gleich nochmal in die entgegengesetzte Richtung zu befahren und oben ein kleines Fotoshooting zu machen, bevor ich das Trike zurückgebracht habe.
Fazit
Was war denn nun mein Eindruck nach der Probefahrt und dem langem Gespräch mit der Inhaberin von Hofrad?
Auf jeden Fall fährt so ein Trike erst mal ziemlich deutlich anders, als ein normales Fahrrad. Meine Bedenken haben sich nicht bestätigt: Die Sitzposition ist sehr lässig, das Rad hat aufgrund des tiefen Schwerpunktes eine super Strassenlage und es ist auch nicht anstrengender, als ein normales Fahrrad. Nach kurzer Eingewöhnung macht es richtig Spass und ich fand es auch irgendwie lustig. Das Ganze hat mich ein bischen daran erinnert, wie ich als Kind mit meinem Kettcar durch die Gegend gefahren bin. :-D
Kommen wir zum letzten Punkt meiner Bedenken – wieso fahren selbst in Berlin nur sehr wenige mit Liegerädern?
Ich denke das hat vor allem drei Gründe:
In dem wuseligen Stadtverkehr hat man auf einem normalen Fahrrad mehr Überblick, weil man höher sitzt.
Man benötigt mit einem Trike ziemlich viel Stellfläche (wie mit einem Lastenrad), während man ein Fahrrad schnell mal irgendwo anschließen kann. Man kann das Rad zwar zusammenklappen, aber das dauert etwas und ist eher dafür gedacht, dass man das Rad im Auto verstauen kann.
Last but not least – der Preis. Der ist nämlich recht heftig. Deutlich zu hoch für “finde ich lustig”. So ein Rad muss man wirklich haben wollen und dann auch wissen warum.
Liegeräder sind ein völliges Nischenprodukt und es gibt nur eine Handvoll Hersteller – fast alle in Europa. Die Räder werden in extrem kleiner Stückzahl gebaut – meist nur auf Auftrag. Der Vorteil ist, dass man sich die Räder daher so zusammenstellen kann, wie man möchte. Federung, Bremsen, Schaltung, eBike oder nicht, Licht, Schutzbleche, Gepäckträger und Sitze nach Wahl. Daher ist die preisliche Spannbreite auch groß. Als Faustregel kann man im Moment sagen: Irgendwo zwischen €5.000 und €10.000,-. Die Konfiguration, die ich gefahren bin kostet ca. €7.500,-
Also als Stadtrad ist das eher nichts. Als Sportrad auch nicht – zum schnell fahren gibt es deutlich besseres, wenn auch nicht unbedingt billiger. Wer kauft diese Räder also und vor allem weshalb?
Liegeräder werden vor allem für lange Radtouren gekauft, weil sie auch auf Langstrecke sehr bequem sind und sich mit sehr viel Gepäck beladen lassen. Viele fahren auch mit größeren Anhängern – im Extremfall sogar mit Fahrradwohnwagen(!). Und es gibt natürlich auch Menschen, die Trikes aufgrund körperlicher Einschränken wie z.B. gestörter Gleichgewichtssinn, Knie OP, Hüftprobleme o.ä. fahren.
Momentan habe ich keine Verwendung für so ein Fahrzeug. Wenn ich aber häufiger große Fahrradtouren unternehmen würde, wäre das eine überlegenswerte Ergänzung zu meinem E-Bike. Spass macht es allemal.
Vom Freitag, den 24. bis Sonntag, den 26. Juli fand in Berlin das Reload Electric Motorcycle Festival statt. Austragungsort war das Craftwerk in Berlin Lichtenberg; Eine Motorrad Selbthilfewerkstatt, ein Platz, an dem man seine zweiräderigen Schätzchen lagern kann, ein Coworkingspace und ein Treffpunkt von motorradinteressierten Menschen an dem man sich einfach mal auf einen leckeren Kaffe zum klönen treffen kann.
Dieser Ort ist nicht einfach irgendein Motorradclub von lauter bierbäuchigen alten Männer auf lauten Harleys. Die Mitglieder und Besucher sind wesentlich gemischter.
Zum einen sind hier verblüffend viele Frauen aktiv, die an ihren Maschinen schrauben. Das kommt sicher auch daher, dass u.a. Cäthe Pfläging vom Frauenmotorradclub The Curves zu den Betreibern zählt.
Zum Anderen handelt es sich bei aller Liebe zu alten Fahrzeugen nicht um eine Gruppe verbohrter Petrolheads. Das absehbare Ende des Benzinzeitalters und die Verkehrswende sind regelmäßig Thema in Gesprächen und die ersten Erfahrungen mit Stromantrieb haben hier auch bereits einige hinter sich (z.B. mit einem Umbau einer alten 50er Vespa auf Elektroantrieb oder indem trotz Skepsis, einfach mal ein E-Motorrad ausprobiert wird).
Da ist es nur folgerichtig, hier das Reload Festival abzuhalten, bei dem es ausschließlich um elektrisch angetriebene Zweiräder ging – vom stylischen Pedelec bis zum Hochleistungsmotorrad. Die Gelegenheit, möglichst viele unterschiedliche elektrische Zweiräder auszuprobieren, konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Also warf ich mich trotz der schwülen Wärme in meine Kombi und fuhr mit meiner (benzingetriebenen) Suzuki zum Craftwerk. Der Tag verging zwischen BenzinStromgesprächen und diversen Probefahrten wie im Flug.
Kleine Stunteinlage
A propos Flug: Einen Abflug habe ich mir leider auch geleistet. Ich fuhr nach einer Probefahrt langsam auf den Hof (ca. 12 km/h), als mich jemand mit einem anderen Fahrzeug zu einer Vollbremsung zwang.
Split auf Pflaster, blockiertes Vorderrad – zack lag ich mit der Maschine auf dem Boden.
Ich wusste ja, daß der Untergrund etwas rutschig ist und hatte daher voll in die Hinterradbremse gelangt. Leider hatte das Fahrzeug statt ABS nur eine CBS Bremse, die auf Vorder- und Hinterrad gleichzeitig wirkt. Normalerweise wäre ich einfach mit blockiertem Hinterrad etwas gerutscht, aber nicht gestürzt. Das CBS bremst aber leider das Vorderrad mit und das rollte gerade über Split.
Shit!
Daher mein Rat, an alle, die sich ein Leichtkraftrad (125er) kaufen möchten:
Kauft NIEMALS eine Maschine ohne ABS! Die angebliche Alternative CBS ist das Schlimmste, was man überhaupt bauen kann!
Dank voller Schutzkleidung kam ich ohne Schramme davon und die Maschine hat auch keinen Schaden genommen. Aber so ein Stunt genau zwischen allen Besuchern hätte nicht sein müssen.
Ich schreibe aus Fairness nicht, welcher Hersteller das war. Ironischerweise hatten wir nämlich vor der Fahrt ein Gespräch über das fehlende ABS und mir wurde gesagt: “würden wir gerne einbauen, aber Bosch verkauft nicht an Kleinserienhersteller”.
Tja… :-(
Von diesem kleinen Zwischenfall abgesehen, war der Tag großartig. Ich beschreibe im Folgenden nicht chronologisch, sondern von klein nach groß.
E-Bikes / Pedelecs
Es waren zwei Hersteller von E-Bikes/Pedelecs auf der Reload: Urban Drivestyle aus Berlin und Super73 aus Kalifornien. Beide bauen E-Bikes mit fetten Rädern, die nach irgendwas zwischen 70er Jahre Bonanzarad und “Möchtegern-Motorrad” aussehen.
Je nach persönlichem Stilempfinden irgendwo zwischen total witzig bis völlig unmöglich. Als normales Fahrrad wären sie wegen des hohen Gewichts und der Körperhaltung extrem schwer zu fahren. Man bekommt aufgrund der Sitzposition nämlich kaum Kraft auf die Pedale. Dieser Style funktioniert nur, wenn der Motor kräftig mitschiebt. Neugierig war ich aber natürlich schon. Also machte ich mich zum Horst und fuhr zwei Modelle von Super73 in voller Motorradmontur zur Probe:
Eines aus der Z-Serie (Starrahmen, 30Kg “leicht”, ca. €2.700,-) und eines aus der R-Serie (Vollfederung, 36kg, ca. €4.600,-). Beide mit kräftigem Motor in der Hinterradnabe und Kettenschaltung, damit man kein Problem mit der Trittfrequenz bekommt.
Mein Fazit: Das ist das genaue Gegenteil von meinem E-Bike ( “Neuzugang im Fuhrpark: Ampler Curt” ). Ein extrem lässiger Cruiser zum entspannten Dahingleiten. Witzig sind die Dinger schon, aber meins ist das nicht. Man kann das tatsächlich fahren, aber nur mit Strom, sonst tritt man sich halb tot. Auch das weniger schwere Modell möchte ich nicht in den Keller tragen müssen. Müsste man aber auch nicht, weil der Akku bei allen Modellen entnehmbar ist.
Bei solch speziellen Gefährten ist aber auch klar, dass sich eine blühende customizing Szene gebildet hat. Beide Hersteller haben daher auch teil sehr lustige Umbauten gezeigt – zum Beispiel ein Super73 mit Surfbrett und eingebautem Sound-System.
Mopeds
Mit elektrischen Mopeds (also die Klasse bis 45km/h, die man mit dem Autoführerschein fahren darf), habe ich ja bereits etwas Erfahrung. Ich hatte ein Jahr lang eine Super Soco (“Weg vom Benzin (Teil 3) – Ich fange jetzt mal klein an“) und bin im letzten Jahr eine Sur-Ron Firefly zur Probe gefahren (“Der Ritt auf dem Glühwürmchen“). Eigentlich hatte ich nicht so viel Lust, solche Modelle zu fahren, aber die Brekr Model B (B für Bromfiets – also Moped) aus den Niederlanden sah so ganz nett anders aus, also gab ich ihr eine Chance.
Das kleine, leichte Maschinchen (79kg incl. Akku) fuhr sehr munter. Mir wurde gesagt, dass bei der Abstimmung alles was in der EU erlaubt ist, bis zum Maximum ausgereizt wurde (Der Nabenmotor leistet 4kW Peak, bei 2,5kW Nennleistung). Das war zu merken. Sie fuhr deutlich spritziger, als die Super Soco und dürfte mit ihrem 2kW/h Akku nach meiner Schätzung realistische 50-60km weit kommen. Ein Zweitakku ist auch möglich.
Interessant: Trotz Nabenmotor war ein deutliches Fahrgeräusch zu vernehmen – bis ungefähr 45km/h laut Tacho. Bei Höchstgeschwindigkeit war sie dann völlig lautlos. Der Preis ist mit €4.750,- nicht gerade ein Schnäppchen, aber die Maschine wird in den Niederlanden per Hand gebaut und ist wirklich toll abgestimmt. Wenn Moped – dann so.
Kleine Motorräder
Mit “klein” meine ich eigentlich, dass sie mit dem “kleinen” A1 Führerschein ab 16 Jahren gefahren werden dürfen. Die drei Modelle des taiwanesischen Herstellers Ovaobike sind alle A1 Modelle. Und sie sind alle klein – und damit meine ich diesmal die Größe. Sie sehen aus, wie normale, moderne Motorräder, aber in 2/3 Größe. Niedlich und irgendwie zwischen “richtigem Motorrad” und Honda Monkey. Aber ich konnte mit meinen 1,85 gut sitzen. Klein bedeutet übrigens nicht unbedingt leicht: 184 kg!
Ich habe das Spitzenmodell MCR-S ausprobiert, das mit 10,5kW Nennleistung und 22kW Spitzenleistung die A1-Klasse maximal ausnutzt. Es gibt da nämlich eine kleine Gesetzeslücke.
Die Klasse A1 bedeutet max. 125ccm Hubraum (hat ein Elektromotor nicht) und max. 11kW Nennleistung. Verbrenner haben eben diese 11kW (15PS) und fertig. Einige E-Motorräder haben 11kW (Dauer)Nennleistung – aber eine deutlich höhere kurzfristige Peakleistung, z.B. zum Überholen.
Mir ist das egal, weil ich die “offene” Klasse A habe und jede beliebige Waffe auf 2 Rädern fahren darf, aber für Anfänger ist das ein netter Trick legal schneller zu fahren. Allerdings dürften 16 Jährige i.d.R. nicht über das notwendige Budget von ca. €15.000,- verfügen.
Dafür bekommt man neben der Leistung, 2 Batterien mit zusammen 9,6kW/h Leistung, was in der Stadt angeblich für max. 210km gut sein soll. Hinten ein Zentralfederbein, vorne Upside Down Telegabel und immerhin 270mm Scheibenbremsen von Brembo – aaaaber – nur CBS und kein ABS. Das ist schlecht (siehe oben “kleine Stunteinlage”).
Die MCR-S macht den Eindruck eines etwas geschrumpften aktuellen Motorrad im “Streetfighter”-Look. Im Gegesatz dazu sieht die Bonfire des Münchener Herstellers Black Tea Motorcycles aus, wie ein kleines Motorrad von Yamaha oder Honda aus den 70ern, bei dem jemand den Antrieb ausgetauscht hat.
Die Maschine gibt es in zwei Versionen: als Moped mit einem Akku und max. 45km/h und als A1 Bike mit zwei Akkus. Ich habe das A1 Modell mit 11kW Nennleistung gefahren. Bei den 11kW bleibt es in diesem Fall auch. Also kein “E-Motorrad-Trick”. Das reicht immerhin für klassenübliche 100km/h. Die Bonfire X fährt sich wie eine normale 125er. Beschleunigung ist o.k, aber nicht weltbewegend.
Dafür sitzt man recht kommod und der Verzicht auf den Zulassungtrick und 100km Reichweite spart gegenüber der Ovaobike immerhin €9.000,- Die Bonfire X kostet in der A1 Version nur €6.000,-. Leider ist auch dieses Modell nur mit CBS Bremse erhältlich. Davon abgesehen – ein nettes Retro Bike zum attraktiven Kurs, das super ist für das Pendeln zur Arbeit/Uni/Berufsschule.
Große Motorräder
Nur einer der drei etablierten Hersteller von Elektromotorrädern war anwesend. Harley Davidson und Energica fehlten, aber dafür war Zero Motorcycles aus Kalifornien mit breiter Palette vor Ort. Ich konnte zwei Modelle, die ich interessant finde zur Probe fahren.
Das Modell FXE ist eine Maschine im Supermoto Stil, auf der man sehr aufrecht am breiten Lenker sitzt. Sie ist mit 135kg (“vollgetankt” – hahaha…) superleicht. Es gibt sie in einer 11kW Version für A1 Führerscheininhaber. Ich fuhr die ungedrosselte Version mit 33kW (44PS) Peak- und 15kW (21 PS) Nennleistung, für die man einen Führerschein der Klasse A2 (Ab 18 Jahren, bis max. 48PS) benötigt. Das hört sich zusammen mit der Höchstgeschwindigkeit von 132 km/h erst einmal nicht nach viel an, aber:
Holla – da geht die Luzi ab!
Nicht umsonst sind die sehr ordentlichen Pirelli Diabolo Rosso II Reifen aufgezogen. Ich bin nur im Eco Modus gefahren, war aber trotzdem in nullkommanix aus dem Stand auf … ähm – nun ja – deutlich zu schnell für die Stadt. Das gab mir dann gleich die Gelegenheit, die sehr guten Bremsen zu testen.
Neben der krassen Beschleunigung fand ich aber fast noch besser, wie unglaublich gut sich die Maschine langsam fahren ließ. Und damit meine ich den einstelligen km/h Bereich, den man mit Verbrenner Motorrädern nur mit viel Gewürge und schleifender Kupplung hinbekommt. Das liegt an dem feinfühlig dosierbaren Motorcontroller und an der aufrechten Sitzposition, die einem ein wunderbares Gefühl für die qurlige, wendige Maschine gibt. Der Preis liegt bei ca. €14.000,-
Nachdem ich mit breitem Grinsen im Gesicht zurückkam, meinte der freundliche Zero-Mitarbeiter, dass ich nach dem “kleinen” Modell jetzt ja mal die “große” ausprobieren könne.
Gesagt getan: Zero SR/F mit 40kW (54PS) Nennleistung und 82kW (110PS) Peak bei 227kg Gewicht.
Mein erster Eindruck: Auch hier sagen die Zahlen nicht viel. Trotz fast 100kg Mehrgewicht gegenüber der FXE, fühlte sich die Maschine nicht sonderlich schwer oder träge an. Mir kam sie sogar leichter als meine GSX-S 750 vor, obwohl das nicht stimmt. Der Schwerpunkt liegt eben sehr tief. Wenn die FXE schon gut abging – auf der SR/F ist kompletter Wahnsinn angesagt, wenn man so richtig am Stromgriff dreht. Ich denke, man ist hier nahe am physikalisch machbaren, was die Reifen noch auf die Strasse bringen können.
Aber auch hier beeindruckt mich neben der schieren Kraft vor allem, wie feinfühlig sich die Maschine fahren lässt. Da merkt man, dass Zero bereits 15 Jahre Erfahrung beim Bau von Elektromotorrädern hat. Kostenpunkt: je nach Ausstattung ab €20.000,- Um es kurz zu machen:
Rein von Fahrgefühl ist das für mich DER Benchmark aller Motorräder, die ich bisher fahren konnte.
Ich habe daraufhin noch etwas am Stand bei Zero rumgehangen und habe festgestellt: JEDE Person gleich welchen Alters oder Geschlechts hatte nach der Probefahrt Probleme den Helm abzunehmen, weil sich das Grinsen von einem Ohr bis zum anderen zog.
Und sonst so?
Es gab noch andere Hersteller mit ausgewachsenen Motorrädern, die ich jedoch nicht mehr gefahren bin. Die RGNT aus Schweden sieht im feinsten Retro-Stil recht edel aus. Als Cruiser im aktuellen Stil kommt die Alrendo daher. Den futuristischen Hingucker liefern Verge aus Finnland, durch das nabenlose Hinterrad mit Felgenmotor.
Offroad
Ich bin zudem noch zwei Maschinen ohne Straßenzulassung außer Konkurrenz gefahren. Hinter dem Fabrikgebäude war eine kurze Offroad Passage möglich, auf der man Strom geben konnte.
Schon seit einiger Zeit bietet der schwedische Hersteller Cake das Offroad Modell OR an. Das Design ist wie bei allen Modellen von Cake sehr technisch reduziert und sehr speziell, aber es hat etwas. Wenn die Maschine direkt vor einem steht, merkt man die extrem hohe Material- und Verarbeitungsqualität. Das Fahrzeug hat 11kW und satte 280Nm Drehmoment, wiegt aber nur unglaubliche 69Kg.
Heidewitzka – das war lustig!
Eine junge Dame hat ein paar Action-Aufnahmen von mir gemacht. Mal schauen wann ich die bekomme. Das Modell gibt es auch unter dem Namen Kalk mit Straßenzulassung. Es kostet zwischen €12.000 und €14.500,-
Im Anschluss konnte ich noch eine Runde auf der sehr minimalistischen Trevor aus Belgien drehen. Nun bin ich ja nicht allzu klein, aber auf dieses Bike musste ich fast raufklettern. Jetzt ahne ich, wie sich kleinere Menschen auf Motorrädern fühlen. Das Fahrzeug ist minimalistisch, roh, und verblüffend laut. Für den Ritt durch leichtes Gelände schien es mir sehr gut geeignet. Ob ich das auch auf der Straße haben möchte, weiss ich nicht so recht. Immerhin ist man gerade dabei, eine Strassenzulassung zu bekommen.
Und sonst?
Vor einiger Zeit habe ich auf dem Youtube Kanal vom Londoner Bike Shed Motorcycle Club einen Bericht über einen Prototyp von DaB aus Frankreich gesehen. Und siehe da – DaB war anwesend und hatte zwei Prototypen mitgebracht. Die charmante Mitarbeiterin sagte mir, dass man gerade dabei ist die Serienproduktion vorzubereiten und die Straßenzulassung läuft. Genaueres habe ich nicht erfahren, aber die Maschine im Supermoto Stil finde ich optisch schon mal recht ansprechend.
Vor einiger Zeit habe ich mehrere Videos über ein Umbaukit für alte 50er Vespa auf E-Antrieb gesehen. Jetzt gibt es das auch für Simson. Bin nicht sicher, ob das genial oder Frevel ist – aber es geht und man kann die alten Schätzchen auch dann weiterfahren, wenn es zu einem Fahrverbot für Zweitakter kommt, wie es in vielen europäischen Städten bereits existiert.
Von Videobloggern und Nicht-Videobloggern
Über so ein interessantes Event muss natürlich berichtet werden. Am besten in Ton und Bild. Ich war auch extra mit Helmkamera gekommen, aber leider habe ich scheinbar regelmäßig Start und Stopp der Aufnahme verwechselt. Zu Hause habe ich dann sehr lange Passagen gesehen, in denen ich den Helm durch die Gegend trage oder in irgendeine Ecke gelegt habe. Und jedesmal, wenn es zu einer Probefahrt ging, unterbrach das Video.
Bravo Herr Ollmetzer! Ganz großartig gemacht!
Also habe ich stattdessen diesen langen Artikel geschrieben und Videoaufnahmen den Profis überlassen. Das Ergebnis sind ein paar Sekunden Ruhm im Fernsehen, weil mich der RBB für die Abendschau interviewt hat.
Auch ohne mich wurde überall gefilmt. Neben dem RBB waren auch viele Videoblogger anwesend, die man kennen kann, wenn man sich für die Berliner Elektroszene interessiert.
Ein schöner Überblick über die Veranstaltung kommt von den Scooterhelden. Respekt – das war sehr schnell!
Ich habe den Videoblogger Rad City Berlin gesehen, der regelmässig mit seinen Super73 durch Berlin fährt und darüber berichtet. Da können wir sicherlich einen Bericht erwarten.
Gefilmt haben auch Paddy Lectric und der Zero Pionier mit denen ich mich auch über ihre Erfahrungen, inbesondere zum Thema “Wo und wie lade ich die Maschine” unterhalten konnte. Von den beiden wird es sicherlich Fahrvideos geben.
Und vermutlich gibt es noch mehr, die ich nicht erkannt habe.
Mein Fazit
Die Veranstaltung war klasse. Genau der richtige Rahmen, um sich einen Überblick über die E-Mobilität auf zwei Rädern oberhalb von Pedelecs zu informieren – und vor allem das Ganze auch selbst zu erfahren. Weil es genau darum geht – eigene Erfahrung. Es nützt nicht viel, irgendwelche technischen Daten zu lesen – man muss diese neue Technik spüren.
Dann wird einem nämlich klar, dass Verbrennungsmotoren ein Auslaufmodell sind. Nach einem ganzen Tag auf meist leise surrenden, wieselflinken Motorrädern und nach Hause dann wieder mit einer schweren Verbrennungskraftmaschine, bei der man laufend alle Gänge rauf und runter schalten muss, während einem bei 30 Grad auch noch die Abwärme des Motors die Beine grillt. Ich mag meine GSX-S 750 wirklich gerne – aber die Zukunft sieht anders aus.
Die Zukunft ist elektrisch – aber ist es die Gegenwart auch schon?
Wenn es nur um die Fahrzeuge ginge – ich hätte die Zero FXE oder die Cake sofort eingepackt und mitgenommen. Aber neben den recht hohen Preisen spricht leider häufig immer noch die Infrastruktur dagegen. Ich könnte zum Beispiel beide Maschinen nicht aufladen. Ich war mir auf dem Event mit allen Gesprächspartnern einig:
Für die große Tour quer durch Europa taugt es noch nicht und für Stadtbewohner ohne Garage und eigener Steckdose gibt es im Moment eigentlich nur zwei reale Szenarien.
Entweder das Fahrzeug hat herausnehmbare Akkus, die in der Wohnung aufgeladen werden. Das macht nur Sinn, wenn das Fahrzeug leicht und relativ langsam ist, weil die Akkus sonst zu schwer sind. Das funktioniert gut für ein Moped, für das man keinen großen Aktionsradius benötigt.
Oder man hat ein Motorrad mit großem und schweren Akku – und das Fahrzeug kann per Typ2 Steckdose wie ein Auto an Wallboxen oder Ladesäulen aufgeladen werden.
Also sollten wir unser Steuergeld nicht in Tankrabatten und €9.000,- Subventionen für überfettete Elektro-SUV stecken, sondern in Ladeinfrastruktur. Der Rest wird folgen. Übrigens: wie viele E-Motorräder könnte man aus dem Material für einen VW ID4 oder Tesla bauen? Darüber sollte man mal nachdenken…